Vom Brachland zum Bildungsraum

Wie aus „SpiGroMa“ die „StadtOase InnoPolis“ wurde. In Magdeburg Buckau hat sich in den vergangenen zehn Jahren Vieles verändert. An einer Stelle blicken wir genauer auf Transformation Buckaus und trafen die Eigentümerin und Entwicklerin der heutigen StadtOase InnoPolis, Prof. Dr. Renate Girmes, auf ihrem Gelände.

Prof. Dr. Renate Girmes, Initiatorin der StadtOase InnoPolis in Buckau.
Foto: Peter Gercke

KOMPAKT: Wo wir jetzt gerade stehen, waren 2013 noch 6.700 Quadratmeter große Brache. Die zu sanieren – das macht man ja nicht jeden Tag. Wie kommt man dazu Frau Girmes?
Renate Girmes: Im Rahmen unseres Studiengangs Culture Engineering an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, dessen Leitung ich damals innehatte, haben wir viele Projekte in der Stadt realisiert. So kam es auch zur Anfrage für ein Projekt zum ‚Kulturmanagement in Buckau‘. Dabei entdeckten wir das Grundstück ‚SpiGroMa‘, ehemals ein Spielwarengroßhandel und die Frage kam auf: Kann man vielleicht hier langfristig Kulturarbeit etablieren? Nun, die damals öffentlich verfügbaren Gelder wurden dann doch anders ausgegeben, aber der Gedanke war da und ich hatte den Mut und die Lust, ihn in die Tat umzusetzen.

 

Wussten Sie, was damit auf Sie zukommen würde?
Nein, das wohl nicht. Aber die Idee, dauerhaft Kultur, Bildung, Kunst und gesellschaftlichen Austausch möglichst unabhängig von Geldgebern finanzieren und beheimaten zu können, gefiel mir. Und so habe ich einfach angefangen, dieses, auf Dauer sich selbst tragende Ensemble, zu entwickeln, was jetzt zur StadtOase InnoPolis geworden ist.

 

Frage: Man konnte zu Beginn Ihres Engagements in der Zeitung lesen, dass es unterschiedliche Vorstellungen zur Entwicklung dieses Grundstücks gab. Was waren hier wichtige Punkte?
Nun, es war eine Brache mit einer Straßenfront von ungefähr 30 Meter – insgesamt dahinter besagte 6.700 Quadratmeter Fläche. Sie bestand aus Hallen, die unterschiedlich alt waren. Einige sehr alt von 1870 in Bruchstein gebaut, andere aus den sechziger Jahren und zuletzt eben als Spielwarengroßhandel genutzt. Die Idee, die Offenheit des Objekts zur Straße und damit zur Elbe zu erhalten, also die sog. Baulücke an der Schönebecker Straße nicht zu schließen und die Hoffnung, die Bruchsteineinheiten wieder nutzbar machen zu können, sowie der Plan, Autos möglichst im vorderen Bereich des Grundstücks zu belassen, um den hinteren Bereich in einen Entfaltungs- und Denkraum zu verwandeln – das alles traf auf andersartige Vorstellungen und musste also diskutiert werden.

 

Und wie ist die Diskussion ausgegangen?
Nun, im Ergebnis wurde das Grundstück an der Straße nicht mit einem breiten Hausblock geschlossen, sondern offen belassen. Bei der noch geplanten Bebauung wird die verbleibende Öffnung irgendwann mit einem Kunstwerk ihren Abschluss zur Straße finden. Bei dieser Idee des befreundeten Architekten Horst Gröschel konnte die Stadt schließlich mitgehen. Auch beim Setzen von baulichen Akzenten, dem Vorne-Lassen von Autos war Überzeugungsarbeit nötig und hat ungewollte Baupausen bewirkt.

 

Sie haben mal gesagt, es war alles auch ein intensiver Lernprozess.
Ja, z. B. wie man mit dem Abraum, der beim Fundamenteschaffen entsteht, durch dessen Verwendung Bewegung in das Gelände bringen kann. Es lassen sich leichte Hügel und Senken gestalten und der befreundete Architekt – Martin Rudolf – hat es richtig vorausgesagt: Die so entstehende Bodenbeschaffenheit ist voller nahrhafter Mineralien und lässt jetzt tatsächlich alles so schnell wachsen, dass man fast dabei zusehen kann. Bauphysikalisch waren die 64 Zentimeter starken Bruchsteinwände eine Herausforderung und Chance, um zu verstehen, wie man sie trocken bekommt und – nicht nur dabei – mit Holzfaserdämmung und elektrisch betriebenen Carbonmattenheizungen ein wunderbares Raumklima bei niedrigen Heizkosten realisieren kann – das Know-How hierzu ist Herrn Unger von unger-diffutherm zu verdanken.

 

Und der Denk- und Entfaltungsraum – wie sieht es mittlerweile damit im Inneren der Gebäude aus?
Unsere Seminarräume und unsere Übernachtungsmöglichkeiten schaffen, so denke ich, eine ruhige, entspannte und zugewandte Atmosphäre, die allen, die hier bisher gearbeitet, gefeiert oder geschlafen haben, sehr zugesagt hat. Ich habe als Bildungswissenschaftlerin viel über Raum und Raumwirkung gearbeitet und das, was mir dabei klar geworden ist, hat bei der Ausgestaltung der Räume in der StadtOase als Orientierung gedient und wirkt.

 

Wie muss man sich die wirtschaftliche Seite dieses Projekts vorstellen?
Nun, ca. die Hälfte der Räume werden wohnungswirtschaftlich genutzt; die Tagungs- und Boardinghouse-Anteile, wie auch die Co-Working-Plätze und Coaching-Räume, finden allmählich ihre Nachfrager. Vier großzügige Gästewohnungen sind – z. B. bei Familienmitgliedern, die zu Feiern anreisen – eine willkommene Alternative zum Hotel. Dazu kommt wirtschaftlich noch die 160 kWp-Solaranlage, die mehr Strom produziert, als wir selbst im Objekt verbrauchen. All das erschafft – mittelfristig angelegt – einen gewissen wirtschaftlichen Spielraum.

 

Den Spielraum, der dann Kultur, Bildung, Kunst und Austauschaktivitäten Raum geben soll – denn das war ja der Ursprung der jetzigen StadtOase?
Genau das ist der Plan. Neben der Bildungsarbeit, die einige unserer Gäste hier bereits anbieten, ist das Bildungsunternehmen OmniMundi GmbH im Haus ansässig, dessen Geschäftsführerin ich bin. Dieses Unternehmen wird – zu seinen Vorhaben und Produkten, siehe z. B. zu www.entfalter.de, – auch eigene kulturelle und wissenschaftliche Programme sowie Tagungen und Events organisieren, um Bildung, Kultur und Austausch entfaltend zu fördern.

 

Das klingt nach einer weiteren und neuen Reihe von Projekten.
Ja, so fühlt es sich an: ‚Sich Aufgaben stellen‘ lautet ja der Titel eines meiner Bücher und es ist auch (m)ein Lebensmotto, zumal die Herausforderungen in Sachen Bildung größer sind denn je. Fast geht’s auch hier mittlerweile um sowas wie eine Brache. Und es braucht viel Engagement für deren produktive Entfaltung. Unter www.omnimundi.de lässt sich sehen, was wir da beitragen wollen.

Nr. 267 vom 5. November 2024, Seite 8

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