Standpunkt Breiter Weg:
Der Knoten löst sich nicht

Thomas Wischnewski

Landwirte legen Innenstädte lahm und versperren Autobahnzufahrten. In vielen Städten des Landes gehen Tausende Menschen gegen die AfD auf die Straße. Mitarbeiter der Deutschen Bahn streiken, ebenso Pädagogen, für Tariferhöhungen. Andere Demos gab es gegen Israels Besetzung des Gaza-Streifens. Haushaltslöcher aus Geld, dass nie da war, Klimaabgaben und Energiekosten, bei denen man kaum durchsieht. Inflation, Zinsen, Arbeitsplatzabbau, Insolvenzen und sinkende Wirtschaftskraft. Was ist los in Deutschland? Das fragen sich sehr viele.


Die Regierung meint indes, sie mache irgendetwas richtig. Die ärgsten Kritiker können kein gutes Haar an der Ampel-Politik lassen, im Gegenteil, Rücktrittsrufe kommen von vielen Seiten. Der Gordische Knoten löst sich nicht. Zu fest ist das Land eingebunden, in Regeln und Gesetze, zu groß sind die Apparate, die sich damit beschäftigen. In Bereichen, in denen Kreativität, Flexibilität und Risikobereitschaft gebraucht wird, um für die Fortexistenz zu sorgen, fühlt man sich eng an der Bürokratieleine geführt. Diese Leine zerschlägt keiner. Zwei Jahre ist es her, dass Kanzler Olaf Scholz eine Zeitenwende einläutete. In der Frankfurter Sonntagszeitung war indes zu lesen, dass die Luftwaffe nicht einmal in der Lage sei, eine Stadt von der Größe Cottbus‘ länger als einen Tag zu verteidigen. Es gab keine wirkliche Veränderung außer die große Ankündigung, dass sich die Bundeswehr wandeln müsse. Genau das ist symptomatisch für Deutschland.


Die Republik erstickt an der Unfähigkeit und der politischen Ohnmacht, etwas ändern zu können. Die Zuwanderung soll eingedämmt werden. Ergebnisse lassen auf sich warten. Rechtlich verbindliche Asylablehnungen führen nicht zur Abschiebung. Die Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt dümpelt vor sich hin. Die Bildungspolitik bleibt ein derart weites unbestelltes Feld, dass darauf jede Idee verdorrt. Energie- und Verkehrswende sowie Windkraftanlagenausbau sind geduldige Projekte. Nebenher fehlen in Deutschland inzwischen 800.000 Wohnungen. Krankenhäuser sind von Pleiten bedroht. In der Pflege bleibt die Warnung vor einem Pflegenotstand. Fachkräftegewinnung kann man vielerorts mit einem Lotteriespiel vergleichen. Innenstädte verlieren an Einzelhandelsvielfalt und Kommunen im ländlichen Raum vermitteln trostlose Stadtkernbilder. Überzeugen Sie sich z. B. in Salzwedel davon. Patentanmeldungen sind rückläufig, in der Wissenschaft lässt manche Spitzenleistungen auf sich warten. Aber Hauptsache die Work-Life-Balance stimmt.


Gegen diese deutsche Verkrustung helfen keine Beteuerungen mehr, dass irgendjemand ein Rezept dagegen hätte. Dazu sind die Versprechen schon über Jahre abgenutzt. Die innere Lähmung, das Schulterzucken über die eigene Ohnmacht treibt die Menschen im Land um. Und das wird deshalb auf absehbare Sich nicht besser werden, weil schließlich nur hier und da Sparprogramme oder Subventionsabbau verkündet werden, bei denen ausschließlich in Bürgertaschen gegriffen wird.

Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 248, 24. Januar 2024

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