Urlaub macht noch keinen Urlaub
Von Thomas Wischnewski
Urlaub – das ist das magische Wort der Deutschen für die Jahresphase, in der der Alltag ertränkt werden soll. Die einen verreisen fern oder nah, manche erledigen aufgeschobene Dinge, andere wiederum lassen irgendwo die Beine baumeln und dann gibt es da noch die Aktiven, denen keine Herausforderung zu groß erscheint, die zu Fuß, mit dem Rad, Boot oder kletternd natürliche Hürden bzw. Wege belagern. Für den gelungenen Urlaub mit Erholungszeit gibt es kein Rezept.
Für weltweit 31,7 Millionen Passagiere war die Kreuzfahrt die beliebteste Reiseform. Ein „All-Inclusive-Vergnügen“ in der schwimmenden Blechstadt. Doch der Massentourismus kommt mancherorts an seine Grenzen. In Venedig machen die Massentransporter mit ihren Passagier-Heuschrecken-Schwärmen den Einheimischen wenig Freude. Auch auf den kanarischen Inseln wird gegen die Touristenströme demonstriert. Steigende Mieten für Einheimische, Müll und Umweltverschmutzung werden angeprangert. Rund 14 Millionen Besucher werden jährlich auf den Inseln Teneriffa, Gran Canaria und Lanzarote mit ihren 2,2 Millionen Bewohner gezählt. Ähnliche Kritik gibt es auf Deutschlands Urlaubs-Lieblingsinsel Mallorca. Dort wird außerdem das Wasser knapp. In den mallorquinisch Gemeinden Valldemossa, Estellencs und Artà darf man schon jetzt keine Pools mehr befüllen und den Rasen nicht wässern.
Mitten in die Vorbereitungen der Reisehochzeit verhagelte dann noch die Pleite des Reiseveranstalters FTI manchen Urlaubern die Ausflugspläne. Und ein weiterer Negativtrend sind die gestiegenen Kos-ten. Wer im Urlaub aufs Geld achten muss, sollte rechtzeitig einen Blick auf die Preise am Reiseziel werfen. Die teuersten Länder sind laut einer Übersicht des statistischen Bundesamtes die Schweiz, Island, Norwegen und Dänemark. Die preiswertesten Länder sind die Türkei, Ungarn und Polen.
Ein weiteres Phänomen wird inzwischen unter Urlaubern sichtbar: Vermehrt werden Alleinreisende gesichtet. Jeder zehnte Urlauber reist ohne Begleitung. Offenbar spiegelt sich darin die zunehmende Versingelung der Gesellschaft wider. Unter Reise-Singles findet man alle Altersgruppen von Studenten, Azubis bis hin zu Senioren. Die Reisenden müssen jedoch gar nicht unbedingt ohne Partner sein. Manche entfliehen für ein paar Tage einfach in eine andere europäische Stadt, um Abstand vom Partner oder den Kindern zu bekommen. Andere suchen dagegen eher das entferntere Abenteuer und schultern den Rucksack, um in Asien, Afrika oder Südamerika auf Entdeckungstour zu gehen. Und eine Soloreise verspricht ganz viel Unabhängigkeit vom permanenten Alltagstrubel und dem gewohnten Umfeld. Es ist sogar ratsam, auch einmal Urlaub von der Partnerschaft zu nehmen, zu fühlen, dass man den anderen vermissen bzw. neue Impulse für den Alltag einfangen kann.
Aber egal, auf welche Weise man sich aufmacht, um der eigenen Behausung und dem Tageskreislauf zu entfliehen. Ein anderer Ort, eine unbekannte Umgebung oder eine verschiedenartige Kultur müssen allein noch lange nicht das große Urlaubsglück erfüllen. Zum Gelingen gehören schließlich zwei, und ohne die innere Erlebniswelt eines jeden Menschen, ist das Außen eher eine nette Fassade.
Wer seinen Urlaub ritualisiert absolviert – also stets zur ähnlichen Zeit verreist, öfter die gewohnten Reiseziele aufsucht und auch während des Aufenthalts dieselben Abläufe abspult, könnte eigentlich auch zu Hause bleiben. Und wer glaubt, dass man in der Fremde viel Fremdes findet, begegnet rund um den Erdball Touristen, die ähnlich gekleidet sind und mit denselben Träumen und Vorstellungen im Kopf herumlaufen. Außerdem sind die gewohnten Annehmlichkeiten am Reiseziel ganz wichtig. Wäre der Weg an den Sehnsuchtsort hin und zurück nicht sicher und die Unterkunft nicht nach den bekannten Bequemlichkeitsvorstellungen, macht der Urlaub den meisten Menschen gar keinen Spaß. Nervend ist oft auch die Menge der anderen Touristen. Aber die sind ja mit ähnlichen Ansprüchen und Wünschen unterwegs wie man selbst. Selbst Senioren sprechen gern davon, in den Urlaub zu fahren. Dabei können sie gar nicht die Erholung von der Arbeit meinen, sondern ausschließlich die Alltagsflucht. Urlaub ist also nicht einfach nur für einige Zeit weg zu sein, sondern vor allem eine Herausforderung für den eigenen Geist. Ein Urlaub macht eben noch keinen Urlaub.
Nr. 257 vom 11. Juni 2024, Seite 21
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