Standpunkt Breiter Weg: Die Zukunft ist politische Vielfalt  

Von Thomas Wischnewski

Auf Wahlumfragen soll man ja nicht so viel geben, wird häufig von Politikern gesagt. Kritiker möchten manchmal gern eine Manipulation hineindeuten, wenn die Ergebnisse nicht so ausfallen, wie sie sich des Volkes Parteienmeinung ausmalen. Die jüngste Umfrage für Sachsen-Anhalt vom 30. Januar hat für einen Schock gesorgt. Könnte im Land aktuell gewählt werden, wäre die CDU mit 28,5 Prozent stärkste Kraft, gefolgt von der AfD mit 27,5 Prozent und auf dem dritten Platz landete das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 23 Prozent (Institut Wahlkreisprognose). Alle anderen Parteien würden im Landtag nicht mehr vertreten sein. Nun wird in Sachsen-Anhalt erst wieder 2026 gewählt. Das Umfrageergebnis ist also nur eine Momentaufnahme der aktuellen Stimmung. Es zeigt aber sehr deutlich die Ablehnung der Ampel-Politik und dass die AfD trotz zahlreicher Massendemonstrationen aus dem Wählerinteresse nicht wegzudenken ist. Das Sahra Wagenknecht mit ihrer jungen Parteigründung aus dem Stand auf über 20 Prozent schnellt, ist zunächst nur ein Achtungszeichen.


Was man andererseits die Spatzen von den Dächern pfeifen hört, ist, dass viele Leute der bisherigen Links-Partei den Rücken kehren und ins BSW-Lager wechseln. Auch die AfD kommt derzeit mit den Aufnahmegesprächen bei neuen Mitgliedsanträgen nicht hinterher. Allem Konservativen haftete stets ein Makel an. Man würde am Bewahren kleben und sich dem Fortschritt in den Weg stellen. Sowohl das Eine als auch das Andere ist nicht so einfach in gut und schlecht teilbar. Deshalb muss das eine Gesellschaft in ihrem Wahlverhalten ausdrücken. Es scheint aus heutiger Sicht jedoch sehr konservativ zu sein, wenn die traditionellen Parteien an einer Programmatik festhalten, die von Bürgern zunehmend abgelehnt wird. Indes zeigt sich in deutschen Landen nur, was unsere europäischen Nachbarn schon seit Jahren vorexerzieren. In Frankreich sind 13 Parteien im Parlament vertreten. In den Niederlanden sind es 17 und in Italien sogar 18 Parteien.


Meinungsvielfalt sollte ein Merkmal eines demokratischen Gemeinwesens sein. Manches politische Ansinnen schmeckt anderen nicht. Aber genau das gehört zur Demokratie. Ausgrenzung nicht. So wenig, wie Menschen ausgegrenzt werden dürfen, die ein berechtigtes Asylansinnen verfolgen, dürfen es andere nicht, die sich in Opposition zur Regierungspolitik befinden. Genau aus diesem weiten Feld eine politische Repräsentanz zu bilden, ist das Fundament einer freien Gesellschaft. Diesbezüglich befinden wir uns in Deutschland auf keinem guten Weg. Inzwischen rächt sich bei mancher Partei, dass Kritiker zu verschiedenen Themen von Flüchtlings-, Corona-, Energie- bis zur Klimapolitik diffamiert oder ausgegrenzt wurden. Die Meinungsverbreitungsmöglichkeiten im Internet haben ebenso ihren Beitrag zur Polarisierung geleistet.


Es wird wichtig sein, den politischen und parlamentarischen Dialog wieder zu üben. In der Zukunft wird die Koalitionsarithmetik fürs Regieren komplizierter werden. Man kann diese Entwicklung ablehnen, aber es wäre ein Festhalten gegen die Veränderungen in der Welt. Politik muss lebendig und wendig sein und herausfinden, wie vielseitige Interessen in Gesetze gegossen werden können.

Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 249

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