„Täve“ und der Ruhm
Die durchaus nicht unumstrittene „Hall of Fame“ des deutschen Sports gerät wieder einmal in den Blickpunkt.
„Täve“ Schur und die „Hall of Fame“ der deutschen Leibesübungen – es könnte mittlerweile zu einer Never Ending Story mutieren. Zwei Mal waren in der Vergangenheit Anträge, den neunmaligen „Sportler des Jahres“ und DAS Idol des DDR-Sports schlechthin in diese Ruhmeshalle aufzunehmen, brüsk abgeschmettert worden. Zuletzt 2017. Für die einen stellte die Abfuhr, die dem ehemaligen Rad-Heroen damals erteilt wurde, einen rein politisch motivierten Schritt dar, ein Akt von Siegermentalität. Für andere wiederum ist der 94-jährige Heyrothsberger bis heute ein unverbesserlicher Vasall eines menschenverachtenden Systems geblieben, für den in einer Ehrenhalle des deutschen Sports kein Platz sein dürfe.
Über die Ablehnung wolle er „gar nicht so viele Worte machen“, hatte Schur seinerzeit in einem Interview mit dieser Zeitung gesagt. „Ich bin Jahrgang 1931, wer nach so vielen Jahren nicht weiß, was Schur tut, was er geleistet hat und wie er sich engagiert, der hat nichts begriffen. Ich habe mich immer und überall anständig betragen, ich habe nicht gedopt und habe das auch erläutert. Die Hall of Fame ist sicherlich eine gute Sache – als Gedächtnis des Sports. Aber ich glaube, in dem bin ich sowieso schon fest verankert.“ Wenn er sich etwas vorzuwerfen habe, hatte er an anderer Stelle noch hinzugefügt, dann dies: „In der Vergangenheit zu leichtgläubig gewesen zu sein.“
Acht Jahre nach der letzten Zurückweisung greift nun sogar die Politik ein. Die Regierungsfraktionen von CDU, SPD und FDP im sachsen-anhaltischen Landtag wollen einen abermaligen Anlauf unternehmen, Schur doch noch in die „Hall“ zu bringen. „Seine politische Einstellung kann in keiner Weise schmälern“, heißt es in dem Antrag. „was Täve Schur für die Menschen in Sachsen-Anhalt und Ostdeutschland bedeutet.“ Mit ihm verbänden „die Menschen Stolz im Hinblick auf sportliche Erfolge“. In diesen Kontext passt ebenso, dass Schur jetzt der Verdienstorden des Landes verliehen wurde.
Noch ein anderes Schlaglicht fällt dieser Tage auf die „Hall of Fame“, die 2006 von der Stiftung Deutsche Sporthilfe initiiert worden war. Eine Expertengruppe renommierter Sporthistoriker hat den Auftrag bekommen, eine Empfehlung auszusprechen, ob für einzelne Mitglieder ein Ausschlussverfahren angestoßen werden muss. Auch wenn keine Namen genannt werden: In der Vergangenheit war wiederholt kritisiert worden, dass Personen in die Ehrenhalle aufgenommen wurden, deren Rolle während der Zeit des Nationalsozialismus zumindest erklärungswürdig erscheint.
Da ist ein Rudolf Caracciola, der erfolgreichste europäische Automobilrennfahrer in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Derselbe Caracciola, der schon 1933 in das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps (NSKK) eintrat, eine paramilitärische Unterorganisation der NSDAP. Sein Rang: Obersturmführer. Da wird ein Willi Daume als „die bedeutendste Führungspersönlichkeit, die der deutsche Sport hervorgebracht hat“, gewürdigt. Zu seiner Geschichte gehört aber ebenso, dass er im Nationalsozialismus Sport zur militärischen Ertüchtigung propagierte, sich als Unternehmer mit dem NS-Regime arrangierte und davon profitierte, dass er Zwangsarbeiter beschäftigte. Dressurreiter Josef Neckermann war nicht nur Gründer der Sporthilfe, sondern auch ein frühes Mitglied der NSDAP, das von der Enteignung jüdischer Unternehmer profitierte.
Schaut man sich die Liste der 131 Personen, die derzeit der „Hall of Fame“ angehören, etwas genauer an, fällt auf, dass höchstens jeder Sechste seine Erfolge einst für die DDR errang. Dabei ist es so unbestritten wie belegbar, dass die Athleten mit dem Hammer-und-Zirkel-Emblem ihren bundesdeutschen Rivalen in den Medaillenstatistiken großer Meisterschaften meist eine Länge voraus waren.
Aufschlussreich vielleicht ebenso, dass nur drei Personen in die imaginäre Galerie Einzug fanden, deren Geburts- oder Sterbeort und ihr sportlicher Wirkungskreis im heutigen Sachsen-Anhalt markiert sind. Da ist zum einen der in Eisleben geborene Ruder-Olympiasieger Thomas Lange. Zweimal (1988 und 1972) holte der Hallenser Gold im Einer. Der andere ist Erich „Ete“ Rademacher. 1901 in Magdeburg geboren, galt er in seiner aktiven Zeit als bester Schwimmer Deutschlands. Er stellte 30 Weltrekorde auf und gewann eine Vielzahl von Schwimm-, aber auch Wasserball-Wettbewerben. 1924 hielt er sämtliche Weltrekorde über die Brustdistanzen – von 100, 200, 400 bis zu den 500 Metern (die es damals noch gab).
Und da wäre schließlich noch „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn. Der Pädagoge, der so viel Einfluss auf die späteren deutschen Leibesübungen hatte, wird in der Rubrik „Gestalter @ Denker“ geführt. Geboren 1778 in Lanz/Prignitz, gestorben 1852 in Freyburg an der Unstrut. Aufgenommen wurde er in die Galerie 2013. Nimmt man allein diese Zeitspanne, könnten, einmal flapsig formuliert, sogar für Schur später einmal durchaus alle Türen offenstehen.…
Nr. 288 vom 24. September 2025, Seite 25
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