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Meter 44: Domherr mit Nachwirkung

Michael Ronshausen

Der Magdeburger Domherr Johannes Scheyring im Cranachbild und auf dem 1000-Mark-Schein.

Manchmal berichtet uns die Überlieferung nicht die komplette Geschichte. Sie verschweigt, verknappt Einzelheiten, lässt Fragen offen. So ist es auch mit der Person eines Magdeburger Domherren, der um die Mitte des vergangenen Jahrtausends lebte und rund 450 Jahre nach seinem Tod zu einer weltweit bekannten und auch gern gesehenen Persönlichkeit wurde. Dabei kannte die Mehrheit der Öffentlichkeit zur Zeit seines „Zweitlebens“ noch nicht einmal seinen Namen.

 

Sein Abbild wurde durch die Deutsche Bundesbank mehr als 25 Millionen Mal auf die von 1964 bis 1991 ausgegebenen 1000-DM-Scheine gedruckt. Johann(es) Scheyring (auch Ziering) lebte von 1454 (in Wemding, Bayern) bis 1516 (in Halberstadt). Und wie es der studierte Theologe später auf dieses beliebte Stück Papier schaffte, ist schnell erklärt.

 

Es war kein geringerer als Lucas Cranach d. Ä., der Scheyring in einem Gemälde verewigte, doch genau an dieser Stelle beginnt das Problem. Denn Cranach hat dieses Bildnis erst 1529 – 13 Jahre nach Scheyrings Tod – geschaffen. Ungewöhnlich war es keinesfalls, erst nach einigen Jahren bildlich an einen „lieben Verstorbenen“ zu erinnern. Scheyring, selbst kinderlos, hatte noch zu Lebzeiten eine bis heute wirksame Stiftung für die Nachfahren seines Bruders errichtet und durfte schon deshalb als erinnerungswürdiger „lieber Verstorbener“ angesehen worden sein. 

 

Der Überlieferung nach soll der ausgebildete Theologe Scheyring ein frommer Mann gewesen sein, worauf auch sein Wechsel vom Leipziger Rektorenposten zum Magdeburg/Halberstädter Domherren schließen lässt. Vermutlich hat er Martin Luther in Magdeburg predigen gehört, und er gilt als einer der Förderer reforma-torischer Bestrebungen gegen die Missstände in der alten (katholischen) Kirche. Auch wenn er die eigentliche Reformation nicht mehr miterlebt hat.

 

Das durch den 1000-Mark-Schein geadelte Cranachgemälde trägt heute seinen Namen. Allerdings ist dieser schriftliche Namenshinweis erst (vermutlich deutlich) später entstanden. In der Fachwelt gehen die Meinungen daher auseinander. Das Portrait könnte theoretisch auch den Astronomen und Mathematiker Johannes Schöner (1477-1547) darstellen, der zum Zeitpunkt der Cranacharbeit noch lebte. Doch immerhin ist die Zuweisung des Gemäldes zu Johannes Scheyring glaubhaft und nachvollziehbar.

 

Auch die Stadt Magdeburg hat darauf reagiert, was nichts mit den pädagogischen oder kirchlichen Leistungen des Rektors und Domherren zu tun hatte, sondern mit seiner Bedeutung als Symbol für die Deutsche Mark. Vor einigen Jahren wurde im Stadtteil Neustädter Feld – in der Nähe zu anderen bedeutenden Personen des Mittelalters – eine Straße nach ihm benannt. Nachfahren Scheyrings leben, ausgehend von seinem Bruder Emeran, bis heute in Magdeburg und anderswo. Unabhängig davon wird noch an anderer Stelle über die Bedeutung der Domherren in der Magdeburger Kathedrale zu berichten sein. 

Seite 12, Kompakt Zeitung Nr. 226

Erratum

Domherr mit Nachwirkung

In der Ausgabe Nr. 226 haben wir in den „Erzählungen aus der gotischen Kathedrale – Meter 44” zwei Fehler verursacht. Den „Jahrhundertirrtum“ im Geburtsjahr Johannes Scheyrings (*1454) mag man uns nachsehen, er ist einem Tippfehler geschuldet. Scheyring in die Zuhörerschaft Martin Luthers zu stellen, ist hingegen ein starkes Stück. Immerhin predigte Luther 1517 in St. Johannis zu den Elbestädtern – und zu dieser Zeit war Scheyring bereits seit etwa einem Jahr tot (†1516). Tatsächlich sprechen die Überlieferungen aus Scheyrings Geburtsort Wemding davon, dass der damals junge Luther während seiner Schülerzeit in Magdeburg Scheyring predigen hörte, womit der Mann vom späteren Tausendmarkschein in Luthers Entwicklungszeit gerückt und zum Ideengeber der von Luther auf den Weg gebrachten Reformation wurde. Der Theologe und Domherr Scheyring gilt heute als Kritiker der damaligen kirchlichen Verhältnisse. Das alles hätte im Beitrag deutlicher – und vor allem ohne den Austausch der Personen dargestellt werden müssen. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Seite 13, Kompakt Zeitung Nr. 227

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