Die Ausstellung „Heart of Gaza“ zeigte Farben des Krieges

 

Misk Timraz (15 Jahre): Einer der Gärten in Gaza. Keine roten Rosen mehr, sie wurden verbrannt und grau.

Jeder von uns malte als Kind Bilder. Bilder, auf denen Mama, Papa und Geschwister als Strichmännchen abgebildet sind, Bilder von Autos, Bilder von Blumenwiesen oder Bilder vom Meer. Egal, welches Motiv unsere fantasiegeprägten Kinderköpfe wählten, sie wurden wahrscheinlich stolz bewundert und an den Kühlschrank gehängt.

 

Die Kinder in Gaza malen auch Bilder. Bilder, die von Kriegssituationen, Retrospektivität und einer hoffentlich besseren Zukunft handeln und Geschichten erzählen. Die bewegenden Emotionen der Kinder aus Gaza kamen auf Papier und in die Köpfe und Herzen der Besucher und Besucherinnen der “Heart Of Gaza”-Ausstellung im F52 hier in Magdeburg. Kinder zwischen 3-17 Jahren, die jeden Tag aufs Neue mit dem Kriegsalltag im fernen Osten konfrontiert sind, drückten die Belastung, die Trauer, die Angst und die Ungewissheit, die in ihnen herrscht, in Form von Kunst aus und erreichten damit mehr, als sie sich wahrscheinlich jemals erhofft haben.

 

Im Interview mit Eva Lipphold und Alexandra Liebknecht, zwei Palästina-Aktivistinnen aus Magdeburg, erfuhr ich mehr über die Kunst-Ausstellung und über die Entstehung des Projekts, das Magdeburg nicht nur zum Spenden anregte, sondern auch – viel wichtiger – zum Nachdenken und Hinterfragen.

 

Zwischen dem 14. bis 28. Mai hatten Besucher und Besucherinnen die Chance, in den kleinen Räumlichkeiten der Friesenstraße 52 große Emotionen zu spüren und sich mit der aktuellen Lebensrealität palästinensischer Kinder auseinanderzusetzen. Bei der Finissage der Ausstellung am 28. Mai wurden tiefe Einblicke in ihre Gefühlslage gewährt.

 

Eva und Alexandra erzählten mir, dass ein Palästinenser namens Mohammed Tamriz den Kindern in Gaza einen Raum schuf, in dem sie sich künstlerisch von der Kriegssituation und dem Gefühlschaos ablenken können. So entstand auch das Projekt der “Heart Of Gaza”-Ausstellung.

Der ehemalige Café-Besitzer wurde mit zuspitzender Kriegslage in Gaza zum Helden. Den Überlebenden in Gaza ist es nämlich besonders wichtig, Kinder abzulenken und ihnen Hoffnung auf eine sichere Zukunft zu geben.

Die Folge: Knapp 50 entstandene Zeichnungen, die sich zu einer Wanderausstellung formten und nun auch in Magdeburg ihren Platz fanden.

 

Misk Timraz, eine 15-jährige Palästinenserin, malte beispielsweise eine Blumenwiese. Retrospektiv stellte sie einen bunten Garten mit roten Blumen dar und erinnert nicht nur sich, sondern auch alle Betrachter und Betrachterinnen an die friedliche Vergangenheit, in der Misk eine ganz normale 15-jährige sein konnte, die zur Schule ging und Träume für ihre Zukunft hatte. Der Garten, den sie zeichnete, ist nun zerbombt.

 

Tief treffende Geschichten, die besonders nach der in Erfurt verbotenen Heart of Gaza- Ausstellung Alexandra und Eva dazu bewegten, das Projekt in Magdeburg zu realisieren. Die Exhibition wurde regelmäßig von spannenden Highlights begleitet, um Besucher und Besucherinnen besser über das Kriegsgeschehen aufzuklären.

 

Dazu zählt der Filmabend am 19. Mai, bei dem der Film “Die Babys der Intifada” gezeigt wurde, der Bastelabend am 25. Mai, bei dem Kinder aus Magdeburg symbolisch einen künstlerischen Gegenbeitrag leisteten und für die Kinder aus Gaza bastelten und vor allem das Telefonat nach Gaza, bei dem die Palästina Solidaritätsgruppe, der Eva und Alexandra angehören, persönlich mit Mohammed Tamriz sprechen konnten. “Bei dem Videochat waren alle, die zugehört haben, still und sehr berührt und waren gespannt, was Mohammed zu berichten hat”, so Alexandra. “Es kann sein, dass es Mohammed nächste Woche nicht mehr gibt”, weshalb den zwei Aktivistinnen der direkte und regelmäßige Kontakt besonders wichtig war.

 

Auch die mehr als 500 Euro Spenden, die durch “Heart ofGaza” eingenommen wurden, waren eine schöne Bereicherung. Das Geld ging nämlich auf direktem Wege in den Gazastreifen, um die Menschen vor Ort zu unterstützen und ihnen die Möglichkeiten zu geben, sich Essen und Medikamente zu kaufen.

 

Nachdem israelische Behörden die Grenzübergänge nach Gaza vor Monaten geschlossen haben und es ein vollständiges Verbot von Hilfslieferungen gibt, herrschen nämlich extreme Engpässe an allen Lebensnotwendigkeiten. Preise explodieren und die aktuelle wirtschaftliche Lage in Palästina ist sehr inflatiös. Die wenigen noch erhältlichen Lebensmittel und Medikamente sind kaum bezahlbar. Kurz gesagt: Die Menschen, die den Anschlägen seit Oktober 2023 entkommen sind, sterben nun also an Hungersnot und einer so mangelnden medizinischen Verpflegung. Und wissen Sie was? Deutschland guckt nicht nur zu, sondern ist aktiver Unterstützer Israels. Schließlich ist und bleibt die “Existenz und Sicherheit des Staates Israel … unsere Staatsräson.”, so Friedrich Merz.

 

Seitdem die islamistische „Hamas“ am 7. Oktober 2023 einen Anschlag auf Israel ausgeübt hat und der jahrzehntelange Konflikt zwischen Palästina und Israel eine neue Dimension annahm, stellt Deutschland regelmäßig unter Beweis, wo die deutschen Prioritäten sitzen. Nämlich darin, die deutsch-israelische Freundschaft aufrecht zu erhalten. Deutsche Waffen werden in hoher neun-stelliger Summe an Israel geliefert, Bundeskanzler Friedrich Merz lädt den israelischen Regierungschef Netanjahu, gegen den der Internationale Gerichtshof einen Haftbefehl erlassen hat, herzlich nach Deutschland ein und bis die Bundesrepublik nur ansatzweise öffentliche Kritik an Israels Vorgehen und Vergehen geäußert hat, sind nur knapp zwei Jahre vergangen.

 

Man redet von einer historischen und moralischen Verantwortung gegenüber Israels, die dazu verleiten kann, den heutigen Völkermord mit dem Holocaust der NS-Zeit zu rechtfertigen und knapp 60.000 Ziviltote in Gaza mit der Vergeltung Israels zu erklären. Doch es handelt sich schon längst nicht mehr um die Vergeltung für den 7. Oktober 2023. Es handelte sich nie um Vergeltung.

 

Dass Netanjahu auf die Eroberung des gesamten Gaza-Streifens hinarbeitet und damit auf die Auslöschung aller Palästinenser und Palästinenserinnen, ist kein Geheimnis mehr. Israel plant, die noch knapp zwei Millionen Menschen in Gaza auf einen regelrechten Todesmarsch in den Süden zu schicken und sie umzusiedeln. Zu Fuß sollen Männer, Frauen und Kinder kilometerweit laufen. Wir behalten im Hinterkopf: In Gaza herrscht Hungersnot. Diese Offensive soll dem Schutz der Palästinenser und Palästinenserinnen dienen, um sie vor der Hamas zu bewahren und um es der israelischen Armee leichter zu machen, sie zu stoppen. Doch Israel hatte nie gute Absichten mit dem palästinensischen Volk. Netanjahu will Kontrolle über den Gazastreifen. Dabei machen er und seine Unterstützung keinen Halt vor internationalem Strafrecht oder Völkerrecht.

 

Fest steht, die mehrfach wegen Kriegsverbrechen angeklagten Regierungschefs Israels sind und bleiben gute Freunde vieler deutscher Politiker und Politikerinnen. Glücklicherweise gibt es dennoch viele deutsche Zivilisten und Zivilistinnen, die trotz politischer Geschehen aktivistisch werden und sich für Palästina aussprechen. Darunter Alexandra und Eva und die gesamte Palästina Solidaritätsorganisation, ohne die die Umsetzung des “Heart of Gaza”-Projekts nicht möglich gewesen wäre. Knapp zwei Wochen nach Ende der Ausstellung kann man nun sagen, dass es ein voller Erfolg war. Die zwei Palästina-Aktivistinnen freuen sich über die ausschließlich positive Resonanz und sind dankbar, dass sie ihre Botschaft weitergeben konnten.

 

Dabei war die Kunstausstellung nur die Spitze des Eisbergs. Die Palästina Solidaritätsorganisation in Magdeburg plant weitere Veranstaltungen, Gegenbewegungen und Demos, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das Ende der Waffenlieferungen und vor allem das Ende des Genozids.

Soraya Damer

Nr. 282 vom 25. Juni 2025, Seite 14

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