Römers Reich: Das Richtige falsch machen

Nun ist die Wahl zum nächsten Bundestag nicht mehr weit. Und ich möchte an Sie, liebe Leserinnen und Leser, appellieren, auf keinen Fall die falsche Partei zu wählen. Man gerät ja heute schnell bei den Richtigen unter den Verdacht, sich an der Wahlurne falsch entschieden zu haben. Dem CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ist das kürzlich passiert, weil ihm die Richtigen bei seinem Zuwanderungsbegrenzungsgesetz nicht zustimmen wollten. Ergo ist er jetzt ein Falscher.

 

Wie das zu verstehen ist, will ich erklären: Das Richtige wird nicht dadurch falsch, dass auch Falsche dem Richtigen zustimmen. Wenn einige Richtige dem Richtigen nicht zustimmen, weil sie sich vor den Falschen fürchten, richten diese Richtigen über das Richtige und helfen den Falschen. Bleiben die Richtigen das Richtige schuldig, tun die Falschen das Richtige.

 

Aber es bleibt, wie es ist: Natürlich liegen die Falschen immer falsch und die Richtigen stets richtig. Da kann eben keiner aus seiner Haut. Schlimm ist allerdings, dass die CDU-Leute wegen ihrer gemeinsamen Sache mit der AfD im Bundestag sich endlich als waschechte Nazis entpuppt haben. Jedenfalls tönten das stimmgewaltige Chöre von der richtigen Seite. Wenn ich mich zu Hause immer der Meinung meiner Frau anschließe, kann ich als Mann gar nichts falsch machen. Heute nennt man so etwas auch Gleichstellung. Früher sagte man: Männer, die behaupten, sie hätten zu Hause die Hosen an, lügen auch bei anderen Gelegenheiten.

 

Nicht, dass Sie mich hier falsch verstehen: Es sind nicht nur solche Wähler auf dem falschen Weg, die die AfD unterstützen, sondern auch jene, die Linke oder Grüne wählen. Wer SPD wählt, kann eigentlich auch nichts richtig machen. Und bei der längsten deutschen Kanzlerpartei aller Zeiten ein Kreuz zu setzen, ist nicht nur ein bisschen falsch. Stimmen Sie keinesfalls für die FDP, dann machen Sie schon einmal alles richtig. Und dem BSW, den Freien Wählern oder einer der vielen anderen politischen Richtungen die Unterstützung zu gewähren, soll ja ebenfalls eine verschenkte Stimme sein. Machen Sie am 23. Februar gar kein Kreuz und schwänzen die Wahl, das kann gewiss nicht richtig sein. Sie nehmen dann nämlich nicht an der demokratischen Wahl teil, obwohl das Ihr gutes Recht ist. Aber Recht kann ganz schnell ins Unrecht umschlagen. So manches Gesetz wurde schon vom Bundesverfassungsgericht kassiert, weil eine neue Rechtssetzung das Falsche erzeugt hätte.

 

Es ist schwierig, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Gottlob gibt es Besserwisser, die gern sagen, wie man alles richtig zu verstehen hätte. Weil Besserwisser alles besser wissen, werden sie aber nicht gemocht. Allerdings wissen das Besserwisser besser. Also, fischen Sie um Himmelswillen weder am rechten noch am linken Rand und schon gar nicht in der Mittebrühe, sonst machen Sie am Ende alles richtig falsch. 

 

Axel Römer

Nr. 273 vom 12. Februar 2025, Seite 3

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