Römers Reich: Die beste Geschäftsidee

Es vergeht kein Tag, an dem nicht über die allgewaltige Zukunft der Künstlichen Intelligenz geschwärmt wird. Ich bin ja noch so ein Heini aus der Analogwelt. Für sogenannte Millennials und die Generation Z komme ich von einem anderen Stern. Seit Daten in Lichtgeschwindigkeit um den Planeten Erde fliegen und und die Welt in der Hosentasche sitzt, wächst das Bit-Volumen ins Unermessliche. Experten gehen davon aus, dass 2025 täglich über 463 Exabyte an Daten erstellt werden. Das ist so viel wie auf 212.765.957 DVDs passen. Übrigens entspricht ein Exabyte einer Trillion (1018) Bytes, oder einer Milliarde Gigabyte.

 

Aus diesem permanent wachsenden Meer elektromagnetischer Ströme werfen die großen Rechenzentren der Tech-Giganten ihre Netze aus und saugen ab, was abzusaugen geht. Mit all den Bildern, Videos, Texten und Musik werden die Systeme „Künstlicher Intelligenz“ gefüttert. Ich darf wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die Mehrheit der Menschheit ihre im Internet erzeugten Daten zum größten Teil kostenfrei bereitgestellt hat. Wir haben also all unser ins Digitale übersetzte Können, Wissen, unsere Ideen, kreative Lösungen und herausposaunten Eigenheiten, gemischt mit viel emotionalem Quark und hirnrissigen Behauptungen den Giganten der Rechentechnik geschenkt. Und nun machen diese Firmen einen gigantischen Alarm um ihre daraus entwickelten KI-Angebote. Die dürfen wir für unsere Geschenke jetzt nämlich wunderbarerweise zurückkaufen. Ist das nicht ein Klasse-Geschäftsmodell? Die Begeisterung für die komplexen mathematischen Wahrscheinlichkeitsberechnungen, aus denen nun bequeme Lösungen für neue digitale Ergebnisse quellen, kennt keine Grenzen. Und so zahlen wir bereitwillig für unsere Digital-Geschenke an die Welt.

 

Ich will die technischen Möglichkeiten gar nicht grundsätzlich verteufeln. Die Menschheit braucht Impulse, damit sich etwas verändert. Ob das dann eine bessere Welt ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber das gewaltige Geschäft, das aus den Datengeschäften gemacht werden kann, wird noch manche Vorstellungskraft übersteigen. Wir laufen zum hingestellten Trog, verlernen vielleicht, uns selbst auf den Weg zu machen und fressen bereitwillig, was angeboten wird. Eigentlich stehen solche Entwicklungen schon immer in der Kritik. Aber mit Kritik haben wir Menschen oft so unsere Probleme. Einst wird sich ein großes Geschrei über die digitale Ungerechtigkeit erheben, und man wird mit Fingern auf die Geschäftemacher zeigen. Nur, dass jeder selbst mit seinen Daten für diese Geschäftsgrundlage gesorgt hat, wird dabei vergessen sein.

 

Hören Sie anderen mal beim Argumentieren zu, wenn diese die Schäfchen benennen, die sich hüten auf einer Weide lassen, obwohl die Kritiker auf derselben Weide stehen. Oder wie sagte es der Lyriker, Grafiker und Satiriker F. W. Bernstein treffend: „Die schärfsten Kritiker der Elche / waren früher selber welche.“ Aber KI ist die bisher beste Geschäftsidee.

 

Axel Römer

Nr. 280 vom 28. Mai 2025, Seite 3

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