„Verwurzelt in der Region“

70 Jahre Handball in Magdeburg – unter diesem Slogan steht 2025 das Geschehen beim Deutschen Meister. Über Traditionen und deren Wert für Gegenwart und Zukunft des SCM sprach KOMPAKT mit Geschäftsführer Marc Schmedt.

 

KOMPAKT: Bei Jubiläen gehört es sich zunächst, dass man dazu herzlich gratuliert. Wir tun es verbunden mit der Frage, ob dies denn auch mit einer zünftigen Feier verbunden sein wird, und wo und wann sie stattfindet.

 

Marc Schmedt: Wir werden das Jubiläum am 2. März in der Getec-Arena beim Bundesliga-Heimspiel gegen den VfL Potsdam gemeinsam mit unseren Fans begehen. Dies scheint uns ein würdiger Rahmen zu sein. Wir erwarten dazu eine Reihe von Spielern, die einst dazu beitrugen, den Ruf des Magdeburger Handballs zu begründen und ihn später in die Welt trugen. Zudem haben wir uns einige zusätzliche Überraschungen ausgedacht.

 

Über die Jahrzehnte gesehen, worin besteht denn eigentlich das Erfolgsrezept – um das Wort Geheimnis einmal zu vermeiden – des Magdeburger Handballs? Eines Klubs, der in zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen erfolgreich war – und ist.

 

Ich würde drei entscheidende Phasen nennen. Zum einen die vor der Wende. Da war – natürlich neben der Handballbegeisterung der Magdeburger – die Unterstützung wichtig, die der SC Aufbau und später der SCM durch die Schwermaschinenbau-Industrie der Stadt erfahren haben. Hinzu kam, dass zur richtigen Zeit die richtigen Personen zur Stelle waren. Ich nenne da stellvertretend nur Meistertrainer Klaus Miesner.

 

Betrachten wir die Zeit unmittelbar nach der Wende. Da gelang es dem SCM als einen der wenigen Vereine der ehemaligen DDR im neuen Gesellschaftssystem den Standort weiter zu erhalten. Das war, wenn man auf die anderen einstigen DDR-Klubs schaut, fast einzigartig. Nicht unterschätzt werden darf, dass in jene Zeit auch die Planung und Fertigstellung der Bördelandhalle (1997, d. Red.) fiel. Ohne sie wäre später vieles nicht möglich gewesen. In den Jahren zwischen 2000 und 2002 gelang es dann, sich mit der deutschen Meisterschaft und dem Gewinn der Champions League an die absolute Spitze zu kämpfen.

 

Als Drittes würde ich sehen, dass es uns auch nach einer für den Club schwierigen Situation in den Jahren zwischen 2007 und 2010 gelungen ist, den Standort nicht nur zu erhalten, sondern Stück für Stück wieder in die Weltspitze zurückzukehren.

 

An Personen ließe sich das Gesagte doch sicher auch festmachen.

 

Ja, unbedingt. Ich nehme nur einmal die Trainer. Klaus Miesner, Alfred Gislason und Bennet Wiegert stehen quasi exemplarisch für die sportlichen Erfolge in diesen drei historischen Phasen.

 

Die Frage erübrigt sich fast: Welche Rolle spielt für Sie als Geschäftsführer eines der heute führenden Handballklubs der Welt die Tradition?

 

Sie besitzt einen ganz großen Stellenwert. Was in Magdeburg immer da sein wird, ist eben diese Verbundenheit mit dem Verein durch seine Geschichte, durch die sportlichen Erfolge der vergangenen Jahrzehnte. Weil man sich so immer auf eine breite Zustimmung der Bevölkerung und regionalen Unternehmen verlassen kann. Diese Verwurzelung in der Region ist in gleichem Maße die Basis für die sportliche Entwicklung der letzten Jahre. Das zeigt sich auch an unserer Kundenstruktur: den Fans, den Dauerkartenbesitzern, den Sponsoren. Diese Struktur ist und bleibt regional geprägt. Und das wiederum hat eben viel mit der Historie zu tun.

 

Einmal weg von der Tradition: Was können die Anhänger denn im Jubiläumsjahr vom SCM auf dem Parkett erwarten?

 

Selbst dazu gehört zunächst ein kurzer Blick zurück. Nach Olympia, der fehlenden Pause im Sommer und der großen Verletzungsmisere sind wir – wenn wir den DHB-Pokal ausnehmen, wo wir knapp ausgeschieden sind – in den beiden wichtigsten Wettbewerben Meisterschaft und Champions League noch bei der Musik. Das ist positiv. In der Meisterschaft sind wir aktuell nach Minuspunkten hinter Melsungen Zweiter. Wir haben die Chance und wollen die nutzen, in beiden Wettbewerben so weit wie möglich zu kommen.

 

Vielleicht doch noch einmal ein kurzer Sprung in die Historie. In den ersten zehn SCM-Meisterteams standen, das konnte gar nicht anders sein, ausschließlich Akteure aus der DDR, viele sogar aus der Region. Heute umfasst der 19-köpfige Kader des SCM außer vier Deutschen 15 Spieler aus sieben Nationen.

 

Wenn man das bewertet, muss man natürlich die Entwicklung des Handballs über die Jahrzehnte sehen. Zu DDR-Zeiten waren Ausländer in den Klubs ohnehin illusorisch. Heute haben wir das europäische Arbeitsrecht, die Freizügigkeit. Hinzu kommt, dass wir die stärkste Liga der Welt haben, also die stärksten Spieler der Welt hierherkommen wollen. Das ist eine logische Konsequenz.

 

Aber ganz auf deutsche Spieler verzichten möchten sie jedoch auch nicht?

 

Natürlich nicht. Wenn ein Spieler aus Magdeburg kommt und über die gleiche Qualität verfügt wie ein ausländischer Konkurrent, hat er immer einen Vorzug. Am Ende entscheidet aber immer die sportliche Leistungsfähigkeit. Lassen sie mich noch eines hinzufügen: Wir haben im Handball bei Spielern in der Regel eine viel längere Verweildauer in den Vereinen als beispielweise im Fußball, da kann sich eine Bindung zum Publikum gut entwickeln. Ein Joel Abati ist auch nicht in Magdeburg geboren, und der wird mit unserer Stadt verbunden wie kein zweiter. Die persönliche Bindung ist entscheidend. Ein Michael Damgaard ist jetzt zehn Jahre hier, Christian O’Sullivan neun. Oder wie lange waren ein Marko Bezjak oder Bartosz Jurecki hier!

 

Wenn der Geschäftsführer anlässlich des Club-Jubiläums einen Wunsch frei hätte, wie sähe der aus?

 

Da wünsche ich mir natürlich zum einen, dass der SCM auch in Zukunft eine Top-Adresse im internationalen Handball bleibt. Und zum anderen, dass wir in Deutschland wieder stabilere wirtschaftliche Verhältnisse bekommen. Denn sie bilden die Grundlage für den Sport. Das gilt für den Dauerkartenkunden, der sich seine Karte weiter leisten können muss, ebenso wie für die Unternehmen, die den Sport maßgeblich finanzieren. Mein Wunsch also: stabile gesellschaftliche Verhältnisse und – das mag pathetisch klingen – angesichts der derzeitigen internationalen Lage einen wirklichen dauerhaften Frieden.

 

Das Gespräch führte Rudi Bartlitz

Nr. 273 vom 12. Februar 2025, Seite 22/23

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