Salongeflüster:
Ein neuer Schnitt für Wagenknecht

Wort-Coiffeur Lars Johansen

In meinem Frisiersalon habe ich eine Mitarbeiterin, die arbeitet zwar offiziell für mich, aber eigentlich doch nicht so richtig. Das klingt jetzt ein bisschen kompliziert, deshalb versuche ich, es zu erklären. Angefangen hat es damit, dass ich sie irgendwann einmal eingestellt habe, und nach dem Ende der Probezeit wurde es schwierig mit ihr. Denn Arbeiten war nicht so ganz ihres. Ich meine: Theoretisch arbeitete sie großartig. Sie wusste alles über das Haareschneiden. Aber das Problem war die praktische Umsetzung ihrer Theorien. Denn daran haperte es gewaltig. Schließlich tauchte sie kaum noch bei der Arbeit auf und hielt stattdessen zuerst stadtweit und dann sogar landesweit Vorträge zum Thema Frisieren und Frisuren. Nun konnte ich ihr nicht so einfach kündigen, schließlich hatte sie ein festes Arbeitsverhältnis und in gewisser Weise waren ihre Vorträge ja auch Werbung für mein Geschäft. Denn die Leute strömten, nachdem sie die Vorträge gehört hatten, und wollten genau so geschnitten werden. Am liebsten natürlich von ihr, aber sie war ja nicht da. Die meisten Menschen blieben, wenn sie schon mal da waren und ließen sich von mir oder meinen Mitarbeiterinnen die Haare kleiden. Schließlich begann die abwesende Kollegin sehr erfolgreich Bücher über die Kunst des Frisierens zu schreiben, die sich zu Bestsellern entwickelten, denn sie wusste ja so viel über das Handwerk, dass das Buch sogar von meinen Angestellten und mir gelesen wurde, weil wir hofften, uns dadurch zu verbessern. So weit so gut, aber ich bezahlte sie ja nicht dafür, sondern für aktive Arbeit. Aber Arbeit ist ja nicht so ihr Ding. Schneiden, Legen oder Föhnen lag ihr einfach nicht. Die ganze Praxis empfand sie als bedrückend, schließlich gab es dafür Fachleute, denen sie die Theorie beigebracht hatte. Das sollte reichen. Das reichte mir, und darum plante ich, sie zu entlassen. Schließlich ärgerten sich die Kolleginnen schon über sie. Doch sie kam mir zuvor, kündigte und macht jetzt ihren eigenen Salon auf. Wie der laufen soll, wenn sie dort nicht arbeitet, wer weiß das schon. Aber die Leserinnen ihrer Bücher werden jetzt zu ihr gehen. Und wenn sie dann so schneidet, wie sie es kann, dann sind die ganz schnell wieder bei mir. Was das mit Sahra Wagenknecht zu tun hat? Keine Ahnung. Egal, der Nächste bitte.

Seite 19, Kompakt Zeitung Nr. 243

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