Zwischen Poesie und Anarchie

Die Compagnie La Mandale aus Frankreich stellt beim Festival in Magdeburg „Die furchtlosen Bretonen“ vor. Foto: Julien Saison

Ob Punch, Pulcinella, Guignol oder Mester Jakel – in Europa hat der Kasper viele Namen und Gesichter! Schlagfertig ist er in jeder Hinsicht, gewitzt und scharfsinnig, brutal und lustig, großmäulig und alles andere als angepasst. Seit Jahrhunderten zieht er so durch die Lande und ist einfach nicht totzukriegen. Der gemeinsame Ursprung und die – trotz der länderspezifischen Unterschiede – Ähnlichkeiten des Spielprinzips Kaspertheater sind ein verbindendes Element, das die europäische kulturelle Identität fördert und das Zugehörigkeitsgefühl stärkt. Grund genug für das Puppentheater Magdeburg, den Kasper mit einem Festival zu feiern, um so die Aufnahme des Kaspertheaters als Spielprinzip in das bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe der deutschen UNESCO-Kommission zu würdigen.

 

Unter dem Titel „Kasper? Kasper! Ein Festival“ wartet das Puppentheater Magdeburg vom 4. bis zum 8. Juni 2025 mit Spektakel, Showcase und einem Symposium auf. Alle Bühnen des Hauses, die villa p., aber auch das Außengelände – inklusive des Platzes vor der Getränkefeinkost – werden von der Lustigen Figur des Puppenspiels erobert.

 

16 internationale Gastspielproduktionen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bilden das Herzstück des Festivals. Das Publikum kann auf Produktionen aus Großbritannien – darunter das auf der Titelseite zu sehende Opposable Thumb Theatre –, Frankreich, Italien, Dänemark, Spanien, Slowenien, Polen, aus der Schweiz, der Ukraine und aus Deutschland gespannt sein. Das breitgefächerte Programm reicht vom unterhaltsamen Pulcinella-Spiel, das sich am klassischen Formenkanon des Jahrmarkttheaters orientiert, über höchst virtuoses Punch-and-Judy-Theater, das neben der Spielleiste auch weitere Darstellungsebenen nutzt, bis hin zu experimentellen Formen und Kombinationen ästhetischer Mittel. Stets im Zentrum steht dabei der Kasper als lebendige Tradition, als ein Spielprinzip, das einem Wandlungsprozess unterliegt und dessen Wurzeln in einen zeitgenössischen Kontext gesetzt werden.

 

Zusätzlich zum Geschehen auf der Bühne rundet ein vielfältiges Rahmenprogramm das Festival ab. Die Figurensammlung in der villa p. kann ebenso besucht werden wie eine mit VR-Brillen erfahrbare Ausstellung der FIDENA. In Pop-up-Workshops und offenen Vermittlungsformaten können Kinder, Jugendliche und Erwachsene aktiv werden. Zudem lädt das Puppentheater-Ensemble zur Kasper-Karaoke ein und die australische Komödie „Judy & Punch“ können Filmliebhaber bei Popcorn genießen.

 

Neben der Unterhaltung steht beim Festival auch die forschende Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Spielprinzips der Lustigen Figur im europäischen Puppenspiel im Fokus. Zwölf Studierende aus Deutschland, Polen und der Ukraine haben im Rahmen der Masterclass Kasper 3.0 die Möglichkeit, in den kreativen Austausch zu gehen, künstlerisch in Workshops zu arbeiten und die Ergebnisse im Rahmen eines öffentlichen Showcases am 7. Juni zu präsentieren. Im Anschluss an vier intensive Gastspiel-Tage lädt das Festival-Team darüber hinaus am 8. Juni 2025 zu einem Symposium ein, um aktuelle Tendenzen und Positionen des zeitgenössischen Kaspers zu beleuchten.

 

Weitere Informationen und Tickets gibt es hier.

 

Festival-Höhepunkte

 

Mittwoch, 4. Juni

 

  • Petites Histoires Sans Paroles – mehrfach preisgekröntes Stück der Compagnie L‘Alinéa (Frankreich); Altersempfehlung: ab 7 & Erwachsene
  • The House – Handpuppen-Horrorkomödie des Sofie Krog Teater (Dänemark); ab 14 & Erwachsene

 

Donnerstag, 5. Juni

 

  • Santa Pulcinella – musikalisches Puppenstück des Théâtre Gudule (Frankreich); ab 6 & Erwachsene
  • Punch & Judy Show – Straßentheater vor der Feinkostklappe von Spike Bones and Promenade Promotions (Großbritannien); ab 6 & Erwachsene
  • La Manékine – eine Mischung aus Puppen- und Maskenspiel, Video und einem Ein-Mann-Live-Orchester der Compagnie La Pendue (Frankreich); ab 12 & Erwachsene

 

Freitag, 6. Juni

 

  • Schwarz – Clownstheater auf Rollschuhen, nahe am Abgrund von Matthias Romir  (Deutschland); ab 8 & Erwachsene
  • Heinrich der Fünfte – Handpuppenspiel frei nach Shakespeare von Annika Schaper und Robert Richter (Deutschland); ab 8 & Erwachsene
  • The Trial or The Woeful Story of Joseph K. – das Puppentheater Maribor (Slowenien) zeigt einen kafkaesken Albtraum aus Puppen, Musik und schwarzem Humor; ab 15 & Erwachsene
  • Kasper tot, Schluss mit lustig? – Legende Lutz Großmann (Deutschland) auf der Grenze zwischen Leben und Tod; ab 14 & Erwachsene

 

Samstag, 7. Juni

 

  • E’Beh – ein Stück für Puppen, einen Stuhl, einen Spieler und ein Akkordeon des Teatro Matita (Slowenien); ab 8 & Erwachsene
  • Quacksalver – ein verrücktes Vergnügen zwischen Jahrmarktzauber und Puppenspielkunst des Sofie Krog Teater (Dänemark); ab 6 & Erwachsene
  • Les Impavides Bretons – mit der Compagnie La Mandale (Frankreich) auf waghalsiger Mission in der Kanalisation; ab 7 & Erwachsene
  • La Luna e Pulcinella – Irene Vecchia (Italien) zeigt traditionelles Handpuppenspiel in Verbindung mit neuen Geschlechterrollen; ab 14 & Erwachsene
  • Coulrophobia – Slapstick, Puppenspiel, Improvisation und Anarchie mit dem Opposable Thumb Theatre (Großbritannien); ab 16 & Erwachsene

Nr. 279 vom 14. Mai 2025, Seite 9

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