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Warum kann das nicht weg?

Birgit Ahlert

Archivfoto: Peter Gercke

Dicht an dicht Regalreihen mit alten Akten und Karteikarten. Etagenweise weitere Regalreihen mit großen Säcken. In diesen befinden sich zerkleinerte Unterlagen, die unleserlich gemacht werden sollten, geschreddert oder zerrissen. Ab Herbst 1989, als das Volk auf die Barrikade ging. Um zu verschleiern, welches Ausmaß der Bespitzelung die Regierung der DDR gegen das „eigene“ Volk betrieben hatte. Der Magdeburger Aktenbestand zählt zu den umfangreichsten Überlieferungen aller ehemaligen Bezirksverwaltungen des Ministeriums für Staatssicherheit (Mf). Allein das Magdeburger Archiv verwahrt über 9.000 laufende Meter Archivgut. Hat das heute noch Bedeutung?

 

Mit der Stasi-Geschichte müsse langsam mal Schluss sein – mehr als drei Jahrzehnte nach dem Niedergang der DDR. Immer mal wieder flammt diese Diskussion auf, nicht zuletzt wegen der aufwändigen Rekonstruktion zerstörter Akten, wegen des Lagerplatzes, finanziellem und personellem Aufwand. Doch hinter jeder Akte steht ein persönliches Schicksal. Und dabei geht es nicht um einzelne Ausnahmen. 70 Prozent der Bevölkerung wurde erfasst, überwacht, ausspioniert, was durch ein Karteikartensystem belegt ist. Karteien und Unterlagen zusammen enthalten Informationen zu mindestens 1,7 Millionen Menschen. Rund zwei Millionen dieser Karten befinden sich im Magdeburger Archiv. Sie belegen: Über all diese Personen gibt es ein Dossier. Nicht jede hat eine große Akte. 

20 Prozent wurden nur erwähnt oder erfasst. Doch für 50 Prozent gibt es Akten in einer Stärke von bis 60.000 Blatt. Im Visier der Stasi standen vor allem Menschen im Alter zwischen 14 und 65 Jahren.

Doch bereits auch für Klein(st)kinder wurden Akten angelegt, beispielsweise wenn ihre Eltern zu den unliebsamen Personen gehörten, deren Leben den DDR-Regierenden und ihren ausführenden Organen wie der Staatssicherheit nicht genehm waren. Leben wurden zerstört, ob durch Willkür und Verleumdung, Haft im „Stasi-Knast“ mit psychischer und physischer Folter, oder Familien, deren Kinder durch Zwangsadoption nie ihre wahren Eltern kennenlernen durften. 

Die bis heute nicht zusammengefunden haben, da die Akten dazu fehlen. Das Interesse besteht weiterhin. Noch immer gehen jährlich tausende Anträge auf Akteneinsicht bei der Behörde für Stasiunterlagen ein. Rund 15.000 Säcke mit Schnipseln von Stasi-Akten warten noch immer auf Rekonstruktion.

 

Nur wer das Gestern kennt, kann das Morgen gestalten. Die Mitarbeitenden des Stasi-Unterlagen-Archivs arbeiten gegen das Vergessen.

Seite 20, Kompakt Zeitung Nr. 226

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