Ein Sieg abseits der Strecke
Start in ein neues Abenteuer: Magdeburgs Automobil-Rennprofi Dominique Schaak zieht zur Halbzeit der europäischen Nascar-Serie eine persönliche Zwischenbilanz.
Von Rudi Bartlitz
Deutschlands Top-Sprinterin Gina Lückenkemper hat jetzt bei Olympia einmal vorgerechnet, dass sie bei ihren rund 20 Starts im Laufe eines Jahres auf eine reine Wettkampfzeit von etwa zwei Minuten kommt. Der Rest ist: Training, Training, Training. Wenn Sachsen-Anhalts einziger Profi-Automobilrennfahrer Dominique Schaak dieser Tage von zwei Monaten Sommerpause berichtet, in denen er sich gerade befindet, tritt wohl ein ähnlicher Effekt ein – da würde so manch anderer Berufssportler sicher gern tauschen und sofort zugreifen. Doch auch für den 33-Jährigen gilt: Training ist (fast) alles. Und damit sind gar nicht einmal unzählige Runden in den schnellen Boliden auf den Rennstrecken Europas gemeint, da geht es zuallererst um die eigene körperliche Fitness. Ohne die geht, so paradox es für den Laien klingen mag, im Automobilsport nichts.
Wie wichtig sie ist, hat Schaak – den die KOMPAKT Zeitung seit Jahren auf seinen Stationen begleitet – gerade erst beim Rennen im holländischen Venray zu spüren bekommen. Als er aus seinem Chevrolet Camaro stieg, glaubte er zunächst, sich im Wagen mittlere Verbrennungen an den Füßen zugezogen zu haben. Teile der Schuhe schienen regelrecht weggeschmolzen zu sein. Derart hohe Temperaturen herrschten im Fußraum des Cockpits. Und die brennende Hitze setzte dem ganzen Körper zu. Wer da nicht fit ist …
Seit dieser Saison steuert der Magdeburger einen Chevrolet Camaro in der Nascar-Serie. Im schon etwas reiferen Fahreralter wagt er noch einmal so etwas wie einen Neustart. In jener legendenumwobenen US-amerikanischen Rennserie, die auch 2024 wieder ein Gastspiel in Europa gibt. Doch halt, ganz so neu, wie es sich schnell dahinschreibt, ist Nascar für Schaak nicht. Bereits im vergangenen Jahr war er einmal in eines der fast sechs Meter langen Geschosse geklettert. Als Lokalmatador bei einem Nascar-Gaststart in der heimischen Motorsport Arena in Oschersleben. Da hat er Blut geleckt …
Für ihn ist das wie eine Rückkehr zu den Wurzeln des Motorsports „Das ist Racing pur“, erklärt Schaak. In der Musik würde man dazu wohl sagen: unplugged. „Deshalb habe ich einst angefangen, Rennen zu bestreiten. Hier zählt noch der Kampf Fahrer gegen Fahrer. Hier zählt noch, mehr als in anderen Klassen, das Können und Geschick der Piloten. Hinzu kommt die direkte Nähe zu den Fans und das ganze Spektakel rund um die Rennen.“
Als KOMPAKT ihn dieser Tage zu einer Art Halbzeitbilanz traf, ist von einem Abflauen der Begeisterung nichts zu spüren. „Na klar, ich bin noch ein Neuling in der Serie. Aber es macht weiter Spaß, zumal ich mit dem Auto mittlerweile immer besser zurechtkomme.“ Rein sportlich räumt er eine, wie er es nennt, „absolute Qualifying-Schwäche“ ein. Soll heißen: Daran gilt es vor allem zu feilen, denn: „Im Speed kann ich mit den Top Acht mithalten“. Wenn es allerdings darum geht, sich in der Qualifikation mit guten Zeiten einen der vorderen Startplätze zu ergattern, fehlt es noch. Vor allem mit dem Reifen-Management hat er seine Probleme: „Da büße ich jedes Mal Sekunden ein.“ Deshalb spricht er, beim Blick auf die bisherigen Ergebnisse, von einer „durchwachsenen Bilanz“. Heißt konkret: Im Ranking ist er Siebzehnter von 30 Fahrern. Bei den Rookies, den Neueinsteigern also, sieht es schon um einiges besser aus, da belegt er Platz vier unter den elf Debütanten.
Mit der Erfahrung von inzwischen sieben Rennen bekräftigt Schaak, was er schon im Frühjahr vorausgesagt hatte: Für ihn und seine Mitstreiter in den anderen Boliden (neben Chevrolet gehen noch Ford und Toyota an den Start) bedeuten die Nascar-Autos brutal harte körperliche Arbeit. Mehr als in anderen Serien. „Wir haben keine Traktionskontrolle, kein ABS. Geschaltet werden muss mit der Hand mit Zwischengas.“ Konkret heißt das: Der Magdeburger sitzt 2024 in einem Chevrolet Camaro V8, dessen Schaltung nur über vier Gänge verfügt. Besaß Schaaks vorheriger Wagen, ein Mercedes AMG, auf dem Lenkrad noch 13 Knöpfe, die es in den jeweiligen Situationen zu bedienen galt, ist jetzt nur noch einer übriggeblieben.
Beim Camaro handelt es sich um ein Auto, das 1.200 Kilo wiegt, etwa 500 PS entwickelt und auf dem Tacho Geschwindigkeiten bis zu 270 Stundenkilometer anzeigt. Die Kosten des Fahrzeugs mit einem Verbrauch von etwa zwei Litern pro Kilometer (!) bewegen sich im unteren sechsstelligen Bereich. Und noch zwei Dinge sind symptomatisch: „Der Wagen verzeiht keine Fehler. Einmal etwas richtig falsch gemacht – und du kannst den Ausgang des Rennens vergessen. Hinzu kommt der fast unerträgliche Lärm, den der V8-Motor erzeugt. Am Ende bist du erst einmal eine Weile nahezu taub.“
Selbst, wenn der Abstand zu den Plätzen auf dem Podest wohl auch in der zweiten Saisonhälfte sehr weit sein wird, seinen größten Triumph feierte Schaak in diesem Jahr ohnehin schon. Und zwar abseits der Asphaltstrecken. Im Juli gaben er und seine Mandy sich auf dem Magdeburger Standesamt das Ja-Wort. „Jetzt tragen meine Frau und unsere Tochter Mia meinen Namen, ich bin rundum glücklich.“ Mit 80 Gästen wurde anschließend im Hotel direkt neben seiner Heimatrennstrecke, dem Arenapark in Oschersleben, gefeiert. Und wo andere Neu-Ehemänner ihre Traumfrau über die berühmte Türschwelle heben, zeigte sich der Auto-Pilot durch und durch stilgerecht: Er trug seine Mandy über die Ziellinie des Motorparks.
Nr. 261 vom 6. August 2024, Seite 31
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