Römers Reich: Männerbeauftragte

Gleichberechtigung ist ein besonders wichtiges Thema. Deshalb wird oft darüber berichtet und es gibt jede Menge politische Appelle oder gar Gesetzesinitiativen. Bereits am 15. November 1994 wurde auf Empfehlung der Verfassungskommission der Artikel 3 des Grundgesetzes um eine Staatszielbestimmung ergänzt. Demnach soll der Staat die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirken. Das ist ein gutes Ansinnen. Inzwischen hat sich der Frauenanteil an deutschen Hochschulen positiv entwickelt. Betrug der Anteil 1990 noch 36,71 Prozent ist er im vergangenen Jahr auf 56,71 Prozent gestiegen. Frauen mit einer akademischen Laufbahn haben also vor den Männern längst die Nase vorn.


Viele Trends schwappen bekanntlich aus den USA zu uns herüber. Dort hat die Förderung von Frauen inzwischen einen akademischen Anteil von knapp 60 Prozent erzeugt. Das Verhältnis hat sich also umgekehrt. Und noch ein Faktor ist im Vergleich von männlichem und weiblichem Geschlecht wichtig. Im Durchschnitt haben Frauen gegenüber Männern eine um etwa fünf Jahre längere Lebenserwartung. In den USA zeigt sich, dass Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen im Schnitt 8,5 Jahre länger leben als jene zwei Drittel der Amerikaner ohne Hochschulabschluss. Nach einer Untersuchung der Ökonomen Anne Case und Angus Deaton wächst die Kluft zwischen Schulabgängern und Absolventen mit Studienabschluss brutal und hat sich verdreifacht. Verlierer sind ausschließlich die Männer. In einer weiteren Studie zeigen dieselben Forscher, dass vorrangig Männer Suizid begehen. Drei von vier Opfern sind Männer. Vor allem viele Weiße verüben Selbstmord, sterben an einer Drogenüberdosis oder an Alkoholmissbrauch. Die Perspektivlosigkeit in ehemaligen Industrierevieren gilt hier als häufigste Ursache.


Ein weiterer amerikanischer Ökonom, Nicholas Eberstadt hat herausgearbeitet, dass sich etwa 7 Millionen Männer zwischen 25 und 54 Jahren vom Arbeitsmarkt verabschiedet haben. Es sei also kein Wunder, dass sich viele junge Männer Donald Trump zuwenden würden, während junge Frauen konstant Demokraten wählten. Denkfabrik-Gründer Richard Reeves sieht keine Hinweise, dass Männer gegen Gleichberechtigung wären oder sich als konservative Fundamentalisten postulierten. Sie sehen einfach ihre Interessen nicht wertgeschätzt. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris setzt mit ihrem Team darauf, schwarze und weiße Mittelklasse-Frauen für sich zu gewinnen. Insbesondere über das Wahlverhalten junger Männer wundert man sich.


Aus dem Trend in den USA kann man das Wahlverhalten hierzulande ableiten. Die Zahlen im Geschlechtervergleich und Wahlverhalten weisen daraufhin. Vielleicht braucht es bald die Einführung von Männerbeauftragten, um die nun umgekehrte Kluft in Geschlechterfragen wieder auszugleichen.


Axel Römer

Nr. 263 vom 10. September 2024, Seite 3

Veranstaltungen im mach|werk

Über uns

KOMPAKT MEDIA als Printmedium mit über 30.000 Exemplaren sowie Magazinen, Büchern, Kalendern, Online-Seiten und Social Media. Monatlich erreichen wir mit unseren verbreiteten Inhalten in den zweimal pro Monat erscheinenden Zeitungen sowie mit der Reichweite unserer Internet-Kanäle mehr als 420.000 Nutzer.