Standpunkt Breiter Weg: Brandmauer-Gefängnis
Weder bei der Landtagswahl in Thüringen noch der in Sachsen gab es große Überraschungen bei den Wahlergebnissen. Und nun sitzt allen voran die CDU in ihrem gezimmerten Brandmauer-Gefängnis. Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse, weder mit der AfD noch mit der Links-Partei eine Zusammenarbeit einzugehen, macht die Regierungsbildung in beiden Ländern zu einem Vabanquespiel.
Um die AfD von einer Regierungsbildung auszuschließen, wird das Bündnis Sarah Wagenknecht als möglicher Gesprächspartner ins Spiel gebracht. In beiden Ländern erreichte das BSW zweistellige Ergebnisse. Für die CDU wird das zu einer inneren Zerreißprobe. Vor allem Stimmen aus den Westländern kritisieren ein mögliches Zusammengehen mit der Wagenknecht-Partei. Immerhin sei diese mal Vorsitzende der Kommunistischen Plattform der Linken gewesen. Auch die Forderung Wagenknechts, die Einstellung von Waffenlieferungen an die Ukraine zur Bedingung von Verhandlungen zu machen, schmeckt manchem CDU-Mitglied nicht.
Die eigentliche Krux für die CDU muss langfristig gesehen werden. Laut Wählerstimmen setzten in beiden Bundesländern rund 60 Prozent der Wähler auf konservative Politikansätze. Die Planspiele der AfD-Kontrahenten zwingen die CDU möglicherweise dazu, eine Koalition mit eher linken Parteien einzugehen bzw. sich in Thüringen als Minderheitsregierung vom Noch-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow tolerieren zu lassen. Letztere Variante setzt jedoch voraus, dass sich alle Parteien im Parlament auf einen MP-Kandidaten einigen könnten und diesen auch wählten. Im dritten Wahlgang kann Landeschef werden, wer die einfache Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt. Enthaltungen wären da kontraproduktiv.
Doch welches Signal sendeten die Parteien an die Mehrheit der Wählerschaft: Egal, wen ihr wählt, wir schaffen Regierungen, die uns schmecken. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass bei späteren Wahlen diese Taktik eher der AfD in die Hände spielt. Und die CDU könnte sich möglicherweise ähnlich auf eine Abwärtsspirale wie die SPD begeben.
Sind die Wähler und die Mehrheit der Mitglieder der AfD nun rechtsextrem? Sicher nicht. So wie ein Bodo Ramelow in seiner zehnjährigen Amtszeit als Linker kein einziges Unternehmen enteignet hat, wird die AfD wohl kaum „Sturmabteilungen“ oder „Schutzstaffeln“ initiieren. Befremdlich ist eher die westdeutsche Sicht auf das Wahlverhalten der Ostdeutschen. Während letztere eher Ausdruck einer gesamteuropäischen Normalität bei Wahlen zeigen, stößt dieses in der westdeutschen Deutungshoheit auf Unverständnis. Die permanente Bezeichnung der Ossis als zurückgebliebene Abweichler wird in den Ost-Ländern eher befeuern, noch mehr Trotzhaltung bei Wahlen an den Tag zu legen.
Das Dilemma bleibt die Brandmauer. Während heute sogar die vorrangig linke Ampel zur Migrationspolitik ähnlich politische Slogans nutzt, für die einst die AfD an den extremistischen Pranger gestellt wurde, haben sich alle auf den Feind von rechts eingeschossen. Die CDU lässt sich im Koalitionspoker indes weiter nach links ziehen. Die heute so als gefährlich gebrandmarkten Rechten werden zu einem wachsenden Teil in ihrem Erfolg von linker Politik befeuert.
Thomas Wischnewski
Nr. 263 vom 10. September 2024, Seite 2
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