Gedanken- und Spaziergänge im Park: Unsicherheit innen und außen

Auf unserem letzten Spaziergang war die Bundestagswahl kaum Thema, da das Ergebnis so war, wie wir es erwartet hatten. Uns bewegte mehr, dass die amputierte Ampel zu guter Letzt noch einmal etwas für die Linientreue ihrer Bürger tun wollte. Frau Faeser und Frau Paus haben im Rahmen des Programms „Demokratie leben“ schnell noch ein Projekt ins Leben gerufen: den sogenannten „Beratungskompass Verschwörungsdenken“. Dort können Bürger sich telefonisch oder per Mail vertraulich beraten lassen, wenn sie den Eindruck haben, dass in ihrem Umfeld Personen sind, die sogenanntem „Verschwörungsdenken“ anhängen. Das Ministerium hat verschiedene Organisationen mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragt. Dazu gehören mehrere staatlich finanzierte und überwiegend linksgerichtete Institutionen wie z. B. die „Amadeu-Antonio-Stiftung“. Gerd konnte sich darüber kaum einholen: „Gibt es so etwas in einem anderen demokratischen Land Europas? Das kann doch nicht wahr sein. Leben wir wieder in der DDR oder noch früher? Gibt es wieder Blockwarte oder IMs, die staatliche Stellen über das Denken anderer Menschen informieren? Das erinnert mich an das Buch von Rolf Henrich „Der vormundschaftliche Staat“, das am Ende der DDR erschien.“
„Es scheint eine Erweiterung des Meldestellen-Gesetzes zu sein, wo man sich auch anonym über jemanden beklagen kann. Jeder Betrieb mit mehr als 50 Mitarbeitern ist zur Einrichtung einer solchen Meldestelle verpflichtet. Ich finde es schlimm, dass damit auch anonyme Denunziationen gefördert werden und die Beschuldigten so keine Chance haben dem Denunzianten gegenüber gestellt zu werden. Welch bösartiges und ehrabschneidendes Schindluder auf diese Weise getrieben werden kann, zeigte sich doch kürzlich bei dem Fall des grünen Abgeordneten Gelbhaar in Berlin.“ Gerd nickte und sagte: „Es ist aber auch ein Witz, dass ausgerechnet die Amadeu-Antonio-Stiftung mit von der Partie ist. Bekanntlich wurde sie von Annette Kahane gegründet, die selber zu DDR-Zeiten acht Jahre IM der Stasi war und sogar im Freundeskreis gespitzelt hat. Kannst du alles bei Wikipedia und im Internet nachlesen. Aber irgendwie passt es. Leider!“ „Und wer bestimmt eigentlich, was eine Verschwörungstheorie ist und was nicht? Manchmal ist es eine Frage der Zeit, dass eine sogenannte Verschwörungstheorie sich doch als Wahrheit herausstellt. Denk mal an das Mittelalter. Wer vor 1600 behauptete, dass sich die Erde um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt, wie z.B. Giordano Bruno, der konnte auf dem Scheiterhaufen landen.“ „Wenn du die Organisationen ansiehst, die die Beratungen durchführen, dann kannst du dir in etwa denken, was als Verschwörungstheorie betrachtet wird und was nicht. Kannst dich dort mal melden und sagen: ein guter Bekannter von dir würde ständig verkünden, dass die Gefahr einer faschistischen Machtergreifung in Deutschland sehr groß sei und man stets und ständig etwas dagegen tun müsse. Mal sehen, ob die das auch als eine Verschwörungstheorie ansehen würden?“ „Das spült wieder Steuergelder in die Kassen dieser NGOs.“
Getroffene Hunde bellen
Apropos Finanzierung der NGOs: Kürzlich hat die CDU eine kleine Anfrage (Bundestag, Drucksache 20/15035) mit 551 Fragen betreffs der Finanzierung und der politischen Neutralität von 17 NGOs an die Regierung gestellt. Das betrifft überwiegend links orientierte NGOs wie „Attac“, „Correctiv“, „Omas gegen Rechts“, die schon erwähnte „Amadeu-Antonio-Stiftung“ sowie verschiedene andere, den Grünen nahestehende Vereine. Die meisten davon haben nach der letzten Abstimmung im Bundestag zur Migration Demonstrationen gegen rechts organisiert, bei denen auch die CDU und Friedrich Merz kritisiert und angegriffen wurden. Daher ist die Auffassung der CDU verständlich, dass die Regierung keine ihr genehme Propaganda gegen die führende Oppositionspartei mittels Steuergelder fördern dürfe. Prompt ging bei der SPD und den Grünen ein Geschrei los, ebenso wie bei den entsprechenden Organisationen mit der Behauptung, dass die Union die Zivilgesellschaft attackiere! Auch einige Künstler und Wissenschaftler verfassten Protestresolutionen und kritisierten die Anfrage als Angriff auf die Demokratie. Warum machen diese Fragen Grüne und Rote so nervös? Sollte Merz damit etwa ins Schwarze getroffen haben? „Getroffene Hunde bellen“, meinte Gerd. „Doch was regen sie sich eigentlich so auf? Es ist doch nur eine Anfrage, keine Behauptung und erst recht keine Anklage! Wenn die Regierungsstellen diese Fragen negativ beantworten können, dann war’s das.“ Doch die SPD ist weiter empört und das frühere Antifa-Mitglied Lars Klingbeil drohte sogar mit Abbruch der Koalitionsverhandlungen, wenn die CDU auf ihren Fragen beharre. Und prompt wurde es zu diesem Thema stiller in der CDU. Obwohl die CDU jetzt fast doppelt so stark ist wie die SPD, hat man den Eindruck, dass sie im Zuge der Koalitionsverhandlungen von der SPD wie ein Tanzbär am Nasenring durch die Manege gezogen wird. Klingbeil verkündete in einer Talkshow, dass es keine Koalition geben würde, wenn Merz seinen strikten Antimigrationskurs durchsetzen wolle und Merz wurde stiller. Vor der Wahl verkündete Merz laut, dass es mit ihm keine Aufweichung der Schuldenbremse geben würde. Und jetzt? Jetzt wollen CDU und SPD gemeinsam den eigentlich schon abgewählten Bundestag wieder reanimieren, um mit den alten Mehrheiten neue „Sondervermögen“, zu Deutsch Schulden, durchzusetzen, denn im neuen Bundestag hätten sie nicht die erforderliche 2/3-Mehrheit. Merz legt eine Flexibilität an den Tag, die seine Wahlversprechen unglaubhaft machen.
Das Gegenteil eines Intellektuellen
„Ob Trumps Stellvertreter Vance so etwas meinte, als er kürzlich in Davos von Demokratiedefizit bei europäischen Ländern sprach?“, fragte ich Gerd. „Könnte sein. Aber er schien auch die Missachtung des Wählerwillens zu meinen, der sich darin ausdrückt, dass man starke konservative und rechte Parteien bewusst von jeder Regierungsverantwortung ausschließt und damit die Wünsche großer Teile der Bevölkerung negiert. Die europäischen Staatsoberhäupter schienen recht verärgert über diese Kopfwäsche und äußerten das auch, allerdings ohne sachlich dagegen zu argumentieren oder ihn zu widerlegen.“ Wir kamen noch auf Trump und das eigentümliche Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus zu sprechen. Ich empfand es als eine peinliche und unwürdige Aufführung, die dort vor laufenden Kameras ablief. „Das empfand ich auch so“, sagte Gerd. „Es schien wie eine geplante Inszenierung aus einem Mafiafilm, in der ein Geschäftspartner bewusst gedemütigt wird, um ihn gefügiger zu machen. Ich glaube aber, dass man Trump unterschätzt, wenn man ihn für dumm und für einen groben Klotz hält. Ich mag solchen Typ Mensch überhaupt nicht, er ist das Gegenteil eines Intellektuellen. Aber man sollte nicht den Fehler machen, Trump für dumm zu halten. Das ist er garantiert nicht. Er handelt nach Wildwestmanier oder wie ein Pokerspieler. Er droht und fordert lautstark hundert Prozent, bekommt am Ende fünfzig und freut sich, dass er ein Bombengeschäft gemacht hat. Mit den chinesischen Häfen an beiden Enden des Panamakanals hat es schon geklappt. Die chinesische Firma zieht sich zurück. Ich fürchte, dass unsere europäische Diplomatie Trump sehr unterschätzt und bislang nicht nach Wegen sucht, um mit ihm klarzukommen.
Schürfrechte in der Ukraine
Nach dem Eklat in Washington rief Macron ein paar Regierungschefs nach Paris. Nicht alle EU-Länder kamen! Eine gemeinsame Linie wurde nicht gefunden. Dann traf man sich in London und in Brüssel. Aber ich habe von keiner echten Alternative gehört, wie man diesen unglückseligen Krieg beenden könnte. Frau von der Leyen verkündet nur, dass 800 Milliarden Euro für weitere Rüstung bereitgestellt werden sollen. Wo wird dieses Geld überall fehlen, was da verpulvert werden soll?“ „Der Rüstungsindustrie nützt es: Eine Aktie des Rüstungskonzerns Rheinmetall war zu Beginn des Krieges vor drei Jahren etwa 100 Euro wert, heute kostet sie über 1.100 Euro.“ „Ich frage mich, ob es wenigstens den Hauch einer europäischen Friedensinitiative gibt. Als Orban im Juli in seiner Zeit als Ratsvorsitzender Putin in Moskau besuchte, hat man ihn nicht bestärkt, sondern ihn wie einen Verräter behandelt.“, sagte ich, „dabei hat er ein Gespräch versucht. Und reden ist allemal besser als schießen. Wie soll das noch enden?“ Gerd nickte: „Du kennst meine schlechte Meinung über den Möchtegern-Zar Putin. Er ist mir zuwider. Aber: Eigentlich ist sein Kriegsplan, dass es ein kurzer Blitzkrieg sein sollte, gescheitert. Es wurde statt dessen ein Ermüdungskrieg – wer hält länger durch. Da habe ich Angst um das arme ukrainische Volk. Die EU kann noch so viele Waffen liefern und sich dabei selbst ruinieren – gewonnen wird ein Krieg durch die Soldaten. Wenn der letzte ukrainische Soldat tot oder schwer verwundet ist, dann stehen immer noch ein paar hunderttausend kampffähige Russen marschbereit, notfalls verstärkt durch gekaufte nordkoreanische Kriegssklaven. Sollen dann etwa westeuropäische Soldaten für die Ukraine in den Kampf geschickt werden, wie manche faseln? Das wäre der Weltkrieg. Vielleicht ist die Idee von Trump wirklich besser, Schürfrechte in der Ukraine zu bekommen. Das würde Frieden, Arbeit und Wiederaufbau bedeuten, aber auch Sicherheit, denn die USA würden sich ihren wirtschaftlichen Besitz nicht von Putin wieder abnehmen lassen wollen.“
Paul F. Gaudi
Die Kolumnen von Paul F. Gaudi sind als Buch unter dem Titel „Der Spaziergänger“ Teil I (Nr. 1 bis 54) und Teil II (Nr. 55 bis 100) erhältlich. Erschienen ist inzwischen Teil III. Die Bücher können im KOMPAKT Medienzentrum oder im Online-Shop erworben werden.
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