Quo vadis, Handball?
Die Zukunft des schnellen Mannschaftssports scheint bei Olympia nicht mehr gottgegeben. Selbst der Weltverband IHF äußert Besorgnis. | Von Rudi Bartlitz

Rappelvolle Hallen in den Hochburgen, knisternde Spannung in der Meisterschaft, viele internationale Stars in der stärksten Liga der Welt. Die Reihung ließe sich fortführen: Erfolge nicht nur in den internationalen Klub-Wettbewerben, sondern zuletzt auch bei Olympia. In Deutschland müssen sich die Anhänger des Spiels mit dem kleinen Ball zuweilen vorkommen wie in einem Schlaraffenland, einer Märchenwelt. Alles paletti. Handball-Herz, was willst du mehr?
Allerdings stellt sich unter Experten eine Frage in jüngster Zeit immer häufiger: Leben wir zwischen Flensburg und Göppingen eventuell in einer Idylle? In einer Blase gar? Denn jenseits der deutschen Grenzen sieht es um eine der schnellsten Mannschaftssportarten der Welt gar nicht so gut aus. Selbst dieser Umstand könnte – frech nach dem Motto „Was interessiert mich fremdes Leid“ – ignorant weggewischt werden, wären da nicht sogar Warnrufe von allerhöchster Stelle, dem Weltverband. Die IHF nämlich, die eigentlich ein Gralshüter der Würde und des Ansehens ihrer Sportart sein soll. Und das jahrzehntelang auch war. Aber jetzt kommen selbst von dieser Stelle erste Warnzeichen.
In ihrer offiziellen Schrift, dem „Tech-Magazin“, spricht die IHF jetzt von „Grund zur Besorgnis“, was „den internationalen Status des Handballs“ betreffe. Im Klartext gesprochen würde dies in der Frage gipfeln: Droht dem Handball in der Halle in absehbarer Zeit sogar das Olympia-Aus? Weil die Absicht der Ringe-Herren unübersehbar ist, das Feld traditioneller Sportarten bei den Spielen Stück für Stück auszudünnen, um Platz zu schaffen für weitere sogenannte Mode- und Trendsportarten.
In einer Analyse des olympischen Turniers von Paris gelangt der Verband zu dem Schluss: „Von den Teams außerhalb Europas hat nur Ägypten eine realistische Chance auf das Erreichen des Halbfinals und somit auf den Kampf um die Medaillen (IOC Kriterium)”, heißt es dort über den Männer-Handball. Noch düsterer sieht es bei den Frauen aus, wo sich alles nur um Europa ranke. Damit würde nolens volens dem IOC in die Hände gespielt, das die Verbreitung einer Sportart auf möglichst vielen Kontinenten und in vielen Ländern als ein entscheidendes Kriterium dafür sieht, auf lange Sicht in der olympischen Familie verbleiben zu dürfen.
„Ich liebe die Bundesliga. Aber wo wird unser Sport in zehn Jahren sein? International. Global. Was ist die Vision?”, fragt Handball-Legende Stefan Kretzschmar in den Sozialen Medien seine Follower. Schon im April 2024 sickerte durch, dass Saudi-Arabien nicht mehr die Klub-WM ausrichten wird und auch von einer geplanten Durchführung der WM Abstand genommen hat. „Wenn die Saudis sich zurückziehen, heißt das übersetzt, dass unser Sport dort keine Relevanz hat und global keine Relevanz hat”, sagte Kretzschmar damals. Schließlich sei Saudi-Arabien aus rein sportlicher Sicht ein Fenster für den Handball in die arabische und afrikanische Welt. „Dieses Fenster wird geschlossen, wenn sie sich für uns nicht mehr interessieren. Da wir eh schon ein Problem haben, ein globaler Sport zu bleiben, ist das keine gute Nachricht für uns als Sportart allgemein.”
Neben Deutschland verfügt der Handball höchstens in einer Handvoll nord- und westeuropäischer Staaten über einen prosperierenden Markt. Von einem weltweiten Produkt kann mitnichten die Rede sein. „Schafft sich eine Sportart ab?“, fragte die „Frankfurter Allgemeine“ dieser Tage zugespitzt. „Ein paar kluge Köpfe haben erkannt, dass es mittelfristig ums Überleben geht und die Geburt der Globalisierung im Geiste des Handballs nötig ist. Nicht zuletzt, um Handball den olympischen Status über 2032 hinaus zu sichern. Die Visionen drehen sich nicht so sehr um Afrika oder Asien, sondern zunächst um die USA. Man kann aus vielerlei Gründen bezweifeln, dass sich das Land für den Handball öffnet. Es wäre aber fahrlässig, den Versuch zu unterlassen.“
Einen neuen Hoffnungsfunken gibt es allerdings für die IHF. Mit Blick auf die globale Bedeutung der Sportart könnte Beach-Handball zu einer Trumpfkarte werden. Die Variante im Sand durfte sich 2024 am Rande der Spiele von Paris präsentieren. Blickt man bei den „Sand-Handballern“ auf die Medaillen bei den Weltmeisterschaften, dann ist plötzlich jene erwünschte Internationalität auszumachen. Brasilien stellt sowohl bei den Männern als auch auch bei den Frauen ein Topteam mit jeweils sieben Medaillen, die letzte gab es 2022. Ägypten holte bei der Premiere 2004 bei den Männern schon einmal Gold, Katar (2014, 2016) zweimal Bronze. Bei den Frauen schlägt dieses Jahr Silber für Argentinien zu Buche. Neben einer geringeren Mannschaftsstärke wäre das ein zweiter Pluspunkt gegenüber dem Hallenhandball.
Das wird freilich all jene Unternehmen und Aktive (und natürlich Zuschauer) letztlich kaum trösten, die dem traditionellen Handball verhaftet sind. Doch auch dem Spiel unterm Dach könnte sich urplötzlich eine völlig neue Perspektive eröffnen – Handball als Bestandteil der Winterspiele! „Um die Spiele aufrechtzuerhalten, müssen wir wachsen – nicht nur finanziell, sondern auch in Bezug auf Reichweite und Relevanz. Kommerzielle Partner und Fernsehsender wollen eine Modernisierung”, mahnt der Brite Sir Sebastian Coe, der als einer der aussichtsreichsten Nachfolger als IOC-Präsident gilt.
Nur noch zehn Länder sind nach Berechnungen von Forschern von 2040 an überhaupt noch schnee- und eissicher genug für Winter-Olympia. Hallen-Handball könnte demgemäß auch eine Perspektive bei den Olympischen Winterspielen haben. „Einige haben sogar vorgeschlagen, das Gleichgewicht zwischen den Winter- und Sommerspielen zu überprüfen. Es gibt Sportstätten, Hallen, in denen einige Sportarten stattfinden. Theoretisch könnte man sie in eine andere Jahreszeit verlegen, vielleicht zu den Winterspielen”, hat Coe dem Sender BBC Sport erklärt. Für den Hallen-Handball müsste dann allerdings in Olympiajahren eines der jährlichen Groß-Turniere (WM, EM) entfallen. Aber einem anderen Problem könnte beigekommen werden: Gerade nach Olympia – und dem damit verbundenem Wegfall der Sommerpause – klagen Aktive und Vereine über extrem hohe Belastungen und zahlreiche Verletzungen. Dazu genügt schon ein Blick auf die Lage in den deutschen Spitzenklubs nach Olympia 2024.
Nr. 274 vom 26. Februar 2025, Seite 25
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