Die magische Vier

Von Rudi Bartlitz

Nach dem Gewinn der deutschen Handballmeisterschaft rückt für den SC Magdeburg nun das Quadruple näher.

 

Hat allen Grund zum Jubel: SCM-Trainer Bennet Wiegert.
Foto: Peter Gercke

 

Im englischen Fußball sprechen sie von „sagenumwoben“, wenn sie über das Quadruple reden. Den Triumph in vier verschiedenen Wettbewerben innerhalb einer Saison also. Weil es so unerreichbar erscheint. „Es gibt einen Grund, warum das Quadruple noch niemand gewonnen hat“, meinte denn auch Trainer-Guru Jürgen Klopp, als er noch den FC Liverpool coachte. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie illusorisch ein solches Ziel im Grunde ist, von wie vielen Unwägbarkeiten und Glücksumständen es letztlich abhängen würde, es zu erreichen. Planen kann man es schon gar nicht.


Das tun auch die Handballer des SC Magdeburg nicht. Und doch, seit ihrem schier nicht aufzuhaltenden Parforceritt durch Meisterschaft und nationale wie internationale Pokalkonkurrenzen taucht das für den einen oder anderen bisher ebenso unbekannte wie schwer aussprechbare Wort immer öfter in den Medien auf. Und ja, nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft – die nach dem 30:28 gegen die DHfK Leipzig am Wochenende nicht einmal Mega-Mega-Pessimisten noch für gefährdet halten – wäre das Quadruple (gemeint hier: Vereins-Weltmeister, Pokalsieger, deutscher Meister, Champions-League-Gewinner) für die Wiegert-Jungs mehr als ein lohnendes Ziel. Wen man von den Akteuren in den grün-roten Farben in den zurückliegenden Wochen und Monaten auch fragte, der Tenor war eindeutig: Wir wollen alles gewinnen, hieß es fast unisono. Dann wären aller guten Dinge vier. Zumal es noch keiner Mannschaft in der Historie des deutschen Handballs gelang, sich einen Vierfach-Triumph an die Brust zu heften.


Am zweiten Juni-Wochenende ist es so weit: Da ruft das Final-Four-Turnier der derzeit vier besten europäischen Klubvertretungen (SCM, Barcelona, Aalborg, Kiel) nach Köln. Die Magdeburger haben es dabei in der Hand, ihren Vorjahreserfolg in der Champions League zu wiederholen und den Vierfach-Erfolg, eben das Quadruple, komplett zu machen. Regisseur Gisli Kristjansson vielversprechend: „Richtig, die Meisterschaft ist etwas ganz Besonderes. Aber jetzt schauen wir schon ein bisschen nach Köln.“ Gelänge dort der große Wurf, würde dies das mit Abstand erfolgreichste Jahr in der Geschichte des 1955 unter dem Namen SC Aufbau Magdeburg gegründeten Vereins.


Schon heute sorgen die Schützlinge von Trainer Bennet Wiegert fast im Wochentakt für neue Schlagzeilen. Zuletzt mit solchen über die deutsche Meisterschaft, in der sie zwei Spieltage vor Schluss mit vier Punkten Vorsprung und einem geradezu übermächtigen Toreplus von 84 Treffern gegenüber den Füchsen Berlin uneinholbar vorn liegen. Für Wiegert ist, wie er kurz nach dem Leipzig-Triumph bekannte, das nationale Championat der „ehrlichste aller Titel“. Weil er – so der von den Fans in der Getec-Arena mit Rufen wie „Meistertrainer, Meistertrainer, hej, hej“ bejubelte 42-Jährige – den Verlauf einer gesamten Spielzeit widerspiegele. Noch etwas: Die von vielen Experten schon seit einiger Zeit beschriebene Wachablösung im deutschen Handball scheint sich immer mehr zu verfestigen. Nicht mehr Rekordmeister THW Kiel mit seinen 23 Titeln ist der Nabel der hiesigen Ballwerfer-Welt, sondern eben der SCM. Bereits im März hatte Füchse-Chef Bob Hanning postuliert: „Magdeburg ist das neue Kiel. Sie haben den Handball neu geprägt und in eine neue Dimension geführt.“ Hohes Lob kommt sogar von einem Leitmedium der Fußballer, dem „Kicker“. „Der SC Magdeburg ist ein ostdeutscher Traditionsklub“, schrieb das Blatt jüngst, „der seine Wurzeln nie vergessen hat, aber auch keineswegs in der Vergangenheit stehen geblieben ist. Der SCM setzt auf eine ausgewogene Mischung aus Innovation und Beständigkeit.“


Dass sich in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt kein Hexenwerk vollzogen hat, sondern (fast) alles auf harter Arbeit beruht, darauf verweisen die SCM-Verantwortlichen seit eh und je. Oder wie es Kapitän Christian O`Sullivan beschreibt: „Wir haben ein klares Konzept, an das wir alle zu 100 Prozent glauben. Es ist nicht über Nacht passiert, dass wir eine Spitzenmannschaft geworden sind.“

 

Nr. 256 vom 28. Mai 2024, Seite 21

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