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118 Meter Domgeschichte:
Meter 42: Wer hat an der Uhr gedreht?

Michael Ronshausen

Die große Uhr im Giebel der Westfassade stammt in ihrer Grundform aus der Zeit um 1833. Das Zifferblatt hat einen Durchmesser von drei Metern.

Sucht man nach einer ernst zu nehmenden Antwort auf diese Frage in der Überschrift, muss diese lauten: Viele! Zahlreiche, bis heute namentlich bekannte Uhrmacher haben sich im Laufe der Jahrhunderte mit den Domuhren beschäftigt. Bereits Thietmar von Merseburg erwähnt 997 Gerbert von Aurillac, den späteren Papst Silvester II., der zu Besuch bei Kaiser Otto III. in Magdeburg weilte und hier eine mit Wasserdruck funktionierende Röhrenuhr installierte.

Nach allgemeinem Verständnis spielte die öffentliche Verkündung der Uhrzeit am Dom anfangs keine große Rolle. Noch bis in die nachnapoleonische Zeit ist der heute mit einem riesigen römischen Zifferblatt geschmückte Uhrengiebel auf den historischen Darstellungen der Westfassade leer, genauso wie früher die beiden großen Fenster im vierten Geschoss des Nord- und Südturms. Bereits Jahrhunderte zuvor gab es Bemühungen, den Dom mit einer Zeitmessung auszustatten – und diese auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So ist es kaum erstaunlich, dass über all die Arbeiten rund um die Domuhr(en) penibel Buch geführt wurde, immerhin waren dabei nach damaligem Verständnis echte Spezialisten am Werk.

Diese kosteten nicht nur reichlich Geld, sondern sie forderten von der Domverwaltung auch erstaunenswerte Privilegien. Überliefert ist beispielsweise ein Reparaturvertrag für einen Uhrmachermeister und seinen Gehilfen, der den beiden nicht nur die tägliche und kostenfreie Lieferung mehrerer Liter ordentlichen Bieres zugestand, sondern den Domküstern auch die Aufgabe zuschob, das Bier bis zum Ort des Verbrauchs auf den Turm zu tragen. Tatsächlich wurde sogar vermerkt, dass die Handwerker das Bier ausgetrunken haben.

So weit hochschleppen mussten es die Bierträger allerdings in den früheren Jahrhunderten noch nicht. Damals befanden sich sowohl das mechanische Uhrwerk wie auch die beiden Zifferblätter am Nordturm in ungefähr 38 Metern Höhe. Eine nach Süden zeigende Uhr gab es noch nicht, unmittelbar „hinter“ dem Dom endete die Stadt. Erst 1833 und noch vor der südlichen Stadterweiterung in Richtung Augustastraße (heute Hegelstraße), sollten die gehobeneren Bewohner dieses Straßenzuges mit einer Domuhr bedacht werden, die in ihren ersten 55 Jahren nur die Stunden, aber keine Minuten anzeigte. Betrieben wurde die Anlage damals mechanisch, sprich manuell – die mehrere Dutzend Kilogramm schweren Gewichte mussten regelmäßig von Hand nach oben gekurbelt werden.

Noch bis in die Nachwendezeit hinein hingen diese Gewichte im Mittelbau zwischen den Türmen, wurden inzwischen allerdings elektrisch nach oben befördert. Frei im Zimmermannsboden hängen sie heute nicht mehr, über mehrere Umlenkungen verrichten sie aber weiterhin ihre schwergewichtige Arbeit. Und bis dato ist auch das 1888 errichtete, teilweise sogar mit älteren Bauteilen betriebene Uhrwerk der Firma Weule aus Bockenem am Harz beteiligt. Nur der in den 1990er Jahren eingebaute Fahrstuhlschacht im Südturm kam der Mechanik in die Quere, und so ist ausgerechnet die anfangs vernachlässigte Uhr im Südturm die modernste der drei großen Zeitgeber: Sie läuft elektrisch-autark und wird digital gesteuert. Die „Hegelstraßenuhr“, die in ihrer Funktionalität anfangs eingeschränkt war, befindet sich heute technisch auf dem neuesten Stand der Zeit.

Erwähnt werden muss aber auch noch die zweite – und wenn das Sonnenlicht mitspielt – höchst zuverlässige Art der Zeitmessung im, beziehungsweise am Dom. Sowohl am Südquerhaus (mit Stab, ansonsten nur aufgemalt) und am oberen Kranz der Tonsurkapelle in eine Sandsteintafel eingemeißelt, befinden sich zwei Sonnenuhren. Beide sind vom Domgarten aus gut zu sehen. Beachtet man die Sommerzeitverschiebung, geben sie ohne weiteres menschliches Zutun exakt die Zeit an.

Seite 23, Kompakt Zeitung Nr. 224

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