Klopfen an der Tür
Im „Team Deutschland“ des Magdeburger SES-Boxstalls sorgte die nächste Generation für Furore. | Von Rudi Bartlitz
Innovationen werden im Hause Steinforth seit jeher großgeschrieben. Egal, ob es um die Gestaltung der eigenen Box-Nächte geht oder darum, attraktive Orte für diese Galas zu finden. Oder, vielleicht wichtiger noch – um neue Faustkampf-Talente aufzuspüren. Und da hatte der Chef des Magdeburger SES-Teams irgendwann eine Idee, die zunächst doch etwas aus dem Rahmen zu fallen schien. Warum, fragte er seine Getreuen, gründen wir nicht ein „Team Deutschland“, das aussichtsreichen jungen Leuten ein Sprungbrett für eine erfolgreiche Profi-Karriere bietet?
Der Steinforth nun wieder, stöhnte die Konkurrenz. Was soll das denn, argwöhnten einige. Boxen sei eine Einzelsportart – das werde sie auch bleiben. Inzwischen sind mehr als ein Dutzend Jahre ins Land gegangen. Und das schwarz-rot-goldene Team, in das in der Regel Aktive bis zum 25. Lebensjahr aufgenommen werden, existiert immer noch. Ja, könnte hinzugefügt werden, es hat von seinem Glanz der Gründerjahre, als spätere Weltmeister wie Robert Stieglitz und Dominic Bösel bei den Junioren für Furore sorgten, kaum etwas verloren.
Selbst wenn offizielle Statistiken darüber nicht verfügbar sind, darf wohl ohne größeres Risiko die These in den Raum gestellt werden: Das Magdeburger SES-Team ist derjenige Boxstall, der in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten weltweit die meisten Junioren-Weltmeistertitel eingefahren hat. „Die Zahl weiß ich auf Anhieb gar nicht so genau, aber mehr als ein Dutzend dürften inzwischen zusammenkommen“, hatte Promoter Steinforth schon vor geraumer Zeit im KOMPAKT-Gespräch gesagt.
Inzwischen dürfte sich die Zahl unweigerlich der 20 nähern. Nachdem Haudegen wie Stieglitz, Bösel, Adam Deines und Roman Fress das Team altersmäßig verlassen haben, rüttelt eine neue Generation an den Festen. Wie vor Wochenfrist bei einer Gala in Aschersleben zu beobachten war. An der Spitze der Bewegung steht inzwischen ein Junge aus der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts: Julian Vogel. Der 22-Jährige verteidigte seinen Junioren-Weltmeistergürtel im Super-Weltergewicht (nach Version des Weltverbandes WBO) durch ein Remis gegen den Deutschen Sami Ahmeti bereits zum dritten Mal.
Rekordhalter unter den SES-Juniorenweltmeistern ist übrigens nach wie vor Stieglitz, der später auch bei den „Großen“ – unter anderem in den legendären Fights gegen Arthur Abraham – den Sprung ganz nach oben schaffte, Weltmeister wurde. Allein viermal hatte er zuvor den Junioren-Gürtel nach Magdeburg geholt. Jener Stadt, die nach seiner Umsiedlung im Jahr 2000 aus dem russischen Jejsk zu seiner neuen Heimat geworden war. Stieglitz: „Als ich zum ersten Mal um die Junioren-WM boxte, war mir schon ein bisschen mulmig. Aber es war wichtig für die weitere Entwicklung. Da holst du dir Selbstvertrauen.“
Und genau mit diesem Selbstvertrauen klettert der Aschersleber Vogel inzwischen durch die Ringseile. Selbst wenn diesmal in einem insgesamt beeindruckenden Gefecht nicht alles nach seinen Wünschen verlief. „Die letzten beiden Runden habe ich etwas verschossen, die Bindung war nicht mehr da“, räumte er nach dem Kampf ein. Das sah Coach Dirk Dzemski ähnlich: „Er wollte heute viel zu viel kämpfen, das war gar nicht notwendig. Das ist schön für die Zuschauer, ich hätte allerdings viel lieber die lange Distanz gesehen und mir mehr Boxen gewünscht.“ Dennoch: Ein Highlight-Kampf, der, da waren sich die Kontrahenten einig, ein Rematch verdient hätte. Auch Steinforth strahlte: „Der deutsche Boxsport hat mit solch tollen jungen Kämpfern wieder viel an Renommee dazu gewonnen.“
Da ist noch etwas, was Vogel, inzwischen von Steinforth zum neuen Kapitän des „Teams Deutschland“ ernannt, so bemerkenswert macht: Jene Augenblicke, in denen andere Gewinner in einen Siegestaumel fallen, scheinen für ihn Momente auf einer Zeit-Reise in die Vergangenheit zu sein. Bei den Dankesworten an seine Fans rutschte ihm schon einmal der Satz heraus: „Papa, du bist der Beste“. Dazu muss man wissen: Als Julian 17 war, verlor er seinen Vater Olaf, der früh an einem Hirntumor verstorben war. Julian hing sehr an ihm. Schon den ersten WM-Gürtel, den er im April 2024 im Aschersleber Ballhaus – das schon jetzt so etwas wie sein Wohnzimmer geworden ist – eroberte, widmet er dem Vater. „Morgen komme ich zu dir ans Grab“, hatte er noch im Ring mit stockender Stimme gesagt, „und bringe dir den Gürtel mit.“
Hinter Vogel formiert sich mittlerweile so etwas wie eine zweite Welle der SES-Garde. Da sticht, neben Leichtgewichtler Nenad Stancic, vor allem Schwergewichtler Michel Dobler heraus. Mit seinen zwei Metern überragt er – zunächst rein körperlich – fast alle Konkurrenten. Aber boxen kann der 22-Jährige, der nach fast zweijähriger Unterbrechung wieder ins Seilgeviert stieg und parallel zum Faustkampf ein Studium zum Gymnasiallehrer absolviert, aber eben auch. Was er in Aschersleben mit einem vorzeitigen T.k.o-Erfolg über Timo Grote eindrucksvoll bewies. Nicht nur Steinforth („Michel tritt immerhin in der Königsdisziplin des Boxens an.“) war begeistert. In der ersten Reihe schaute Trainer-Legende Ulli Wegner ganz aufmerksam hin und zeigte sich durchaus angetan: „Dobler hat mich überzeugt und ist ein Mann der Zukunft.“
Bei aller Begeisterung über die Jungen, gibt es in der Welt der Schlagdraufs durchaus Stimmen, die Junioren-Meisterschaften – die bis zum Alter von 25 Jahren ausgetragen werden – keinen höheren Wert beimessen, ja sie sogar als „relativ wertlos“ betrachten. Viele große Stars der Szene, so argumentieren sie, seien ohne sie ausgekommen. Diese Titel seien daher kaum mehr als ein Spielzeug, heißt es, „ein Durchhalte-Gürtel“ eben. Ein Blick auf Magdeburg sollte eigentlich das Gegenteil beweisen.
Nr. 289 vom 8. Oktober 2025, Seite 31
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