Politik mit der Keule, statt mit dem FlorettPolitik mit der Keule, statt mit dem Florett
Wie funktioniert neue Außenpolitik? Sind Donald Trumps Sätze neu? Und wie wirkt ein fliegendes Kosmetikstudio mit Annalena Baerbock an Bord auf Politiker anderer Länder? Politik praktisch erklärt von Dr. Klaus Neumann

Weltpolitisch erwarten alle eine drastische Änderung der außenpolitischen Spielregeln durch Donald Trump. Wie so mal nebenbei bemerkte er, er wolle Grönland Dänemark abkaufen, den Panamakanal wieder unter Amerikas Kontrolle stellen und Europa sollte für amerikanischen Schutz mehr zahlen.
So neu ist das alles nicht. Schon 1980 bemerkte Ronald Reagan zum damaligen Staatschef von Panama, Omar Torrijos: „Wir haben ihn gebaut, wir haben ihn bezahlt und wir werden ihn behalten.“ Der legendäre amerikanische Außenminister Henry Kissinger schärfte seiner Crew ein: „Wenn Sie Gesetzentwürfe machen, denken sie daran, wie es in dem Land in fünfzehn Jahren aussieht.“ Nichts anderes macht Trump, wenn er an Grönland im Klimawandel denkt. Wir denken zwar pausenlos an die Folgen des Klimawandels, aber weder Dänemark noch die EU haben die geopolitischen Dimensionen so richtig erkannt. Sonst hätten wir uns wohl schon mal etwas mehr um die 57.000 Grönländer gekümmert.
Amerikanische Außenpolitik war schon immer von der Dominanz der eigenen geopolitischen Lage als große Insel bestimmt. Europa spielte da keine Hauptrolle. Die Amerikaner passten immer nur auf, dass es zwischen Deutschland und Russland zu keiner tiefgreifenden Kooperation kam. George Friedman (Denkfabrik „Stratfor Global Intelligence“) hat vor einigen Jahren dazu gesagt, dass jede US-Regierung die Verhinderung einer deutsch-russischen Allianz als oberstes strategisches Ziel betrachte. Ein solcher Block sei der einzige, der als alternative Weltmacht in der Lage sei, den Amerikanern ihre dominante Stellung streitig zu machen. Nun, zumindest mal ein unbeabsichtigter Ausrutscher in die Wahrheit. Das kommt in der Außenpolitik ja sehr selten vor.
Da lohnt es sich doch einmal, etwas genauer hinzuschauen: Was ist denn eigentlich Außenpolitik? Nun, nicht Innenpolitik, das dürfte erst mal klar sein. Da beschäftigt man sich eher mit den Streitigkeiten im eigenen Beritt. Obwohl, als Egon Bahr mit der DDR den Grundlagenvertrag verhandelte, war es für die SPD Innen- und für die CDU-Außenpolitik. Denn es kam darauf an, ob man die DDR als Staat oder als Teil der Bundesrepublik sah. Aber zurück zum Glamour der Diplomaten.
Das aalglatte Parkett der „Dealmaker“
Nein, Außenpolitik, das war schon immer der Geruch der großen weiten Welt, der hohen Schule der Diplomatie und das aalglatte Parkett der „Dealmaker“. Empfänge, persönliche Gespräche und das Luxusleben zwischen den Regierungsjets und den Traumvillen gehörte dazu. Diplomat zu sein war nicht Beruf, sondern Berufung. Eine solide Ausbildung in Politikwissenschaften und die perfekte Beherrschung mehrerer Fremdsprachen war selbstverständlich.
Große Außenpolitik gab es bei Metternich und Bismarck und auch ein wenig bei Kissinger. Der letztere hatte die beiden ersteren in Harvard studiert und auch darüber promoviert. Schon zu Kissingers Zeiten, als Sicherheitsberater und später als Außenminister, war amerikanische Außenpolitik immer von einer erfrischenden Freizügigkeit, allen alles zu versprechen, geprägt. Kissinger wusste um die große Bedeutung der Presse. Während seiner Reisen war der hintere Teil seiner Präsidentenmaschine Boeing 707 für 14 hochrangige Journalisten eingerichtet.
Mit engsitzender Hose vor Syriens neuem Machthaber
Nun, die deutsche Außenpolitik hat da etwas gelitten. Bei Frau Baerbock gab es wohl eher ein Kosmetikstudio, eine Sonnenbank und einen Friseursalon im Flugzeug. Vorteilhafter wäre ein Sprachlehrkabinett gewesen, denn von Annalena Baerbock wird wohl insbesondere der kreative Umgang mit der englischen Sprache im Gedächtnis der Mächtigen in der Welt bleiben. Kabarettisten spötteln, dass sie einen neuen Dialekt dem Englischen hinzufügen konnte: Neben „standard oxford englisch“ gibt es seit der Ampel das „Baerbock englisch“. Frau Baerbocks feministische Außenpolitik hinterlässt anscheinend insbesondere in den arabischen Staaten eindrucksvolle Spuren. Als sie mit engsitzender Hose dem neuen syrischen Machthaber Ahmed al-Scharaa demonstrativ die Hand entgegenstreckte, (während der französische Minister nur die Hand auf das Herz legte, um dann einen kurzen Handschlag zu wagen), zeigte sich das ganze Feingefühl deutscher Außenpolitik. Mit einem Monolog über westliche Werte und einen Kurzlehrgang in Demokratie hat man dann eine wirklich gute Ausgangsposition, um ernst genommen zu werden und als anerkannter Gesprächspartner zukunftsweisende Verhandlungsergebnisse zu erzielen.
Hilflosigkeit selbstgerechter Ideologen
Was sagte Egon Bahr: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten.“ Oder Kissinger zur Einforderung von Menschenrechten in totalitären Staaten: „Warum sollte es unser Problem sein, wie sie sich selbst regieren?“ Zunehmend wird die Außenpolitik mit der Keule statt mit dem Florett praktiziert. Schon Kissinger fing an, als Sicherheitsberater das gesamte amerikanische Außenministerium zu umgehen und erledigte lieber mit einer kleinen Gruppe von Experten die Friedensgespräche in Vietnam und nach dem Yom Kippur Krieg.
So neu sind also die Eskapaden von Donald Trump gar nicht. Und der Aufschrei in der Presse zeigt nur die Hilflosigkeit von selbstgerechten Ideologen, die sich nie mit der Wirklichkeit der Beziehungen zwischen Staaten beschäftigt haben.
Literatur-Tipp:
Zum Weiterlesen Literatur für Interessierte (allerdings schwere Kost auf .500 Seiten, aber lohnenswert): Walter Isaacson: „Kissinger“, Finanzbuchverlag, 2. Auflage 2024, über onleihe-Bibliothek kostenlos verfügbar
Nr. 272 vom 29. Januar 2025, Seite 4/5
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