Nein, ich esse meine Gulaschsuppe nicht!
Nein, ich esse meine Gulaschsuppe nicht! Prof. Dr. Reinhard Szibor Es gibt gute Gründe, warum die meisten von uns Fleisch essen. Auch dafür, dass sich andere für eine vegane Ernährung entscheiden. Befürworter und Gegner einer omnivoren Lebensweise haben sich zum Teil in Lagern organisiert. Kompakt Zeitung Bis vor Kurzem galten Omnivore als normal und Veganer als spinnert. Der Begriff „Omnivore“ steht bildungssprachlich für das vulgäre Wort „Allesfresser“ und bezeichnet Menschen, die Lebensmittel tierischer Herkunft mögen. In unserem Land mit ca. 84,5 Millionen Einwohnern gibt es zusammengenommen rund 8 Millionen Vegetarier und Veganer. Sie sind also mit 9,5 Prozent in der Minderheit. Aber ihre Zahl nimmt zu und noch mehr ihr Einfluss. Es ist gut, dass Gaststätten und Kantinen vegane Speisen anbieten. Unter Veganern hat sich allerdings ein Lager gebildet, das offenbar die omnivore Bevölkerungsmehrheit umerziehen möchte. Wo Verfechter einer „woken“ Ernährungsweise Macht haben, wird das umgesetzt. Das Motiv kann man nach Franz Werfel so benennen: „Neben dem Geschlechtstrieb bestimmt kein Bedürfnis das Handeln des Menschen so sehr, wie die Sehnsucht nach moralischer Überlegenheit.“ Vor zwei Jahren stellte der VW-Konzern seine Kantine auf vegan um. Eine Abstimmung brachte die vegane Kantine wieder zu Fall. Nicht überraschend ist, dass an Hochschulen vegane Mensen wie Pilze aus dem Boden schießen. Nicht tolerierbar ist es aber, wenn vegane Ernährung aufgezwungen wird. So hat der Stadtrat von Freiburg im Breisgau beschlossen, dass in Kitas und Grundschulen Fleisch und Fisch nicht mehr auf die Teller kommen. Noch sind Milchprodukte erlaubt, aber angestrebt wird vegan. Für die Eltern, die ja nach Art. 6 des Grundgesetzes über Erziehung und Ernährung die Entscheidungshoheit haben, ein Affront! Anders als im VW-Hochhaus können Kinder und deren Eltern die Ernährungsdiktatur nicht abwählen. Wo Weltrettungsphantasien, missionarischer Eifer und Macht zusammenkommen, gibt es kein Einlenken. Die Freiburger Grünen-Fraktion bekennt freimütig: „Wir sehen darin eine große Chance, als Green City Freiburg bundesweit diese Vorreiterrolle einnehmen zu können, um ein Kita- und Grundschulessen einfacher, qualitativer und klimafreundlicher zu gestalten.“ Da sehnen sich nicht nur unverbesserliche DDR-Nostalgiker, sondern auch Menschen, die wie der Autor mit dem Arbeiter- und Bauernstaat nichts am Hut hatte, zurück in Zeiten, da Schulbehörden den Ratschlägen von Kinderärzten und Ernährungswissenschaftlern folgten. In meiner Schule gab es ein Programm, wonach jedes Kind an allen Schultagen preiswert einen Viertelliter Milch bekommen konnte. Damit war eine Grundversorgung an wertvollen Eiweißen, Vitaminen und Calcium gesichert. Von der Lust und dem Vorteil, kein Veganer zu sein Omnivore Ernährung schafft Lebensqualität. Das empfindet die Mehrheit der Menschen so. Zugegeben, Bertold Brecht ist ein Mann der Vergangenheit, aber sein Statement ist zeitlos: „Fröhlich vom Fleisch zu essen, das saftige Lendenstück – und mit dem Roggenbrot, dem ausgebackenen, duftenden – den Käse vom großen Laib und aus dem Krug das kalte Bier zu trinken, das wird niedrig gescholten, aber ich meine, in die Grube gelegt werden, ohne einen Mundvoll guten Fleisches genossen zu haben ist unmenschlich, und das sage ich, der ich ein schlechter Esser bin.“ Verfechter der alternativen Ernährung argumentieren, dass man auch vegan lecker essen kann. Das mag sein, aber die Geschmäcker sind eben verschieden. Ein anderer Aspekt ist, dass Menschen nun einmal als biologische Wesen durch einen langen Evolutionsprozess für die omnivore Ernährungsweise eingerichtet sind. Pflanzenfresser haben ein dafür ausgelegtes Magen- und Darmsystem. Wiederkäuer, wie Rind, Schaf, Ziegen, Rehe usw. würgen die gefressenen Pflanzen wieder hoch und kauen sie noch einmal. Hasen und Kaninchen fressen sogar den eigenen Kot, um alle wichtigen Inhaltsstoffe zu nutzen. Das sind zwei Verhaltensweisen, die für den Menschen wohl eher nicht in Frage kommen. Reine Fleischfresser, wie katzen- und hundeartige Tiere haben einen kurzen Verdauungstrakt, während Omnivore einen mittelmäßig langen Darm haben. Der Mensch gehört biologisch zu den Letzteren und braucht Nahrung aus Pflanzen und tierischen Produkten. Ja, der Mensch kann sich auch vegan ernähren, wenn man die zu erwartenden Mangelerscheinungen, die durch Defizite an Eisen, Vitamin B12 usw. entstehen, mit Nahrungsergänzungsstoffen aus der Pharmaindustrie supplementiert. Optimal ist das trotzdem nicht. Für Kleinkinder und Ungeborene kann es sogar gefährlich sein. Wir sollten froh sein, dass genügend tierische Produkte zur Verfügung stehen. Die Akzeleration, die im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einen Höhepunkt erreichte, ist überwiegend auf eine bestmögliche Ernährung zurückzuführen, die wir durch Nutzung tierischer Produkte erreichen. Es wird gern behauptet, dass die fleischlose Ernährung gesünder sei. Unbestritten ist, dass zu viel tierische Fette in der Nahrung zu einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle führen. Der Genuss von rotem Fleisch soll zu vermehrtem Darmkrebs führen. Das sei statistisch erwiesen. Aktuell haben Wissenschaftler der Universität Oxfort Gruppen von Menschen untersucht, die sich unterschiedlich ernähren. Es waren 64.000 Probanden involviert. In einer Gruppe ist die Darmkrebshäufigkeit um 30 Prozent erhöht. Das ist signifikant. Es ist die Gruppe der Veganer! Was stimmt denn nun? Beim Thema Ernährung und Gesundheit wiegen wir uns allzu oft in Gewissheiten, die aber keine sind. Tiere als Mitgeschöpfe Veganer und Vegetarier haben gute Argumente. Wer eine Katze oder einen Hund hat, weiß, dass höher entwickelte Tiere Seelen haben, die den menschlichen weitgehend gleichen. In Mitteleuropa sind Hunde und Katzen vor der menschlichen Esslust geschützt. Man isst sie in unserem Kulturkreis nicht. Aber Schweine, Rinder und Schafe, sowie Wild und Geflügel essen wir schon, zumindest die meisten von uns. Bei diesen Tieren ist die Seelenverwandtschaft zum Menschen nicht so offensichtlich, aber sie ist doch vorhanden. Daraus nährt sich die Einstellung, dass man sie für den Verzehr nicht töten dürfe. Ein Motiv, auf Milch und Milchprodukte zu verzichten, ist Mitleid mit milchliefernden Muttertieren. Denen wird tatsächlich nach der Geburt das Kalb bzw. das Lamm weggenommen, was seelisches Leid verursacht. Diesen aus Empathie mit den Tieren geborenen Argumenten der Veganer und Vegetarier ist Respekt zu zollen. Es stellt sich die Frage, ob Veganer und Vegetarier die besseren Menschen sind. Eindeutig nein! Auch Adolf Hitler war Vegetarier. Und müssen Christen Veganer sein? Wieder nein. Es gibt in der Bibel viele Stellen, die das Fleischessen regeln, aber es ist kein generelles Verbot dabei, sondern das Gegenteil: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut
St. Blasii in Quedlinburg: Kulturort im Denkmal
St. Blasii in Quedlinburg: Kulturort im Denkmal Blick auf Quedlinburg – Foto: djd/Jacqueline Kober Kompakt Zeitung Kleinkunst, Konzerte und Kunstausstellungen statt Liturgie – immer mehr Kirchengebäude werden für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Laut Stiftung Baukultur gibt es insgesamt 45.000 Gotteshäuser in Deutschland. Aufgrund abnehmender religiöser Bindung in der Gesellschaft stehen jedoch immer mehr dieser oft historisch bedeutenden Bauten leer, verfallen – oder werden im besten Fall einem neuen Zweck gewidmet. Eines dieser „umgenutzten“ Denkmäler ist die Blasiikirche in Quedlinburg. Der erstmals 1222 erwähnte und im Barock umgebaute Sakralbau in der Nähe des Marktplatzes ist eine von 14 Kirchen und Kapellen in der Stadt und feiert im Jahr 2024 sein 30-jähriges Jubiläum als Kulturkirche. Mit der erfolgreichen Instandsetzung und Renovierung des rund 800 Jahre alten und seit der Mitte des 20. Jahrhunderts ungenutzten Gebäudes wurde ein wertvolles Denkmal gerettet und gleichzeitig ein lebendiger Kulturort erschaffen. Seit 1994 finden in der Blasiikirche jährlich von April bis Dezember verschiedene Veranstaltungen statt – von Ausstellungen über Konzerte bis Kleinkunstabende. Mit dem Musikfest am 4. Mai wird das Jubiläumsjahr 2024 eingeläutet, das im Juli mit zahlreichen Events in der Kulturkirche seinen Höhepunkt erreicht. Unter dem diesjährigen Motto „Elemente“ stehen beim 44. Quedlinburger Musiksommer (15. Juni bis 14. September) wieder zahlreiche klassische Konzerte auf dem Programm. Zu den Schauplätzen gehören die romanische Stiftskirche St. Servatii auf dem Schlossberg und die ebenfalls aus dem Mittelalter stammende Marktkirche St. Benedikti. Freunde jazziger Klänge kommen bei den Quedlinburger Dixieland- und Swingtagen (28. bis 30. Juni) auf ihre Kosten. Dolce-Vita-Feeling legt sich spätestens am 17. August mit dem Auftritt von Popschlager-Sänger Giovanni Zarrella beim großen Sommer-Open-Air über die Stadt. Unter www.quedlinburg-info.de gibt es weitere Informationen und alle Termine. (djd) Seite 34, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Advents-Highlights für die ganze Familie
Advents-Highlights für die ganze Familie Kompakt Zeitung Die Vorweihnachtszeit lockt mit tollen Märkten und Veranstaltungen für Groß und Klein. Was gibt es da Schöneres, als gemeinsam mit der Familie und Freunden bezaubernde Erinnerungen zu schaffen. Im Dezember ist genau das in der Festung Mark möglich. Neben weihnachtlichem Festessen für die ganze Familie locken zahlreiche Veranstaltungen und Märkte in die historischen Gewölbe. Traditionell wird es am 13. und 14. Dezember mit dem Feuerzangen-Abend. Jeder kennt sie – die Geschichte des legendären Johannes Pfeiffer, dem jungen, erfolgreichen Schriftsteller, der nochmal zur Schule muss und erlebt, was so alles zu einer richtigen Schulkarriere gehört. Der Kultfilm zeigt Heinz Rühmann in einer seiner schönsten Rollen. Passend zum Filmtitel gibt es auch wieder heiße Feuerzangenbowle aus dem Kessel im Angebot! Bei ihrem Adventskonzert interpretiert die Band Foyal am 15. Dezember in diesem Jahr sowohl altbekannte Weihnachtslieder unter Verwendung von Folk/Weltmusik wie auch eigene Kompositionen. In einer speziellen Besetzung ergänzen die drei Musiker von Jiran den Abend. So erklingen arabische Liebeslieder als auch die uns wohlbekannten Advents- und Weihnachts-Lieder untermalt mit typisch arabischen Instrumentalklängen. Ein Konzertbesuch lässt sich ideal mit einem Bummel über den „Advent in den Gewölben“ verbinden. Mit einem bunten Markt, weihnachtlichen Klängen und einer märchenhaften Kulisse öffnet der romantische „Advent in den Gewölben“ wieder am Wochenende des 3. Advents in den verzauberten Gewölben der Festung Mark. Die Schwerpunkte liegen neben kulinarischen Köstlichkeiten auf dem traditionellen Handwerk der Region. Schönes und Schmackhaftes für den Gabentisch sowie musikalische Überraschungen empfangen die Besucher im weihnachtlichen Ambiente der Kulturfestung. Dekoratives, Feines und Produkte des Kunsthandwerks, abseits der großen Einkaufscenter, gibt es auf dem Adventsmarkt. Schmuck, Keramik, Kerzen, Stoffpuppen und Holzspielzeug und vieles mehr warten an den Ständen auf die Besucher des Marktes. Neben einer Märchenlesung im kleinen Hof sorgt auch täglich wechselnder Live-Musik für stimmungsvolle Unterhaltung für Groß und Klein. Müde Füße finden Ruhe im warmen Festungscafé bei leckeren Kuchenvariationen und heißen Kaffeespezialitäten. Das Künstler-Bühnenprogramm mit Sängern und Songwritern sorgt dabei für stimmungsvolles Ambiente. Der Markt öffnet am Samstag und Sonntag jeweils um 11 Uhr, am Freitag um 15 Uhr. Der letzte Einlass des Marktes erfolgt um 19 Uhr, geschlossen wird um 20 Uhr. Seite 16, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
A Night Of Queen – Forever Tour
A Night Of Queen – Forever Tour „The Bohemians” sind am 15. März 2024 in Magdeburg zu erleben. Foto: Joaquim Valente Kompakt Zeitung Wer noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für Queen-Fans ist, sollte sich „The Bohemians“ zu Gemüte führen. Die international bekannte Queen-Tribute-Band ist im Rahmen ihrer „Forever Tour“ am 15. März 2024 im Alten Theater Magdeburg zu Gast. Das musikalische Quartett nimmt in seiner Show „A Night Of Queen“ das Publikum mit auf eine energiegeladene Achterbahnfahrt mit den großen Hits des weltweit beliebtesten und kultigsten Rock-Acts aller Zeiten. So viele fabelhafte Ohrwürmer hat die britische Rockband um den charismatischen und viel zu früh verstorbenen Frontmann Freddy Mercury aufgenommen. Und sie sind alle in dieser Show zu hören, von den frühen Klavier- und Harmonie-lastigen Meisterwerken bis hin zum späteren eingängigen Pop der 1980er Jahre und Rockhymnen der frühen 1990er. Ob „Killer Queen“, „Crazy Little Thing Called Love“ oder „The Show Must Go On“, „Bohemian Rhapsody“ oder „We Will Rock You” und „We Are The Champions“, The Bohemians halten ihre Zuhörer auf den Beinen, lassen sie singen, tanzen und mitklatschen in einer wirklich denkwürdigen Live-Inszenierung der größten Rockband der Welt. „Eine brillante Show“, war Spike Edney nach einem Besuch begeistert. Er sollte es wissen, immerhin war Edney – und ist es bis heute – Queens Keyboard-Spieler. Tickets für die Veranstaltung im Alten Theater gibt es unter Tel. 0361 / 65 43 07 30 oder online unter www.showfabrik.com Seite 26, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Die japanischen Trommelkünstler kehren zurück
Die japanischen Trommelkünstler kehren zurück Kompakt Zeitung Es gibt wohl kaum eine beeindruckendere Trommelshow als KOKUBU – The Drums of Japan. Die einzigartige Kombination aus Synchronizität, optischem Auftreten und unvergleichlichem Taktgefühl sucht seinesgleichen. 17 Schlagwerker bearbeiten ihre traditionellen, japanischen Trommeln mit einer Präzision, die einem Schweizer Uhrwerk gleichkommt. Dem entgegen stehen liebliche Flötenklänge, die das Publikum verzaubern, bis wieder das energetische Donnern der Röhrentrommeln einsetzt. Neben der authentischen und hypnotisch-faszinierenden Energie dieser spektakulären Show verfolgt KOKUBU noch einen weiteren Ansatz: die tiefgreifende Spiritualität Japans wird mit jedem Ton erlebbar gemacht. Nach den grandiosen Erfolgen ihrer vorherigen Deutschland-Gastspiele kehrt das Ensemble zurück auf die Bühnen Europas. 2024 kommen drei große O-Daiko Trommeln zum Einsatz und geben der Gruppe einen noch imposanteren Auftritt. Ein neues Bühnenbild und eine spektakuläre Lichtkonzeption runden das außergewöhnliche Trommelevent ab. In Magdeburg zu erleben am 22. Februar im Alten Theater am Jerichower Platz. Eintrittskarten im Vorverkauf. Seite 26, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Weihnachts-Genuss in der Festung Mark
Weihnachts-Genuss in der Festung Mark Kompakt Zeitung Die Weihnachtszeit naht und mit ihr die Magie und der Zauber dieser festlichen Saison. Ein ganz besonderes, vorweihnachtliches Highlight für Familie und Freunde bieten die verführerischen Advents- und Weihnachtsbuffets im Dezember in der Festung Mark. Vom Entenbraten über Fingerfood bis hin zu mexikanischen Köstlichkeiten bieten die verschiedenen Genuss-Events allerhand, um eindrucksvolle Momente mit seinen Liebsten zu schaffen und sich verwöhnen zu lassen. Rund um traditionelle Weihnachtsgerichte entstehen sowohl am ersten und zweiten Advent als auch am 25. und 26. Dezember weihnachtliche Buffets mit zahlreichen Spezialitäten und verführerischen Dessertkompositionen. Nach einem festlichen Sektempfang werden Entenbraten, Wildgulasch und Lachsfilet, verschiedene Salate und Suppen sowie Fingerfood und vegane Speisen den Gaumen verwöhnen. Die historischen Gewölbe der Festung Mark und ein kulturelles Rahmenprogramm runden das kulinarische Ereignis ab. Das hervorragende Essen kommt von der Ratswaage Catering GmbH. Eine rechtzeitige Voranmeldung ist erforderlich – per Telefon unter 0391 9909 3330 oder bequem per E-Mail an mail@festungmark.com. Infos unter www.festungmark.com Seite 16, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Ich spreche Deutsch: In Deutsch schlecht, in Englisch gut
Ich spreche Deutsch: In Deutsch schlecht, in Englisch gut Dieter Mengwasser – Dipl.-Dolmetscher und -Übersetzer Kompakt Zeitung Mitte Oktober 2023 gab es die folgende Meldung im Rundfunk, in den gedruckten Medien und auch sogar im Fernsehen der öffentlich-rechtlichen Anstalten: „Die Deutsch-Leistungen von Neuntklässlern haben sich einer Studie zufolge seit 2015 deutlich verschlechtert. Etwa jeder Dritte scheiterte im vergangenen Jahr bei deutschlandweiten Tests an Mindeststandards für den mittleren Schulabschluss im Bereich Lese- und Hörverständnis – mehr als jeder Fünfte verfehlte diese im Bereich Rechtschreibung. Das geht aus dem IQB-Bildungstrend hervor, der zum Abschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgelegt wurde.“ IQB ist die Abkürzung für Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, das als sogenanntes An-Institut zur Humboldt-Universität Berlin gehört. Es wird durch die Bundesländer finanziert. Im vorigen Jahr, also für 2021, hatte das Institut in seinem Bericht zu den gegenwärtigen Tendenzen im Bildungswesen festgestellt, dass die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse immer schlechter lesen und rechnen können. Bezüglich der Neuntklässler liefert die Studie dennoch einen Lichtblick: Im Gegensatz zu den Deutsch-Ergebnissen sind die Fähigkeiten im Fach Englisch „äußerst erfreulich“, heißt es im Bericht. Neuntklässler seien im Jahr 2022 deutlich besser in der Lage, schriftliche Texte und gesprochene Sprache in Englisch zu verstehen als 13 Jahre zuvor. Die Studienautoren gehen davon aus, dass vor allem die stärkere Nutzung von digitalen Medien und Inhalten auf Englisch während der Corona-Pandemie zu dem Ergebnis beigetragen haben könnte. Mit Blick auf Plattformen wie TikTok, YouTube und Streamingdienste sprechen die Autoren von „außerschulischen Lerngelegenheiten“. Eine mögliche Ursache für das schlechte Abschneiden in Deutsch könnten gemäß den Autoren der Studie die Corona-Schutzmaßnahmen sein, die in großem Stil Schulen betrafen. Es sei davon auszugehen, „dass der Fern- und Wechselunterricht, der bundesweit über längere Zeiträume umgesetzt wurde, die ungünstigen Entwicklungen im Fach Deutsch in nicht unerheblichem Maße mit verursacht hat“. Eine weitere mögliche Ursache für die Ergebnisse im IQB-Bildungstrend könnte laut den Forschern der gestiegene Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sein. Dies ist verständlich, wenn wir uns unsere deutsche Sprache ansehen. Sie ist kompliziert, und jemand von uns Deutschen, der behauptet, ganz perfekt Deutsch zu sprechen und auch die Rechtschreibung völlig zu beherrschen, einen solchen Menschen könnte man mit vollem Recht als Prahlhans und Lügner bezeichnen. Gelobt werden in der genannten Studie die Englisch-Kenntnisse der Lernenden. Eigentlich erfreulich. Ob es hier einen Einfluss aufgrund des immer weiter um sich greifenden Trends zur Einfügung englischsprachiger Wörter in unsere deutsche Sprache gibt? Auf jeden Fall werden die meisten Veranstaltungen für Jüngere, aber auch für Erwachsene, fast nur in Englisch oder Denglisch angekündigt. Auch offizielle Stellen beteiligen sich daran. Es wäre jedoch verfehlt zu sagen, dass nun ein solches Niveau der Sprachbeherrschung im Englischen herrsche, dass Deutsch aus unserem Alltagsleben verdrängt werden könnte. Um eine solche Kompetenz zu erreichen, bedarf es viel, viel mehr als nur guter Lernergebnisse in der Schule. Die möglichen Ursachen für das schlechte Abschneiden im Fach Deutsch werden in der Studie nicht besonders ausführlich behandelt. Wir erlauben uns hier, noch eine weitere mögliche Ursache anzuführen, und zwar mit konkreten Beispielen: „Drachen-Herbst-Fest. Der Erlebnisbauernhof erwartet euch mit Hüpfburg, Spielplatz und der Freiwilligen Feuerwehr, Tiere Füttern, Kinderschminken und Ponyreiten sowie natürlich einem Stand zum Drachen bemalen und einer Wiese zum Drachen steigen lassen. Der Baggerlebnispark Magdeburg ist auch vor Ort.“ „Schneewittchen. Muss man wirklich alles glauben, was ein Zauberspiegel sagt? Wer sind die sieben Zwerge – knuffige Kerlchen oder anarchisch-selbstbestimmte Outlaws?“ „Neben endlosen Möglichkeiten zum Spielen, Toben und Spaß haben im Innen- und Außenbereich, wartet ein prächtiger Geburtstagstisch mit eigenem Thron im Restaurant. Wir sind ein Ort zum Treffen, Essen und Ausruhen, umgeben von Kreativwerkstätten, Spider-Tower, einzigartigen Adventurespielplätzen (In- und Outdoor) und spannenden Überraschungen.“ (Puppentheater) „Ein Theater für Kinder über das immer wieder aufgeschobene Projekt Entenessen, über Impulskontrolle und, last but not least, über die Liebe.“ Sie sehen, liebe Leserinnen und Leser, dass Denglisch hier nicht ausgespart wird. Alle hier angeführten Zitate sind vollständig, von unserer Seite ohne Hinzufügungen oder Weglassungen von Wörtern oder Satzzeichen und ohne Korrektur von Druckfehlern und Kommas. Die Zitate sind einem Magazin entnommen, das sich an Kinder und deren Mütter und Väter richtet. Dürfen wir hier die Frage stellen, ob solche Ankündigungen und Texte wie oben kindgerecht sind? Und wie weit sind sie förderlich für das Verstehen und Schreiben der deutschen Sprache? In jeder Sprache, sei es in Französisch, Russisch, Englisch usw., werden Muster, Modelle, Stereotype verwendet. Das heißt, bei fast allem, was wir sprachlich von uns geben, benutzen wir solche Wörter und Wendungen, die schon mal jemand vor uns gesagt oder geschrieben hat. Und das bezieht sich natürlich auch auf die Zitate, die etwas weiter oben angeführt sind. Die Kinder, falls sie schon lesen können, und natürlich die jungen Mütter und Väter greifen bewusst oder unbewusst auch auf das zurück, was sie in dem erwähnten Magazin gelesen haben. Insbesondere bei Kindern verfestigen sich Wörter und Wendungen dieser Art, vor allem, wenn ihnen anderes nicht geboten wird. Insgesamt, so unsere Einschätzung, herrschen ein Klima und eine Atmosphäre in Deutschland, die der deutschen Sprache nicht gut bekommen. Wo werden noch deutsche Volkslieder gesungen? Gibt es Radiosender, bei denen Sie Musiktitel, also auch Schlager, in deutscher Sprache hören können? Über den Deutsch-Unterricht in den Schulen können wir uns kein Urteil erlauben, aber gibt es Verbindungen zwischen den Fächern Deutsch und Fremdsprache? Man könnte sich vorstellen, dass auch im Fremdsprachenunterricht Bezüge zwischen den gerade behandelten Themen, z. B. beim Gerundium im Englischen (im Deutschen häufig mit ‚um zu‘ oder Nebensatz übersetzt), zur deutschen Sprache hergestellt werden. (Solche Möglichkeiten wurden leider auch zu DDR-Zeiten im obligatorischen Russischunterricht wenig genutzt. Vokabeln einpauken, sogenannte Nacherzählungen – auswendig gelernte Texte –, so sah wohl der Alltag aus. Akademiker jedoch, die in ihren Schulzeiten Lateinunterricht mit vielem Übersetzen ins Deutsche hatten, beherrschen im Allgemeinen sehr gut die deutsche Sprache.) Deutschland hat viele Probleme, und manchmal wird das Land als „kranker Mann“ Europas bezeichnet. Unsere Sprache, eine alltägliche Erscheinung und ständig in Benutzung, ist sie auch „krank“? Was meinen Sie, liebe Leserinnen und Leser? Buch-Tipp: Die Beiträge von Dieter Mengwasser sind als
Magdeburger Gesichter: Gebärklinik zu Hause
Magdeburger Gesichter: Gebärklinik zu Hause Gabriele Köster Kompakt Zeitung Friedrich Wilhelm Traugott Voigtel war ein bedeutender Magdeburger Arzt, Hebammenlehrer und Medizinalbeamter. Er wurde als Sohn Traugott Liebegott Voigtels und jüngerer Bruder Johann Carl Voigtels geboren. Während sein Bruder als Jurist in die Fußstapfen des Vaters trat, folgte Friedrich Wilhelm dem Vorbild des Bruders seines Vaters, Friedrich Georg Voigtel, der als Arzt in Eisleben praktizierte, und studierte nach dem Besuch der Magdeburger Domschule ab 1785 in Halle (Saale) Medizin. Über seinen bravourösen Studienabschluss mit Promotion heißt es in den Frankfurter gelehrte Anzeigen von 1790 (S. 313 f.): „Den 26. Jan. bestieg Hr. Friedrich Wilhelm Voigtel aus Magdeburg das Katheder, und vertheidigte mit sehr großem Ruhme seine sehr wohl ausgearbeitete Dissertation […] Wenn alle junge angehende Aerzte mit solchen Kenntnissen und solcher Geschicklichkeit die Universität verliesen, als Hr. Dr. Voigtel jene: so würde die Wissenschaft selbst, und auch die Kranken sehr dabei gewinnen.“ Die Dissertationsschrift zur Geburtsheilkunde, die er seinem Onkel widmete, erschien noch im selben Jahr in lateinischer und 1799 auch in deutscher Sprache und wurde zum Lehrbuch für Geburtshelfer und Hebammen. Nach Studienreisen, die ihn nach Paris und Wien führten, wurde er 1795 Leiter der 1777 gegründeten Provinzial-Hebammenschule in Magdeburg. Als er 1797 außerdem zum Landphysikus ernannt wurde, schlug er die Erweiterung einer Lehranstalt für Hebammen, Chirurgen, Krankenwärterinnen und Leichenfrauen vor, die jedoch abgelehnt wurde. Stattdessen erweiterte er die Hebammenschule 1798 um ein „Gebärhaus“. Als Voigtel 1802 für 4.000 Taler ein Haus in der Prälatenstraße 33 erwarb, in dem er zur Miete Räumlichkeiten für die Gebärklinik und einen Hörsaal für den Hebammenunterricht zur Verfügung stellte und die Schülerinnen auch wohnen konnten, entwickelte sich die Einrichtung zu einer Hebammenlehranstalt. Als 1803 in den größeren Städten Preußens Pockenimpfungsinstitute eingerichtet wurden, fand auch ein solches unter Leitung Voigtels in seinem Haus Platz. 1805 schlug er zudem die Er-richtung eines „Instituts für Seelenkranke“ in Magdeburg vor. 1807 setzten sich seine jährlichen Einnahmen in Höhe von 880 Reichstalern aus seiner Tätigkeit als Landphysicus, Medizinal- und Sanitätsrat, Hebammenlehrer und Impfarzt zusammen. In napoleonischer Zeit wurde 1807 das Medizinalwesen umstrukturiert. In dem neu gegründeten Collegium medicum et sanitatis des Elbe-Departements behielt Voigtel zunächst das Landphysikat, bevor er es 1809 aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit dem Direktor aufgab. Er war außerdem gegen Besoldung im französischen Militärlazarett beschäftigt. Während der Befreiungskriege gründete er mit Zustimmung des französischen Lazarettdirektors ein Privatlazarett, in dem preußische und russische Kriegsgefangene unter seiner Anleitung von Magdeburger Bürgerinnen gepflegt wurden. Nach dem Abzug der Franzosen übernahm er von 1814 bis 1817 die Leitung des preußischen Provinzial-Lazaretts in Magdeburg. Anlässlich der Auflösung des Lazaretts wurde ihm 1817 das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen.In dem neu gegründeten preußischen Provinzial-Medizinalkollegium, in das Voigtel als Medizinalrat berufen wurde, zeigte er einen Kollegen wegen eines in der Zeit der französischen Besatzung durchgeführten Abbruchs einer Schwangerschaft bei der Geliebten des französischen Militärgouverneurs an. 1820 übernahm er die Leitung des Gremiums, legte dieses Amt jedoch bereits 1822 wieder nieder. Seine Resignation steht möglicherweise in einem Zusammenhang mit dem Scheitern eines 1817 von ihm und seinem Kollegium eingereichten Vorschlages, die Magdeburger Chirurgenschule als preußische Lehranstalt auszubauen. 1825 gab er auch die Leitung der Provinzial-Hebammenlehranstalt auf, die 1818 erneut vergrößert worden war und hierfür aus dem Privathaus Voigtels in das Konventsgebäude des ehemaligen Nicolaistifts verlegt wurde, wo sie bis 1899 verblieb. Die Leitung übernahm nach einem kurzen Intermezzo von Friedrich Leberecht Trüstedt (1791–1855) von 1826 bis 1864 der Sohn seines Bruders Johann Carl Traugott, Carl Eduard Voigtel (1801–1868). […] Voigtel war mit Marie Christiane Karoline von Werder (geb. 28.09.1774) verheiratet. Ihre Tochter Karoline Emma Voigtel heiratete 1828 den Regimentskommandeur Karl Wilhelm Bonsac. Voigtel engagierte sich in der literarischen Mittwochsgesellschaft, genannt „Die Lade“, die 1811 in seinem Haus ihr 50-jähriges Bestehen beging, und war auch Mitglied des Magdeburger Kunstvereins. Er war mit Hans Carl Erdmann Freiherr von Manteuffel (1773–1844) befreundet, und als beide nur wenige Tage nacheinander 1844 verstarben, wurde dieser erstaunliche Umstand von Bernhard Adolph Lehmann in einem Gedicht auf Manteuffel hervorgehoben. Das Dreiviertelporträt von der Hand Caroline Barduas zeigt den exquisit gekleideten Arzt etwa 50-jährig an einem Tisch sitzend, die Rechte auf ein Buch gelehnt, die Linke in den Mantel gesteckt. Er schaut den Betrachter aufmerksam an. Ein Vorhang, der den Oberkörper hinterfängt, gibt auf der rechten Seite den Blick in eine Landschaft frei. Mehrere Bücher auf einem Bord verweisen auf seine Gelehrsamkeit, zwei Petschaften am Gürtel auf seine Amtsgewalt und das auf der Brust befestigte Eiserne Kreuz auf seine hohe staatliche Auszeichnung. Die Darstellung des 1817 verliehenen Ordens gibt dem Porträt ein Datum post quem. Das Kulturhistorische Museum Magdeburg erinnerte 2021 an Magdeburger Gesichter des 19. Jahrhunderts. Die Porträts der Sonderausstellung sind weiterhin in der Kompakt-Zeitung zu finden. Seite 10, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Evita – bewegend, erfrischend, erlebenswert
Evita – bewegend, erfrischend, erlebenswert Szene mit Milica Jovanovic als Evita, Patrick Adrian Stamme als Che und (im Hintergrund) Dogukan Kuran als Juan Perón. Foto: Nilz Böhme Kompakt Zeitung Mit der neuen Inszenierung des Musicals „Evita“ ist ein wahrer Paukenschlag der Emotionen auf der Bühne des Theaters Magdeburg zu erleben. Das liegt zum einen natürlich an der Geschichte selbst, die Leben und Aufstieg der Eva Perón alias Evita umschreibt, und der Musik von Andrew Lloyd Webber. Zum anderen jedoch ist unter der Regie von Matthias Reichwald eine frische, bewegende Inszenierung entstanden, die zwischen historischen Bezügen und moderner Interpretation ihre Eigenheit entfaltet und mit Überraschungen aufwartet. Dabei setzt er den Fokus auf die Vielseitigkeit der Protagonistin Evita – madonnenhaft zu Beginn, im Rückblick dann die erfolgsorientierte, die verführerische, helfende, sterbenskranke. Eine Wandlung, die Milica Janovic in dieser Rolle facettenreich darstellt. In der Rolle des Che ist ein beeindruckender Parick Adrian Stamme zu erleben, der wie ein Märchenerzähler durchs Geschehen führt und in darstellerischer wie stimmlicher Weise überzeugende Akzente setzt. Die Handlung gestalten zahlreiche Mitstreiter, die symbiotisch zusammenwirken und den Gesamterfolg tragen. Sehr berührend sind die Auftritte vom (neuen) Kinderchor. Die Inszenierung führt in zwei Akten durch das Leben der Eva Peron. Es gibt viele Orts- und Zeitsprünge, die durch veränderbare Bühnenelemente und gezielte Videoeinsätze (Bühnenbild: Michel Lindner!) und variabler Kostüme (von Tanja Liebermann) beeindruckend dargestellt werden. Die wundervollen Tanzszenen führen vom argentinischen Tango bis zum modernen Jazz Dance und Hip-Hop (Choreografie: Volker Michl). Dazu das bravouröse Spiel der Magdeburgischen Philharmonie. Die musikalische Leitung oblag Paweł Popławsk. Das Musical Evita am Theater Magdeburg wird in deutscher Sprache aufgeführt und ist empfohlen für Besucher ab 10 Jahren. (ab) Seite 28, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023
Scharfe Sprüche: Deutschland – Märchenland
Scharfe Sprüche: Deutschland – Märchenland Olaf vom Hassel Kompakt Zeitung Klingelingeling, jetzt kommt der Weihnachtsmann … Nein, so weit ist es noch nicht. Aber wir stampfen mit festen Schritten in die Adventszeit. Was wird das wieder für ein Fest? Die Lichterwelt glitzert märchenhaft alle Probleme weg. Die Wirtschaft am Glühweinstand läuft auf Hochtouren, während andere das Land abwirtschaften und die süßen Verlockungen aus Schokolade sich über den bitteren Alltagsgeschmack legen. Ich weiß nicht, ob es Euch ähnlich geht, aber als Anfang 2020 der Weltvirus über die Menschheit kam, fühlte ich mich in eine Parallelwelt versetzt und es kommt mir vor, als wäre das sogenannte normale Leben eine Erzählung aus einem anderen Jahrtausend. Wir brauchen in dieser Zeit für einen Flughafen am Rande Berlins 14 Jahre und für eine gut 300 Meter lange Magdeburger Tunnelröhre sieben Jahre Bauzeit. Aber es träumen Leute davon, dass man das komplette Land innerhalb einer Dekade in der Energieerzeugung umwälzen könnte. Jedenfalls sollen bis 2030 – das sind noch gut sechs Jahre – 80 Prozent des Energiebedarfs aus sogenannten regenerativen Energien erzeugt werden. Oder anders zusammengekocht: Auf den von Chefkoch Robert H. veranschlagten 2 Prozent Fläche für Windkraftanlagen müssten dann bis zu 35.000 neue Windrührergeräte stehen. Deutschland – ein Märchenland. Ich rechne das Rezept mal weiter: eine Tonne Betonerzeugung emittiert 0,6 Tonnen CO2. Für das Fundament einer modernen großen rotierenden Strompalme muss ein Fundament von ca. 3.000 Tonnen Beton ins Erdreich gegossen werden. Fünf Meter tief und mit 15 Meter tiefen Bewährungssäulen. Kurzer Einschub: Wie sich das auf die Feuchtigkeit und die Wasserbewegung im Boden auswirkt – gerade, weil wir ja eine Menge Trockenheit beklagen – da versagt mein Kochverstand. Summa summarum werden jedenfalls für die Betonfundamente von 35.000 Windkraftanlagen schätzungsweise 63 Millionen Tonnen CO2-Gase erzeugt. Neudeutsch könnte man das auch Kohlendioxid-Boostern nennen. Durchimpfen hilft viel. Das weiß man ja. Damit der Energiebedarf im hiesigen Schlaraffenland sinkt, schneidet man nach und nach durch Vorschriften- und Preis-Tranchiermesser Scheiben von der Industrie ab. Auf diese Weise wird in den Hirnen von Hirnies das dringend benötigte Geld für den gewünschten Umbau und die Welthilfe auf allen Kontinenten zusammengekocht. Nun aber zurück zur Adventszeit. Dreht ruhig Eure Runden durch den Glöckchenzauber der Weihnachtsmärkte. Im Januar sind die Buden wieder weg und bei Olaf ist inzwischen noch immer keine Currywurstwende eingezogen. Jahresend- und andere Traditionen – das brauchen wir, um zu wissen, wer wir sind. Wissen wird ja heute überbewertet, weil ja alles im Internet steht. Doch wer nicht weiß, was man fragen kann, wird keine Fragen stellen. Übrigens, so eine echte Currywurst vom Scharfmacher Olaf schmeckt mit Adventsträumen noch viel besser. Garantiert. Seite 22, Kompakt Zeitung Nr. 245, 22. November 2023