Richtig Bock auf Handwerk
Von Anja Gildemeister
Bei der „Deutschen Meisterschaft im Handwerk (DMH) – German Craft Skills“ messen sich jährlich Absolventen der Berufsausbildungen in 130 Gewerken. Zudem stellen im Kreativwettbewerb „Die gute Form im Handwerk“ die Absolventen der etwa 30 gestalterischen Handwerksberufe ihr Können und mit außergewöhnlichen Designlösungen ihre handwerkliche Experimentierfreude unter Beweis.
William Tanner (s. Foto), Steinmetz und Steinbildhauer aus Magdeburg, überzeugte die Jury mit zwei Wangen aus Sandstein, die einen Schrank aus Eichenholz halten. Er belegte den dritten Platz im Bundeswettbewerb „Die gute Form“ 2023 und ist damit der Bestplatzierte aus dem Kammerbezirk Magdeburg. „Dritter Bundessieger – das ist schon ein cooler Titel“, sagt der 22-Jährige, der seit seinem Fachabitur in der Fachrichtung Gestaltung ein Kunst-Studium anstrebt, auch dank eines „genialen“ Kunst-Lehrers.
Als „Grundsicherung“ wollte er zunächst eine handwerkliche Ausbildung absolvieren. William: „Mit meinem Vater habe ich viel an alten Häusern gewerkelt, ich hatte richtig Bock auf Handwerk.“ Der Werkstoff Holz kam nicht infrage, da der Vater Tischler und Zimmerer ist und der Sohn etwas anderes machen wollte. Bronzeguss fiel weg, weil das in Magdeburg nicht angeboten wird. Für die Entscheidung reichte dann ein einziger Schnupper-Tag beim renommierten Denkmalpflege-Unternehmen Paul Schuster GmbH in Magdeburg, wo er einen Ausbildungsvertrag als Steinmetz und Steinbildhauer unterschrieb.
Das anfängliche wochenlange Üben am Stein machte ihm nichts aus – im Gegenteil: Im Laufe der Ausbildung wuchs die Begeisterung. „Der Beruf hat eine krasse Bandbreite, vom Mauerwerk über Fassaden, Fußböden und Treppen bis hin zu freistehenden Objekten. Und man arbeitet im Millimeterbereich, das ist absolut faszinierend. Ich finde es cool, etwas zu machen, was sich andere kaum erklären können“, sagt er. Williams Gesellenstück, mit dem er in den Landes- und dann den Bundeswettbewerb einzog, zeigt sein handwerkliches Können und seine künstlerischen Ambitionen und macht seinen Vater sicherlich stolz. „Die Brückenform der Sandstein-Wangen und das in den Schrank eintauchende Profil symbolisieren die Brücke/Verbindung zwischen dem Gewerk meines Vaters, der den Schrank gebaut hat, und meinem Gewerk als Steinmetz“, erklärt er.
Der Schrank hängt übrigens in der „Wagenhalle 11“ in Magdeburg-Cracau, einem denkmalgeschützten Gebäude, das William mit Mitstreitern des gleichnamigen Vereins jeden Sonntag saniert. Sie wollen „das schöpferische Leben unserer Stadt mitprägen und reformieren“. Hier soll eines Tages Kunst gezeigt werden. Vielleicht auch die von William, denn ein Kunststudium steht nach wie vor auf seinem Plan, möglicherweise in Richtung Druckgrafik. Er kann sich vorstellen, eines Tages als Dozent zu arbeiten. Dem Handwerk will er parallel treu bleiben. Bis August arbeitet er als Geselle in seinem Ausbildungsbetrieb in Magdeburg, dann geht es zur Steinmetz-Schule in Königslutter. „Der Beruf hat mich so gefesselt, dass ich meinen Meister machen will.“
Seite 33, Kompakt Zeitung Nr. 249