Standpunkt Breiter Weg: Die Folgen wurden verdrängt
Thomas Wischnewski
Das ganze Land wurde mit Ausruf der Corona-Pandemie heruntergefahren. Dass drei aufeinanderfolgende Lockdowns wirtschaftliche und finanzielle Folgen für Menschen, Unternehmen und die öffentlichen Haushalte haben würden, war sicher vielen klar. Aber die tatsächlichen, langfristigen Auswirkungen wurden unter der Prämisse des Gesundheitsschutzes verdrängt. Heute ist nach wie vor nicht klar, ob die Rigorosität der Einschränkungen und die Einseitigkeit politischer Vorgaben wirklich besser waren als Wege wie sie beispielsweise Schweden gegangen war. Die Debatten über Impffolgen oder die Wirksamkeit des Impfschutzes sind nicht abgeschlossen.
Fakt ist, dass Oberbürgermeisterin Simone Borris mit einer Haushaltssperre nun die Notbremse für die Ausgaben der Landeshauptstadt gezogen hat. 45 Millionen Euro fehlen in diesem Jahr. Für das kommende ist bereits ein Finanzloch von über 20 Millionen Euro im Stadthaushalt prognostiziert. Mag die Bundesregierung auf steigende Steuern aus höheren Mehrwertsteuereinnahmen und Lohnsteueraufkommen schauen, haben Kommunen ganz andere Probleme. Die Teuerungen aufgrund gestiegener Preise, fehlender Gewerbesteuereinnahmen und höherer Personalkosten können nicht mal schnell irgendwie ausgeglichen werden. Der öffentliche Dienst gönnte sich einen 20-prozentigen Gehaltsaufschlag. Der den Stadthaushalt 8 Mio. Euro kostet. Wie kann das Loch gestopft werden? Haushaltssperre heißt, nur bestehende Verpflichtungen dürfen noch erfüllt werden. Neue Aufträge aus dem Rathaus kann es vorerst nicht geben. Investitionen in die Zukunft müssen zurückgestellt werden. An freiwilligen Aufgaben wahrscheinlich im Bereich Kultur muss gespart werden, über die Erhöhung von Gebühren wird der Stadtrat diskutieren müssen. Und die Magdeburger Erwerbstätigen und die Gewerbebetriebe sollen die Last irgendwie schultern.
Und dann kommen da noch die Vorgaben der Berliner Ampelkoalition dazu, die in der Vergangenheit glauben machen wollten, dass die Energiewende für jeden nur den Preis einer Eiskugel hätte. Weit gefehlt. Energieerzeugung umstellen, Klimaschutz finanzieren, Ukraine-Unterstützung – jetzt kommt Israel-Hilfe noch dazu –, Inflationsausgleich, wachsende Kosten der Zuwanderung – das ist nur die Spitze des Eisberges, die den Menschen in Deutschland aufgebürdet wird. Es scheint, als seien Menschen und Unternehmen für politisch definierte Prämissen unendlich schröpfbar. Am Ende kommen die Schwächsten unter die Räder. Eine solidarische Gemeinschaft hat nicht nur die Aufgabe, Gesundheitsschutz zu gewährleisten, sondern ebenso die Lasten für alle Bürger im Auge zu behalten. Die Wir-schaffen-das-Mentalität ist offenbar in alle Lebensbereiche eingezogen, koste es, was es wolle.
Nebenher beobachten wir ohnmächtig steigende Insolvenzzahlen, Wirtschaftsschrumpfung, wachsende Kriegsgefahr, höhere Fehlzeiten von Arbeitnehmern und sinkende Jahresarbeitsstunden. Magdeburg blickt auf eine gute Entwicklung in den vergangenen zehn Jahre zurück. Ob das unter deutschen Bedingungen so weitergeht, bleibt fraglich.
Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 244, 7.11.2023