Standpunkt Breiter Weg:
Die Halbierung verdoppelt

Thomas Wischnewski

Was nun, Herr Merz? Zum Antritt als Parteivorsitzender der CDU hatte Friedrich Merz verkündet, er wolle das Wahlergebnis der AfD (2021: 10,3%) halbieren. Nun erreicht die rechte Partei in den jüngsten Wahlumfragen mit rund 20 Prozent die Verdopplung ihres Stimmanteils. Und dafür müssen die AfDler noch nicht einmal etwas tun. Auch Merz hat am aktuellen Aufschwung kaum Anteile, obwohl er mit seiner CDU als größte Oppositionspartei im Bundestag profitieren müsste.

 
In der politischen Sphäre laufen indes die bekannten Rituale ab. Über den Rechts-Erfolg wird diskutiert, was das Zeug hält: Beschwichtigung, Interpretation, Zurückweisungen, temporäre Erscheinung, Zeter und Diffamierung – das Repertoire ist bekannt. Dass sich gegenüber der aktuellen bzw. jüngeren Regierungspolitik Protest entlädt, wird eingeräumt, aber dann war’s das auf den ersten Blick schon. Was läuft schief bei den Ampel-Frauen-und-Männchen? Ich kann das in einem Satz zusammenfassen: Viel Wind um alles und nichts. Waffen in einen Krieg liefern, von dem wir nicht wissen, wohin er eskalieren wird. Das Klima retten, ohne Einfluss auf die Mehrheit der Weltbevölkerung nehmen zu können. Moralisierte Feminismuspädagogik in der Außenpolitik, die international Kopfschütteln erzeugt.

 

 Energieglaubenssätze werden gegen die Physik vorgetragen. Kunstsprech pro Gerechtigkeit, an deren theoretischem Ende die Ausmerzung des generischen Maskulinums steht und das Ergebnis dann ungerechter ist als die Ausgangssituation. Das Zurückweisen von Kritik mit Alternativlos-Knüppeln verbal niederzuprügeln, schafft am Ende nur noch mehr Gegenwehr. Die Merkel-Losung „Wir schaffen das“ hört nicht auf, weniger zu schaffen. Geschütze feuern nach Pandemieschuldensalven, Inflations- und undurchsichtigen Förderbergen weiter Geldsäcke gegen Problemfelsen. Was hilfts der Wirtschaft? Es wird nach kürzerer Arbeitszeit gerufen, und Arbeitskräfte aus anderen Ländern dürfen die Tätigkeiten erledigen, für die sich Deutsche heute zu fein sind. Das klingt irgendwie nach modernem Kolonialismus.


Merken Sie etwas? Der Gordische Knoten zieht sich fester, aber den Menschen im Land werden Lösungen versprochen, die keine sind. Das kann und darf sich Politik nicht dauerhaft leisten. Dafür hagelt es Bestrafungen an der Wahlurne. Wenn der Fingerzeig auf die Gruselgestalten in der AfD nicht mehr wirkt, liegt das daran, dass die eigene Politik gruseliger erscheint als die an die Wand gemalten Gespenster.

 
Das Leben ändert sich dadurch, dass Menschen handeln. Wenn diese allerdings im Nebel stehen, ihnen permanent gesagt wird, dass alles, was sie bisher bewegten, irgendwie nicht richtig war – dann erzeugt das Entwertung. Wenn der Ausblick mit Untergang verknüpft wird und der Protest dazu in Diffamierung getaucht wird, muss man sich nicht über einen sich ändernden Farbgeschmack wundern. Wer viel macht, macht Fehler. Das ist eine Binsenweisheit. Wer die eigenen Fehler einfach weitertreibt, zu Kritik die Ohren verschließt oder sie überschreien will, wird zum Don Quijote, erlebt ein blaues Wunder oder verweht im Merz-Sturm. Und die AfD muss keinen Finger rühren.

Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 234

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