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Meter 43:
Der „bedrohte Wald“ über dem Dom

Michael Ronshausen

Blick in den Dachstuhl in Richtung Osten.

Der gefährlichste Ort in einer Kathedrale besteht weder aus Stein noch aus Glas, sondern aus dem einfachsten Baumaterial im Mittelalter: Holz. In Erinnerung sind die Bilder der Bischofskirche Notre-Dame de Paris, die bei einem im Dachstuhl beginnenden Brand am 15. April 2019 schwer beschädigt wurde und beinahe vollständig zerstört worden wäre. Zweifellos waren sich die Baumeister des Mittelalters dieses Sicherheitsproblems bewusst, eine Lösung ohne die Verwendung des „brandgefährlichen“ Baustoffs Holz war jedoch in damaliger Zeit undenkbar. 

 

Auch im weltberühmten Kölner Dom wurde nach dem Baubeginn 1248 Holz für die Errichtung des Dachstuhls eingesetzt. Und wäre diese Kirche noch im Mittelalter vollendet worden, hätte man am Rhein dafür sehr viel Holz benötigt. Erst nach fast drei Jahrhunderten Bauunterbrechung wurde der gotische Riesenbau zwischen 1823 und 1880 schließlich vollendet. Zu diesem Zeitpunkt standen für die Konstruktion eines Dachstuhls schon andere Materialien zur Verfügung. In Köln ging man sogar so weit, den historischen Dachstuhl über dem mittelalterlichen Chor der Kirche gegen ein modernes Eisenwerk auszutauschen. Der Kölner Dom wurde damit brandsicherer, was ihn vermutlich im Krieg gerettet hat. Auch in Magdeburg fiel im Januar 1945 eine Brandbombe mitten in das Domdach. In einer heute fast vergessenen Heldentat konnte der Brand gelöscht werden. 

 

Der Dachstuhl des Doms St. Mauritius und Katharina besteht noch immer aus Holz. Die gesamte Konstruktion hat eine Länge von 90 Metern über Langhaus, Vierung und Chor, gekreuzt durch die beiden Querhäuser, die mit etwa 40 Metern abzumessen sind. Rund 90 Prozent des verwendeten Materials stammt aus der Erbauungszeit, in den ältesten Teilen sogar aus dem 13. Jahrhundert. Hinzu kamen in den vergangenen Jahrzehnten nur wenige Austauschteile und einiges an zusätzlichen Verstärkungen. Umgerüstet werden musste 1826 nur der Unterbau des neuen Vierungsturms, der im Unterschied zu Köln gar nicht in der Vierung steht, sondern knapp zehn Meter nach Westen verschoben wurde. 

 

Für die damaligen Erbauer war die Beschaffung des Holzes keine leicht zu lösende Aufgabe. Benötigt wurde mehrheitlich Eichenholz in hoher Qualität. Nach heutigem Wissen wuchsen die für den Dachstuhlbau benötigten Bäume in Thüringen und wurden mittels Floßes über Saale und Elbe nach Magdeburg transportiert. Darüber hinaus ist zu vermuten, dass ein Teil des Holzes aus dem Böhmischen Becken über die Elbe herangeschafft wurde. Bis heute erfüllt die mittelalterliche Konstruktion ihren Dienst. Und sie ist für den Notfall durch mehrere Löschwasserleitungen abgesichert. Paris soll sich in Magdeburg keinesfalls wiederholen!

Seite 7, Kompakt Zeitung Nr. 225

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