Dinosaurier von der Elbe
Der Magdeburger Boxstall SES begeht im Mai sein 25-jähriges Jubiläum.

Feiern stehen in Sachsen-Anhalts Sport derzeit hoch im Kurs. Jubiläum reiht sich an Jubiläum. Erst zelebrierten die Fußballer des 1. FC Magdeburg im vergangenen Jahr die 50. Wiederkehr des Europapokal-Triumphs von Rotterdam. Dann beging der SCM im März das 70-jährige Bestehen eines der inzwischen erfolgreichsten Handballklubs der Welt. Und nun beschließen die mit zahlreichen Weltmeistergürteln geschmückten Boxer des SES-Teams diesen Reigen – mit der 25. Wiederkehr ihres Gründungstages.
Wer sich dieser Tage mit Ulf Steinforth, dem Begründer des Faustkampf-Wunders von der Elbe, unterhält, begegnet einem rundum glücklichen Menschen. „Megastolz“, sagt er, sei er auf das, was er zusammen mit seinen Mitstreitern da geschaffen habe. Entgegen vieler Unkenrufe und wohlmeinender Warnungen strampfte der heute 57-Jährige einen der erfolgreichsten Ställe des deutschen Faustkampfes aus dem Boden. Nahezu aus dem Nichts.
Als der junge Magdeburger Unternehmer irgendwann im Vorfrühling 2000 in Stendal beim Amtsgericht vorstellig wurde, um eine neue Firma registrieren zu lassen, war nicht im Entferntesten abzusehen, was daraus einmal werden sollte. Bis dahin hatte der Mann aus Sudenburg sich als Automatenaufsteller verdingt. Sport Events Steinforth, kurz SES, nannte sich das Konstrukt, das am 16. März unter der Nummer HRB 113372 offiziell ins Handelsregister eingetragen wurde. Als Tätigkeitgebiet wurde angegeben: Ausrichten von Profi-Boxveranstaltungen.
Klang gut. Aber wie das genau geht, wohin die Reise eigentlich führen sollte, welche Tücken in diesem Haifischbecken warteten, das wusste Steinforth nicht. Ja, er ahnte es wahrscheinlich nicht einmal. Es war immerhin der erste Profi-Boxstall im Osten. Der Handbuch-Bestseller „Wie leite ich erfolgreich ein Faustkampf-Unternehmen?“ war seinerzeit gerade vergriffen.
Häme und Spott seiner West-Kollegen gab es umsonst – ein Amateur, dieser Steinforth, und ein Spielautomaten-Mann obendrein. Das sage doch schon viel. Selbst sein damaliger Mentor Jean-Marcel Nartz, einer der profundesten Kenner der europäischen Faustkampf-Szene und früherer Matchmaker bei den Branchen-Riesen Universum und Sauerland, warnte: „Ulf, du wirst viel Geld verlieren.” Es drohte vermintes Gelände.
Heute, nach über 180 eigenen Veranstaltungen im In- und Ausland, gibt es SES aber immer noch. Auch dank von Weltmeistern und Weltmeisterinnen wie Robert Stieglitz, Jan Zaveck, Dominic Bösel, Natascha Ragosina, Ramona Kühne und Fabiana Bytyqi. Der Impresario selbst wurde vom deutschen Berufsboxverband zum „Manager des Jahrzehntes“ gekürt.
Die einst unerreichbar scheinende Konkurrenz ist um Längen abgehängt. Universum Hamburg, das von Groß-Gastronom Klaus-Peter Kohl geführte Unternehmen, unter dessen Flagge die Klitschko-Brüder in den Ring marschierten, ging pleite. Vom einst glorreichen Sauerland-Team, das sich mit Namen wie Ottke, Beyer und Abraham schmückte, ist nichts mehr als der Name übriggeblieben.
Ja, Steinforth lächelt verschmitzt, in der weltweiten Box-Szene sei man inzwischen „so etwas wie ein Dinosaurier, ein Urgestein“. Manchmal, so scheint es, will er dem Inhalt seiner eigenen Worte kaum glauben. Was SES erreicht habe, darauf können „nur sehr wenige Box-Ställe in der weltweiten Box-Historie oder gar in Deutschland“ verweisen. Als eines seiner Erfolgsrezepte bezeichnet er die regionale Verwurzelung des Unternehmens. Davon sei er nie abgegangen. „Ich hatte eine Reihe lukrativer Angebote, wollte aber nie weg aus meiner Heimatstadt.“
Natürlich gab es bittere Momente in der Unternehmensgeschichte, sehr bittere sogar. Als er nicht mehr wusste, ob und wie es finanziell weitergehen sollte. „In den 25 Jahren habe ich bestimmt 25-mal gesagt: Ich höre auf.“ Hinzu kam bei Steinforth 2023 eine lebensbedrohende Autoimmun-Krankheit (Goodpasture-Syndrom), die alles in Frage zu stellen schien. Corona und die Folgen bezeichnet er im Rückblick in der Boxersprache „als schwersten Tiefschlag der vergangenen 25 Jahre“. Nicht nur für SES. Die Auswirkungen der Pandemie auf das Boxen seien bis heute spürbar. Es gebe weniger Boxer und weniger Veranstaltungen. Befragt nach dem Highlight seiner Laufbahn als Promoter, nennt er ohne zu zögern die WM-Kämpfe mit Robert Stieglitz.
Und auch das sollte erwähnt werden: All seine Erfolge schaffte Steinforth über die Jahre ohne einen großen TV-Sender im Rücken. Eine zahlungskräftige Fernsehanstalt, die gilt in der Branche immer noch als eine Art Lebensversicherung. Steinforth hatte nur zeitweilig den Spartenkanal Sport1 – und von dem war, zumindest finanziell, nicht allzu viel zu erwarten.
Bis es dann 2015 zu der Allianz mit dem Mitteldeutschen Rundfunk kam. Obwohl sich ZDF und ARD aus dem Boxgeschäft verabschiedet hatten, der MDR hält an dem fürs Fernsehen wie geschaffenen Kampfsport fest. Ob es SES in 25 Jahren noch gebe, wurde Steinforth dieser Tage im Vorfeld des Jubiläums gefragt. Launisch-lakonische Antwort: „Ich kann es nicht versprechen, aber es ist zu befürchten.“ Denn Boxen sei für ihn „wie eine Sucht“.
Rudi Bartlitz
Nr. 276 vom 26. März 2025, Seite 30
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