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Meter 45:
Eine Erinnerung an den Domküster Erich Waeke

Michael Ronshausen

Erich Waeke, vermutlich gegen Ende seiner langen Dienstzeit, neben dem Uhrwerk im Uhrenhäuschen des Magdeburger Doms.

„1987 – Mit diesem (Ton)band möchte ich einen Überblick geben von meiner Dienstzeit am Magdeburger Dom …“ Mit diesen Worten beginnt eine Tonkassette, die der damalige (und heutige) Domküster Uwe Jahn für seinen Vorgänger Erich Waeke 1987 aufgenommen hat. Zwei Jahrzehnte später digitalisiert, ist die circa 46 Minuten laufende Aufnahme ein Zeitzeugnis der besonderen Art. Sie beschreibt nicht nur den langen beruflichen Lebensweg des Domküsters – abzüglich seiner Militärzeit und einer dreijährigen Kriegsgefangenschaft war Waeke zwischen 1925 und 1975 50 Jahre im Dienst am Dom. Sie schildert auch die ereignisreichen und oft schwierigen Zeiten. 


Geboren wurde Erich Waeke vor 120 Jahren, am 3. März 1903, in Satuelle als jüngster Sohn von neun Geschwistern. Früh hat er sich für technische und mechanische Arbeitsabläufe interessiert, erlebte als Kind den Beginn der Elektrifizierung in seinem Dorf und ergriff später einen handwerklichen Beruf. Bereits sein Vater besaß eine Werkstatt als Schmied, einer seiner Brüder war Elektriker. Auf dieser Basis legte Waeke den Grundstein für seine Tätigkeit am Magdeburger Dom. Dennoch begann sein Arbeitsleben in der Kathedrale bescheiden – als Heizer und als Gärtner. Bald stellte sich heraus, dass er für anspruchsvollere Aufgaben zu gebrauchen war und bei den vielfältigen Aufgaben eines Domküsters stets die Übersicht behielt. Vor diesem Hintergrund erfolgte nach einigen Jahren sein beruflicher Aufstieg: Waeke übernahm die Leitung der Domküsterei. Zu seinen besonderen Verdiensten zählte der technische Teil der Arbeiten im Anschluss an die Beseitigung der gröbsten Kriegsschäden, was nicht nur das Gebäude, sondern auch die Innenausstattung des Doms betraf. In den Zeiten des Mangels war das die große Stunde für den universellen Handwerker, der bereits während der Domreparatur der Nachkriegszeit viele technische Einrichtungen in Gange brachte. Dazu gehörte die umfangreiche elektrische Anlage, die aufgrund der Kriegsschäden nicht mehr nutzbar war. Seinen regulären Dienst versah Waeke bis zum Renteneintritt, blieb aber mit neuem Vertrag bis 1975 am Dom, um – wie er in der Aufnahme schilderte – „die 50 Jahre voll zu machen“.


Von einem Erlebnis mit dem Küster berichtet Giselher Quast, der in den 1960er Jahren noch als Domchorsänger und Organist auf der auf dem Bischofsgang aufgestellten Hilfsorgel unterwegs war. In einer Rumpelkammer im Südostturm fand sich eine umfangreiche Sammlung teilweise uralter Domschlüssel. Für den jungen Quast, der schon damals vom Dom eingenommen war, aufhebenswerte Stücke, die Waeke ihm überließ, „weil sie niemand mehr braucht und weil ich sie sowieso demnächst in den Schrott werfen wollte“. Auf diesem Wege ist ein Stück rein praktischer Domgeschichte erhalten geblieben. Nicht mehr erhalten hingegen ist das Grab von Erich Waeke, der am 24. August 1987 verstarb und von der damaligen Dompredigerin Waltraut Zachhuber zur letzten Ruhe geleitet wurde, der aber kurz vor seinem Tod ein ganz persönliches und hörenswertes Erbe in akustischer Form hinterlassen hat.

Seite 12, Kompakt Zeitung Nr. 227

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