Aus den Papp-Betten zur Gold-Jagd
Morgen beginnen in Paris die XXXIII. Olympischen Sommerspiele. Setzt sich an der Seine für den deutschen Sport die Abwärtsspirale der Nach-Wende-Jahre weiter fort?
Von Rudi Bartlitz
Der Countdown läuft seit Wochen unerbittlich herunter, am Freitag ist es dann so weit: Punkt 18 Uhr werden die Spiele der XXXIII. Olympiade in Paris offiziell eröffnet. Ein Novum dabei: Erstmals in ihrer Geschichte beginnen sie nicht in einem Stadion, sondern in einer Open-Air-Zeremonie entlang der Seine. Mehr als 100 Boote mit Sportlerdelegationen aus über 200 Ländern werden auf einer sechs Kilometer langen Strecke den Fluss herunterfahren – von der Brücke Pont d‘Austerlitz bis zum Trocadéro am Fuße des Eiffelturms. Die Schiffsparade, so versprechen die Gastgeber, werde eine grandiose Show, „eine atemraubende Wasserparade“.
Genau ein Jahrhundert hat es gedauert, bis die Spiele wieder in Frankreichs Hauptstadt zurückkehren. Nach 1900 und 1924 bereits zum dritten Mal. Und noch ein geschichtlich bemerkenswerter Fakt: Erstmals in der Historie dieses Großereignisses werden ebenso viele Frauen wie Männer teilnehmen. Geschlechtergleichheit gab es bisher noch nie. Bei den Spielen von Paris im Jahr 1900 waren erstmals Frauen dabei, insgesamt 22 der 997 Athleten.
Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine dürfen die Sportler aus Russland und Belarus nur unter Auflagen in Paris teilnehmen. Verboten sind Flaggen, Hymnen und weitere staatliche Symbole. Die Athleten dürfen keine Verbindungen zum Militär haben, Mannschaften sind nicht zugelassen. Ebenso sind russische (und belarussische) Athleten von der Eröffnungs- und Schlussfeier ausgeschlossen. Schon in Tokio, also vor dem Ukraine-Überfall, war es dem russischen olympischen Komitee wegen des Verdachts auf Staatsdoping erst in letzter Minute erlaubt worden, mit einer eigenen Mannschaft teilnehmen zu dürfen.
Eines der beherrschenden Themen im Vorfeld war die Sicherheitslage in der französischen Metropole. Die terroristische Bedrohung „bleibt extrem“ hoch, heißt es von der Regierung. Seit März ist die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Etwa 70.000 Sicherheitskräfte sollen rund um Olympia zum Einsatz kommen, darunter rund 35.000 Polizisten und 15.000 Soldaten. In den Wochen vor dem Start verstärken Polizei und Militär ihre Präsenz in der Stadt sichtbar. Teils schwer bewaffnete Sicherheitskräfte sind in viel größerer Zahl und an mehr Stellen als üblich in der französischen Hauptstadt unterwegs.
Am Stadtrand richtete die Armee ein Lager für 4.500 Soldaten ein, die die Sicherheit der Spiele und des erwarteten Millionenpublikums gewährleisten sollen. „Das ist das größte Lager der Armee in Paris seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte der für das Camp zuständige Oberst Michel Bergier. Sämtliche Wettkampfstätten sind von dem Stützpunkt aus binnen 30 Minuten erreichbar. Auch für Touristen in diesen Tagen bereits sichtbar ist bewaffnete Polizei mit Schnellbooten auf der Seine im Einsatz. Über 300.000 Zuschauer sollen das Spektakel von den Ufern der Seine verfolgen können.
Schauen wir auf das Sportliche, werden diese Spiele zweifellos erneut von einer „Battle of Giants“ gekennzeichnet sein. Dem Giganten-Duell zwischen den USA und China. Seit zwei Jahrzehnten dominieren diese beiden Nationen mehr oder weniger die Medaillenwertung – in Tokio kamen beide Länder auf je 38-mal Gold, dahinter rangierte Japan (27). Zumal russische Sportler in einer inoffiziellen Gesamtwertung keine Rolle spielen werden. Es werden wohl kaum mehr als zwei, drei Dutzend am Start sein.
Und wo landen die Deutschen diesmal beim Kampf um die insgesamt 329 Goldmedaillen in 32 Sportarten? werden sich viele hierzulande fragen. Der neunte Platz in der Nationenwertung und zehn Goldmedaillen führten vor drei Jahren dazu, dass das Ergebnis von Rio 2016 (Platz fünf; 17x Gold) deutlich verfehlt wurde. Mit dem schwächsten Ergebnis seit der Wiedervereinigung konnte diese seit Barcelona 1992 zu verzeichnende Abwärtsspirale weder gestoppt noch gar umgekehrt werden. Und es deutet wenig darauf hin, dass sich jetzt an diesem Trend etwas ändert.
Die Prognosen aus dem Lager des schwarz-rot-goldenen Sports – mit Ersatzleuten sind 470 Athleten gemeldet – fallen denn auch ziemlich verhalten aus. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) strebe eine Platzierung unter den besten zehn Nationen in der Medaillenwertung an, sagte Olaf Tabor, Vorstand Leistungssport im DOSB und Chef der Mission, vor dem Sportausschuss des deutschen Bundestages. Um sich zu beeilen zu ergänzen: „Das ist nicht unrealistisch, auch wenn es ein harter Kampf werden wird.“ Die Top Ten als Maximalziel, besser lässt sich der Zustand des hiesigen Hochleistungssports wohl kaum charakterisieren.
Ein etwas erfreulicheres Bild vermittelt da sogar die offizielle Olympiakleidung des Teams Germany – selbst wenn die Deutschen bei bisherigen Spielen in ihrer Kleidung nie als ein Ausbund höchsten modischen Chics (oder gar kreativer Verwegenheit) in die Stadien dieser Welt einmarschierten. 80 Teile umfasst das Paket von Ausrüster Adidas, das ein Athlet erhält. Dazu zählt neben der Sportbekleidung auch der Dress für offizielle Anlässe wie die Eröffnungs- und Schlussfeier sowie 30 Accessoires wie Sonnenbrillen. Die dominanten Farben sind Rot, Schwarz, Weiß und dem „Spark“ (Funken) genannten Gelb-/Hell-Orangeton. „In Paris wird die Kollektion sicherlich ein Hingucker sein, besonders wenn viele unserer Fans sie ebenfalls tragen, um zu zeigen, dass wir als Einheit auftreten”, hofft DOSB-Präsident Thomas Weikert.
Mehr als 10.000 Sportlerinnen und Sportler werden in Paris aufeinandertreffen und teils mehrere Wochen im Olympischen Dorf im Norden der Stadt verbringen. Wenn das Wort spartanisch auf irgendetwas zutreffen sollte, dann auf die Ausstattung der Zimmer. Schlafen werden die Athleten auf besseren Pappgestellen. Medien wie etwa die „New York Post“ folgerten daraus, dass „Anti-Sex-Betten bei der Paris-Olympiade angekommen“ seien. Die Pappbetten sollen demnach verhindern, dass sich Mann und Frau während des Events zu sehr näherkommen.
Das Organisationskomitee widersprach natürlich. Die Wahl der Möbel sei mit dem Bestreben verbunden, „eine minimale Umweltbelastung und ein zweites Leben zu gewährleisten“, sagte ein Sprecher. „Die Qualität der Möbel wurde strengen Tests unterzogen, um sicherzustellen, dass sie robust, bequem und für alle Sportler geeignet sind, die sie nutzen werden und die ein sehr breites Spektrum an Körpertypen abdecken – vom Turner bis zum Judoka“. Die Betten könnten an unterschiedliche Körpergrößen angepasst werden. Die Matratzen seien in verschiedenen Härtegraden erhältlich. Immerhin das.
Nr. 260 vom 23. Juli 2024, Seite 22
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