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Von der Vergänglichkeit
des Lebens

Von Tina Beddies-Heinz

Die 10. KUNST/MITTE wirft ihre Schatten voraus: Meli Kuhn eröffnet am Donnerstag, 30. Mai (17 Uhr), ihre Ausstellung in der HO Galerie (Tessenowstraße 5) mit Werken, die während ihres Aufenthalts in Magdeburg entstanden sind.

 

Pragmatisch: Wenn der Tisch zu voll ist, nutzt Meli Kuhn den Fußboden zum Arbeiten.
Foto: Tina Beddies-Heinz

 

Meli Kuhn hockt am Boden der „dieHO-Galerie“ in der Tessenowstraße, vor ihr eine Farbpalette, daneben ein hellbraunes Stück Papier, das sie bereits mit den Umrissen eines Frauenkopfes versehen hat. In schnellen, flüchtigen Bewegungen huscht der Pinsel über den Untergrund. Ob sie immer in dieser Position arbeite? Die Künstlerin lacht: „Nein, das ist ganz unterschiedlich. Aber momentan ist auf dem Tisch zu viel los, sodass ich alles auf dem Fußboden ausgebreitet habe.“ 


Seit Anfang Mai weilt die in Köln geborene, jedoch bereits seit 2001 in Haarlem (Niederlande) lebende Künstlerin in Magdeburg. Als Artist in Residence hat sie sich eine einmonatige Auszeit von ihrem Alltag genommen und widmet sich in der Galerie ausschließlich ihrer Kunst. „Bei meiner letzten Ausstellung in der Galerie Grimm hier in Magdeburg habe ich mich mit Dorothea Hertel und Volker Kiehn von der ‚HO‘ unterhalten, die ich bereits seit meiner ersten Teilnahme an der KUNST/MITTE 2019 kenne. Ich erzählte ihnen von meinem Bedürfnis, mich mal zurückziehen zu wollen, um in einem anderen Umfeld konzentriert arbeiten zu können“, schildert Meli. „Die beiden haben alles in die Wege geleitet und für den Monat Mai ist das hier mein Wohn- und Arbeitsplatz.“


Eigentlich nicht genug Zeit, meint die Künstlerin, die 2005 ein Studium mit dem Schwerpunkt Zeichnen an der Akademie der Bildenden Künste in Amsterdam abschloss, doch ihr Ziel habe sie bereits teilweise erreicht. „Ich bin hergekommen, um loszulassen, um mich von den Maltraditionen zu lösen, die ich mir in der Vergangenheit angeeignet habe. Ich wollte nicht nachdenken, sondern einfach machen.“ Letzteres habe funktioniert. Anfangs mit der Angst, dass sie das blockieren könnte. „Wenn man ohne etwas – nur mit Arbeitsmaterialien – herkommt und unter dem Druck steht, in bestimmter Zeit etwas erschaffen zu müssen, kann das schon beängstigend sein“, erzählt die 43-Jährige.


Die Angst habe sie überwunden, indem sie einfach angefangen habe zu malen. Kleine Kreise …  viele Kreise, die aus einigen Metern Abstand betrachtet gar nicht mehr als solche zu erkennen sind. „Irgendwann habe ich mich dafür verflucht, weil ich die vielen Kreise satthatte“, sagt Meli und winkt lachend ab. „Aber sich zu disziplinieren und weiter zu malen, ohne darüber nachzudenken, das ist das Interessante – und die Gefühle, die zutage treten, wenn man diese Aufgabe dann abschließt, sind überwältigend.“


Ihr Ziel, sich von alten Maltraditionen zu lösen, habe sie nicht vollständig erreicht. Seit Anfang Mai sind zwar einige Werke entstanden, die sich von ihren älteren unterscheiden, doch auf zahlreichen Gemälden ist Meli Kuhns Handschrift unverkennbar. „Das ist auch eine interessante Erkenntnis. Warum sollte ich das unterdrücken, was aus meinem tiefsten Inneren herauskommen möchte?“ Neben Darstellungen von Menschen, denen die Künstlerin mit Leichtigkeit Emotionen zu verleihen vermag, sind in den vergangenen Tagen und Wochen auch Stillleben entstanden. „Mich fasziniert die Vergänglichkeit des Lebens“, erzählt Meli und zeigt auf eine kleine Serie, in der sie den Verfall einer verschimmelten Zitrone festgehalten hat. „Oder dort drüben, die vertrockneten Blumen – die finde ich viel interessanter als die frischen, perfekten. Sie haben ihr Leben gelebt.“ Und so bringt die Wahl-Niederländerin nicht nur persönliche Inhalte auf Papier oder Leinwand, sondern auch politische Themen, die sie bewegen.


Dass ihre Zeit in Magdeburg Anfang Juni bereits vorbei ist, erfüllt die Künstlerin mit Wehmut. „Ich kann das gar nicht erklären, aber ich habe eine besondere Verbindung zu Magdeburg. Es fühlt sich an, als sei ich endlich angekommen. Das mag zum einen an den großartigen Menschen liegen, die ich hier kennengelernt habe, aber auch daran, dass diese Stadt mich erdet.“ Wenn Meli Kuhn nicht von 8 oder 9 Uhr morgens bis zum Einbruch der Dunkelheit arbeitet, nimmt sie sich Zeit, die Stadt an der Elbe kennenzulernen. Vorstellungen im Schauspiel- und im Opernhaus hat sie ebenso besucht wie ein Jazz-Konzert im Forum Gestaltung. „Vielleicht schaffe ich es auch noch ins Kunstmuseum im Kloster …“


Wer sich ein Bild von ihren Werken machen und mit der Künstlerin philosophieren möchte, sollte die Ausstellungseröffnung am 30. Mai, ab 17 Uhr, in der dieHO-Galerie (Tessenowstraße 5) nicht verpassen. Warnfried Altmann sorgt für musikalische Unterhaltung. Meli Kuhns Werke werden dort auch in den Wochen nach der Vernissage zu sehen sein. Die nächste Chance, mit der Künstlerin ins Gespräch zu kommen, gibt es vom 22. bis zum 25. August 2024, wenn die KUNST/MITTE zum 10. Mal ihre Pforten öffnet.

 

Nr. 256 vom 28. Mai 2024, Seite 14

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