Scharfe Sprüche: Sprachneutrale Würstchen
Derzeit schreiben viele an einem neuen Sommermärchen und setzen damit die Fußball-Europameisterschaft mit der WM gleich. Na ja, Märchen bleiben Märchen. Da soll jeder seins haben. Aber selbst vor Politikern macht die Märchenstunde nicht halt. Die Katrin Dagmar Göring-Eckardt, unsere Vizepräsidentin im Bundestag, wollte uns die Geschichte auftischen, dass eine Mannschaft mit nur weißen Spielern, eine schlechtere wäre als die aktuelle. Die Mannschaft ist die Mannschaft. Alles andere gehört ins Reich „Hätte, hätte Fahrradkette“. Mit ihrem Sprüchlein auf der Plattform „X“, vormals Twitter genannt, hat sich die gute Katrin ganz schön Gegenwind eingehandelt.
Aber so ist das, wenn man einerseits für die gerechtere Gerechtigkeitssprache eintritt und sich selbst die Fettnäpfchen produziert. Ich prophezeie Euch, solcherlei Eigentore wird es immer öfter geben. Anderen beim Reden ein Bein zu stellen, ist eben auch ein Foul, wenn auch keines wie beim Fußball.
Rote Karten können nicht von einem Team an das andere gezeigt werden. Dazu bedarf es auf der Spielwiese des Unparteiischen. Von den Spielregeln beim Fußball könnten sich die Damen und Herren in den Parlamenten ruhig mal eine Scheibe abschneiden. Man sollte eben Argumente nicht als Regelverstoß ahnden und Platzverweise erteilen. In die Zwickmühle, in der die Leute heute stecken, haben sie sich selbst eingequetscht. Wer permanent Deklarationen erfindet, was seine sensible oder unsensible, gerechte oder ungerechte Anrede sei, muss sich nicht wundern, wenn die Regeln auf einen selbst angewendet werden.
Der legendäre Nationaltrainer Sepp Herberger formulierte einst philosophisch „das Runde muss ins Eckige“. In meiner Imbissbude heißt es: das Lange muss ins Ovale. Mit solchen kurzen, unverschnörkelten Sätzen kann jeder umgehen, egal ob Koch wie ich oder ein Literaturnobelpreisträger. Wer die Sprache ständig in eine andere Soße tunkt, bekommt zwar immer einen anderen Geschmack, nur mit dem Kern, dem eigentlichen Sprachverständnis hat das letztlich nichts mehr zu tun. Inzwischen lache ich immer öfter über Wortstolpereien und Zungenakrobatik von diversen Politikerinnen und deren männlichen Kollegen, die das primatengleich nachäffen.
Ist doch schön, dass uns von oben so viel Humor untergerieben wird. Wenn die Leutchen im Berliner Himmel nur nicht so ernst dabei täten, könnte das alles ein nettes Unterhaltungsprogramm sein. Gut, dass ich mich jederzeit auf meine sprachneutralen Würstchen zurückziehen kann. Statt Wort-Entgleisung gibt’s von mir was Leckeres in den Mund geschoben. Das solltet Ihr hin und wieder auch mal wieder probieren. Und wer zu viel labert, bekommt eine extrascharfe Soße verpasst. Was meint Ihr, wie schnell da dummes Gequatsche vorbei ist.
Also bis gleich, Euer Olaf vom Hassel.
Nr. 258 vom 26. Juni 2024, Seite 15
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