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Die Nr. 1 wird 100!

Serie zur Entstehung des Gebäudes am Breiten Weg.
Teil 1: Die Situation vor dem Baustart im Jahr 1920

Um die Jahrhundertwende, um 1900, wurde in der Magdeburger Bürgerschaft und in der Stadtverwaltung über einen freien Blick auf die Westfassade des Domes diskutiert. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war das Magdeburger Leben vom Festungsstatus der Stadt geprägt. Raumnot innerhalb der Festungswälle und die Bau- und Sicherheitsvorschriften des Militärs hemmten die Stadtentwicklung unter gründerzeitlichem Entwicklungsdruck. Mit Neid schauten die Stadtväter auf andere gründerzeitliche Städte, die sich eine Stadthalle, Stadttheater, moderne Krankenhäuser, Schulgebäude und Turnhallen leisteten. In der Magdeburger Altstadt fehlte es an Bauplatz.


Mitte der 1860er Jahre wurde der Wallgürtel der Festung ein letztes Mal umgebaut. Dieser Umbau fand parallel zur Altstadterweiterung an der Süd- und Westfront statt – die erste seit dem Mittelalter. Jetzt erst verschwanden mittelalterliche Stadtmauern und Türme. Um 1874 war der Neubau der Festungswerke an der Süd- und Westfront abgeschlossen. Die Fläche der Altstadt hatte sich dadurch fast verdoppelt. Trotzdem blieb die Stadt mit 670 Einwohnern pro Hektar die am dichtesten besiedelte deutsche Festungsstadt. Mit einer königlichen Kabinettsorder am 23. Januar 1900 wurde Magdeburgs Festungsstatus aufgehoben. Der Abriss der Fe-tungswerke schuf neuen Gestaltungsraum. Für verschiedene Neubauprojekte zogen die Entscheider in den städtischen Gremien Experten und Stadtplaner zur Beratung hinzu.


Als Bürger und Magistrat um die Jahrhundertwende über eine freie Sicht auf die Westfassade des Doms diskutierten, wurden ebenfalls namhafte Sachverständige wie Paul Wallot (Architekt des Reichstagsgebäudes in Berlin), Friedrich von Thiersch (Prof. in München), Hugo Licht (Stadtbaurat in Leipzig), Hans Lutsch (Geheimer Oberregierungsrat und staatl. preuß. Konservator der Kunstdenkmäler) und andere um ihre Meinung. befragt. Die maroden Gebäude zwischen Domstraße (heute L.-Kreyssig-Str.), Oranienstr. (heute Danzstr.) und Breitem Weg sollten ursprünglich einem Neubau der Harmonie-Gesellschaft weichen. Diese Pläne wurden später verworfen. Der Verein zog in die Klusemannsche Villa, in der heute das Schauspielhaus untergebracht ist.


Um eine Freifläche vor dem Dom oder eine Neubebauung wurde eine Weile lang in Magdeburg erbittert gestritten. „Die Magdeburger Bürger wenden sich vertrauensvoll an den Geheimen Ober Baurat / wohlverdienten und künftigen Berater des Stadt Collegiums mit der Bitte, den armen Magdeburgern, deren Vaterstadt schon so nicht viel Schönheiten aufzuweisen hat, nicht noch den einzigen letzten schönen Blick auf ihren alten ehrwürdigen Dom verbauen zu lassen …“ (Stadtarchiv: Schreiben vom März 1916). Allerdings hatte die Expertenrunde von einer kompletten Freilegung der Westfassade abgeraten. Dafür biete die exponierte Lage eine hervorragende Baustelle für ein neues Monumentalgebäude. Das bisherige Reichsbankgebäude in der Großen Münzstr. 6 war altersschwach und entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit. Es war geplant, an derselben Stelle ein zeitgemäßes Gebäude mit Neu- und Umbau zu schaffen. Eine Presseveröffentlichung am 29. September 1915 wirft der Stadtverwaltung vor, sich nicht genügend um die Gestaltung der Innenstadt und die Ansiedlung von öffentlichen Gebäuden in bevorzugter Lage zu kümmern. Offenbar wusste die Öffentlichkeit bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts von Bauplänen der Reichsbankverwaltung am Breiten Weg. Der Zeitungsartikel empfiehlt den Reichsbankneubau an der vornehmsten Stelle, an der Domstraße 2, zu realisieren. Im Ergebnis dieser Veröffentlichung sucht Magdeburgs Oberbürgermeister Hermann Reimarus den Reichsbankpräsidenten auf und bietet im Tausch gegen das alte Grundstück in der Großen Münzstraße auch die Grünanlage vor dem Magdeburger Dom an. Die beiden Herren werden sich einig.


Regierungs- und Baurat Philipp Nitze (1.3.1873 Halle/S. – 11.5.1946 Berlin), seit 1912 leitender Architekt der Bauabteilung der Reichsbank und verantwortlich für eine Reihe von Reichsbankbauten in Deutschland entwirft daraufhin Pläne, über die die Magdeburgische Zeitung am 23. April 1916 mit großer Begeisterung berichtet. Die Entwürfe zeichnen sich durch eine zeittypische, reiche Fassadengestaltung in neoklassizistischem Stil mit klassischen und barocken Zitaten und Skulpturenschmuck über dem Kranzgesims aus. Es ist jetzt die Zeit nach dem 1. Weltkrieg. Aus Kostengründen plant die Reichsbank ein schlichter gehaltenes Gebäude. Der Magistrat sieht darin einen Vertragsbruch. Stimmt dann jedoch wegen der notwendigen Arbeit für Bauarbeiter zu. Am 1. Juni 1920 beginnen die Bauarbeiten für das Reichsbankgebäude am Breiten Weg. Fortsetzung nächste Ausgabe (erscheint am 5. April 2023)


(Auszüge aus dem Heft „Breiter Weg Nr. 1“, herausgegeben von der Wobau; Text- und Fotoabdruck mit freundlicher Genehmigung)

Seite 17, Kompakt Zeitung Nr. 229

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