Barrieren der Arbeitsintegration

Von Thomas Wischnewski

Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland bei der Integration von Migranten ins Arbeitsleben schlecht ab. Obwohl nach dem russischen Angriff auf die Ukraine rund 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland geflohen waren, haben bis Juli 2023 nur rund 18 Prozent davon einen Job gefunden. In Polen sind zum selben Zeitpunkt 65 Prozent in Arbeit, in Schweden sind es 56 Prozent. In Deutschland sollte zunächst jeder Flüchtling einen Sprachkurs absolvieren. Andere Länder wie Polen vermittelten hingegen sofort einen Job. Hierzulande wurden die Warteschlangen für die Kurse immer länger. Die Wartezeit betrug im ersten Halbjahr 2023 über fünf Monate.

 

Neben der Voraussetzung Sprachkurs verzögert das neun Monate lange Arbeitsverbot zusätzlich die Integration in den Arbeitsmarkt und treibt außerdem die Kosten im Asylsystem in die Höhe. Auch diese deutschen bürokratischen Hürden sind Gründe für die zunehmende Kritik an der Asylpolitik. Weder Migranten noch Asylkritiker tragen am Zustand Verantwortung. Es ist die Bundespolitik selbst, die den Boden für die Ablehnung von Migration bereitet hat. Letztlich entsteht nicht nur Frust bei Steuerzahlern, sondern ebenso bei Flüchtlingen und Migranten, die arbeiten bzw. eine Ausbildung absolvieren wollen. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer steigt zwar die Beschäftigungsquote. Bei Menschen, die sieben Jahre in Deutschland leben, beträgt sie 62 Prozent. Über den Zeitraum seit 1970 gerechnet sind es gar 81 Prozent.


Besonders schwierig erweist sich die Arbeitsmarktintegration bei Frauen. In Herkunftsländern wie beispielsweise Syrien beträgt die Beschäftigtenquote bei Frauen gerade einmal 26 Prozent. Vor dem traditionellen Hintergrund ist die Motivation, in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen entsprechend gering. Eine Erwerbsarbeit wird bei diesen Frauen häufig noch durch die Betreuung mehrerer Kinder erschwert. Es fehlen hier wiederum Ganztagskindergartenplätze, damit beide Elternteile berufstätig sein könnten.


Die sich verschärfende demografische Entwicklung müsste eigentlich Grund genug sein, damit positive Beschäftigungseffekte für Migranten am Arbeitsmarkt entstehen könnten. Die vielfachen politischen Beteuerungen haben indes noch nicht dazu geführt, bürokratische Hürden einzureißen und Erwerbsprozesse zu beschleunigen.


Ein weiterer negativer Effekt entsteht durch die Verteilung von Asylsuchenden. Welches Bundesland wie viele Migranten aufnimmt, wird nach dem sogenannten „Königsteiner Schlüssel“ geregelt. Der Verteilungsmechanismus wurde bereits 1949 erarbeitet. Der „Königsteiner Schlüssel“ führt dazu, dass Asylsuchende und abgelehnte Asylbewerber gemessen an der Einwohnerzahl vor allem in Stadtstaaten wie Berlin, Hamburg (beide 4,9%) und Bremen (6,1 %) leben. Ähnlich hoch oder gar höher ist der Anteil in Großstädten. In Brandenburg oder Bayern hingegen beträgt der Anteil nur 2,8 Prozent.

 

Bekanntlich gibt es im ländlichen Raum weiterhin den Trend von Abwanderung und Überalterung. Schwächere Regionen, die um Arbeitskräfte ringen müssen, könnten wahrscheinlich eher Menschen in Arbeit bringen als dies in großen Städten der Fall ist.


Asylsuchende schneller in Erwerbsarbeit zu bringen, hätte viele positive Effekte. Neben fallenden Kosten im Asylsystem, einer Stärkung der Sozialsysteme sowie einer Abfederung der demografischen Entwicklung würden persönliche Arbeitskontakte insgesamt für eine offenere Haltung gegenüber Migranten sorgen. Bisher hat die deutsche Politik den durch zu viele Regeln geschaffenen Teufelskreis von Arbeitsverhinderung noch nicht durchbrochen.


An der zunehmenden Ablehnung und Kritik der Asylpolitik tragen die Parteien der vergangenen und aktuellen Regierung ein gehöriges Maß an Mitverantwortung. Von „Doppel-Wumms“- und Beschleunigungsgesetzen ist zwar oft die Rede. Am Ende kommt leider trotzdem nur Schneckentempo und Problemaufwuchs heraus.

Seite 31, Kompakt Zeitung Nr. 249

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