Meter 59: Stahl, Glas und Strom – der neue Radleuchter im Dom

Meter 59: Stahl, Glas und Strom – der neue Radleuchter im Dom Erzählungen aus der gotischen Kathedrale Michael Ronshausen Der neue Radleuchter hängt seit Herbst 2021 im Hohen Chor des Domes. Foto: Peter Gercke Kompakt Zeitung Im Magdeburger Dom eine ordentliche Beleuchtung zu schaffen, war über viele Jahrhunderte eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren Kerzen die einzige Lösung des Problems. Sie wurden aus Bienenwachs hergestellt und waren damals schon genauso teuer wie heute. Zeitweilig, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, gab es im Dom eine Gasbeleuchtung. Später hielt der Strom und damit das elektrische Licht Einzug in die Kathedrale. Und obwohl im Dom bis heute viele Kerzen brennen, ist Elektrizität längst das Mittel der ersten Wahl, wenn es in der Kathedrale hell werden soll. Maßgeblich verbessert wurde die Situation jüngst durch den kompletten Neubau der Beleuchtungsanlage im gesamten Kirchenschiff. Das Licht im Dom ist nun sogar dimmbar und entsteht durch LEDs. Neben diesem praktischen Nutzen hat die Domgemeinde aber auch ein – wenn man so will – elektrisches Kunstwerk angeschafft. Zwar waren im Vorfeld dieser Aktion durchaus Zweifel angebracht. Ein hochmoderner, mit elektrischem Licht betriebener Radleuchter zwischen den Mauern des frühgotischen Hohen Chores und unmittelbar über dem Kaisergrab Ottos des Großen – das ist eine Kombination, die man zuallererst gründlich im eigenen Geist bewegen muss. Auch wenn es schwerfällt, muss man zugeben, dass dieses Experiment gelungen ist und sich die dreieinhalb Meter im Querschnitt messende Konstruktion annähernd perfekt in die mittelalterliche Architektur und in die ebenso alte Ausstattung einfügt. Erschaffen wurde das 350 Kilo wiegende Kunstwerk in einer Gemeinschaftsarbeit durch das Schmiede- und Metallbauunternehmen Höhne aus Oberheldrungen, die in Halle/Saale arbeitende Künstlerin Christiane Budig, welche für die Glasgestaltung verantwortlich war, und den Erfurter Innenarchitekten und Designer Albrecht von Kirchbach, der das Gesamtkonzept des Leuchters entwickelt hat. Silvio Höhne, Inhaber des gleichnamigen Unternehmens, bezeichnete den Leuchter als einen einmaligen Auftrag in der bald 200-jährigen Geschichte seiner Firma. Finanziert wurde das Werk durch private Spenden, jedoch auch durch eine höhere Zuwendung des Kaliwerks in Zielitz. Trotz seines modernen Daherkommens folgt der aus Edelstahl bestehende Radleuchter der Aussage seiner historischen, teilweise bis in die Zeit der Romanik zurückreichenden Vorbilder. Er ist ein klassischer Jerusalemleuchter, wobei sein Ring die Stadtmauer mit den zwölf Toren symbolisiert. Innerhalb dieser Ikonographie verweist er sowohl auf das irdische Jerusalem als auch auf das himmlische Paradies als erstrebenswertes Ziel. Seite 9, Kompakt Zeitung Nr. 241

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