Standpunkt Breiter Weg:
2025 – mehr Schatten als Licht

Am 16. Januar jährt sich zum 80. Mal der Tag der Magdeburger Zerstörung am Ende des 2. Weltkriegs. Und mit dem 20. Dezember schreibt sich die Stadt nun ein weiteres Schreckensdatum ins Geschichtsbuch. Berlin, Nizza, Magdeburg, New Orleans – das ist nun die chronologische Auflistung von weltweiten Attentaten, bei denen Fahrzeuge als Tötungsmaschinen eingesetzt wurden.


Im Nachgang des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt nahmen manche Politiker den Satz in den Mund: „Wir lassen uns unsere Art zu leben, nicht nehmen!“ Der Satz ist falsch. Die Art, wie wir einst ohne Angst und Sicherheitsvorkehrungen lebten, ist Geschichte. Wer heute über den Magdeburger Alten Markt geht, kann die Gedanken über das geschehene Leid, den Mord von Menschen und die bleibenden Verletzungen nicht ausblenden. Selbst beim Queren einer Straße blickt man skeptisch auf ein herannahendes Kraftfahrzeug. Jetzt wissen wir Magdeburger, wie es ist, von einem Attentat auf das Leben Unschuldiger betroffen zu sein. Die Tat brennt sich ins Unterbewusstsein ein, nimmt Unbeschwertheit, zerstört Vertrauen, verbreitet Wut und Schwermut. Beschwichtigende Floskeln von außen helfen nicht.


Das Leben geht weiter, aber eben anders und nicht mehr so, wie wir es vor zehn Jahren noch gewohnt waren. Wir wollen keine Angst vor lebensbedrohlicher Gewalt im Innern herumtragen. Auch wenn solche fürchterlichen Taten Ausnahmen sind, reißen sie Vertrauen nieder, vor allem das in die Politik, in staatliche Institutionen und sogar das ins friedliche Miteinander.


80 Jahre liegt der 2. Weltkrieg zurück, drei Jahre lang tobt inzwischen Krieg in der Ukraine, gleichzeitig wächst die Angst davor, dass wir hierzulande Sicherheit und Frieden verlieren könnten. Die Wahlen, die am 23. Februar einen neuen Bundestag und eine andere Regierung bescheren sollen, werden diese Angst nicht aus-Merz-en können. Das Rad der Menschheitsgeschichte dreht sich 2025 offenbar nicht zum Besseren.


Mit dem sichtbaren Leid, dass sich Menschen untereinander antun, wächst hierzulande nicht nur die Sorge um Sicherheit für Leben und Gesundheit, sondern auch die um das Schwinden von Wohlstand. Die Schatten der Zeit werden länger, das Lebenslicht flackert nicht mehr so hell, wie vor einem Jahrzehnt. In uns webt sich eine gewisse Ratlosigkeit ein. Die fürs Ordnen zuständigen Politiker verbreiten in ihren Verallgemeinerungen keine Lösungen, sondern vorrangig Versprechen, die sie nicht halten können.


Mit Anbruch des Jahres 2025 wünschen wir uns gegenseitig Gesundheit, Glück und Erfolg unter einer Dunstglocke von Leid, Unglück und Abschwung. Gesichter um uns herum zeigen mehr und mehr missmutige Mienen. Die einstigen Versprechen auf eine rosige Zukunft in bunter Vielfalt und Freude haben sich unter der Realität aufgelöst. Was wir sehen können, ist, dass sich Menschen zurückziehen, ins Private, in Einsamkeit und Ängste. Leichtigkeit war gestern. Manche werden das Düstere wegreden wollen. Doch es ist wie es ist: 2025 wird wohl mehr Schatten als Licht bringen.


Thomas Wischnewski

Nr. 271 vom 14. Januar 2025, Seite 2

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