Ich spreche Deutsch: Kongruenz

Ich spreche Deutsch:Kongruenz Dieter Mengwasser – Dipl.-Dolmetscher und -Übersetzer Kompakt Zeitung Dunkel erinnere ich mich, dass wir in der Schule etwas über Kongruenz gehört haben, und das bezog sich auf Dreiecke. Zu diesem Thema finde ich im Lexikon, dass mit Kongruenz die Deckungsgleichheit geometrischer Figuren gemeint ist. Für die Dreiecke gibt es dann vier Kongruenzsätze, wonach zwei Dreiecke kongruent sind, wenn entsprechende Seiten und Winkel übereinstimmen.  Das gehört zum Bereich der Mathematik oder Geometrie. Und Kongruenz soll es auch bei unserer deutschen Sprache geben? Ja, von ‚Kongruenz‘, entstanden aus dem lateinischen ‚congruens‘ mit der Bedeutung ‚passend zu‘, ‚übereinstimmend‘, ‚angemessen‘, können wir auch in unserer Sprache sprechen. Wenn nämlich in einem Satz alles richtig zueinander passt, dann herrscht Kongruenz. Vor einigen Monaten hatte ich überhaupt nicht daran gedacht, hier einen Beitrag in unserer Deutsch-Kolumne zu einem solchen Thema zu schreiben. Aber das Problem der fehlenden Kongruenz scheint in seiner Ausdehnung immer mehr zuzunehmen. Doch nun endlich ein praktisches Beispiel. In einem Magazin für Kinder sind die Mädchen und Jungen eingeladen, ein Rätsel zu lösen. Abgedruckt sind kleine Bilder von Gegenständen und Tieren, und die Kinder werden aufgefordert, auf folgende Frage zu antworten: „Welches der abgebildeten Gegenstände beginnt mit dem Buchstaben Z?“ Ich denke, liebe Leserinnen und Leser, dass es Ihnen nicht schwerfällt zu sagen, was hier nicht zusammenpasst. Ganz klar, es ist dieses Wörtchen ‚welches‘, das aus dem Rahmen fällt. Denn es bezieht sich auf ‚Gegenstände‘. Der Singular (Einzahl) von ‚Gegenstände‘ ist ‚Gegenstand‘. Und der Artikel (früher hieß es ‚Geschlechtswort‘, obwohl dies gar nichts mit dem Geschlecht eines Substantivs zu tun hat; die Zuordnung eines männlichen, weiblichen oder sächlichen Artikels zu einem Substantiv ist in unserer deutschen Sprache ganz willkürlich, historisch entstanden und jetzt überhaupt nicht mehr nachvollziehbar) zu ‚Gegenstand‘ ist ‚der‘, also heißt es ‚der Gegenstand‘. Und dazu passt nur das sogenannte Fragepronomen ‚welcher‘. Dementsprechend muss die Frage lauten: „Welcher der abgebildeten Gegenstände beginnt mit dem Buchstaben Z?“. Nun bitte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser um Entschuldigung. Entschuldigung, wenn Sie meinen, dass wir uns hier auf einem Niveau bewegen, wie es wahrscheinlich in den unteren Klassen der Grundschule üblich ist. Aber hat nicht ein Kindermagazin auch die Aufgabe, den jungen Menschen als Vorbild für die Vermittlung unserer Sprache zu dienen? Wie sollen die Kinder der zweiten Klasse, die sich freuen, dass sie alle Buchstaben kennen und schon Wörter und eventuell gar ganze Sätze lesen und verstehen können, mit einer Grammatik klarkommen, die nicht den Regeln entspricht? Und wie ergeht es erst den Kindern von Migranten, bei denen die Eltern selbst Mühe haben, die deutsche Sprache zu erlernen? Aber nicht nur die Macher des erwähnten Kindermagazins scheinen Schwierigkeiten zu haben. Wenn Sie ein paar Urlaubstage nicht in der Ferne, sondern im schönen Harz erleben wollen, dann können Sie Anregungen für Wanderungen usw. in der Tourist-Information Schierke finden. „Von der Brockenstraße ist die Tourist-Information über einige Treppenstufen oder einer kleinen Rampe zu erreichen.” Nehmen Sie doch lieber die Treppenstufen, denn über der kleinen Rampe müssten Sie doch vielleicht Kletterübungen vollziehen. Tja, bis zu ‚über einige Treppenstufen‘ hielten sich die Schreiber bewusst oder unbewusst an die Regel, dass die Präposition (Verhältniswort) ‚über‘ bei Bewegungsabläufen mit dem Akkusativ (4. Fall) verbunden wird. Aber dann wurde der Satz einfach zu lang. Da zogen sie es vor, den Dativ (3. Fall) zu nehmen: ‚über einer kleinen Rampe‘. Dabei wäre es so einfach gewesen: „… ist die Tourist-Information über einige Treppenstufen oder eine kleine Rampe zu erreichen.“ Und was erwartet Sie dann? „Literatur über Schierke, Wernigerode und dem Harz, Wander- und Fahrradkarten, Souvenirangebote sind in unserem Shop in der Tourist-Information erhältlich.“ ‚über‘ ist doch wirklich eine verteufelte Präposition, besonders, wenn sie sich auch noch auf mehrere Substantive danach bezieht. Also: „Literatur über … den Harz …“! Zum selben Thema Kongruenz, aber in der Sphäre Betriebsanleitungen zum Automobil. Immer mehr sogenannte Fahrerassistenzsysteme werden jetzt in den modernen Pkws verbaut. Das weiter entwickelte ABS (Antiblockiersystem) gehört dazu: „Durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder und dem Eingriff in die Motorleistung wirkt es beim Fahren dauerhaft dem Ausbrechen und Schleudern des Pkw entgegen.“ Und wenn Sie sich bei Ihrem Fahrzeug für einen Dachgepäckträger interessieren, dann beachten Sie bitte den folgenden Hinweis: „Die Höhe des Fahrzeuges verändert sich durch die Montage des Dachgepäckträgers sowie dem darauf befestigten Ladegut.“ Wieder diese Präpositionen! Freunde, ‚durch‘ steht immer mit dem 4. Fall, egal, wie viele Substantive hinterher folgen. Also: ‚… durch die Montage des Dachgepäckträgers sowie das darauf befestigte Ladegut.‘ ABS wirkt durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder und den Eingriff in die Motorleistung. „Noch intelligenter wird der Assistent dabei durch weitere Ausstattungen wie dem Navigationssystem und automatischer Schildererkennung.“ – dazu schreiben wir nur: Siehe oben!   Über die Schauspielerin Susanne Uhlen (66 Jahre, „Praxis Bülowbogen“) wird berichtet: „Für viele Fans kam der große Schock jedoch, als bei ihr Krebs diagnostiziert wurde und daher ihre Karriere vorerst auf Eis legen musste.“ Tröstlich wenigstens, wenn nicht die vielen Fans ihre Karriere auf Eis legen mussten. In Israel fanden die letzten Wahlen im Herbst 2022 statt. Ein eindeutiger Sieger war nicht auszumachen, aber das Ergebnis wird in einer überregionalen deutschen Zeitung so kommentiert: „In Israel kündigt sich eine rechtsextreme Regierung an, die in Europa seinesgleichen sucht.“ Trotz des traurigen Geschehens, das sich jetzt in Nahost abspielt, meine Frage: Wenn sich ältere Damen in Deutschland regelmäßig zum Kaffeekränzchen treffen, sind sie dann unter seinesgleichen oder unter ihresgleichen? Kongruenz spielt auch eine Rolle, wenn ein Sachverhalt in mehreren Sätzen eines Textes beschrieben wird. Kommen wir hier nochmal zum Thema Automobil: „Die Profiltiefe Ihres Reifens sollte regelmäßig gemessen werden. Sie gehören zu den meistbeanspruchten Teilen des Autos und sind entscheidend, um unsere Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten.“ Ganz klar, liebe Autofahrerinnen und -fahrer, dass Sie dieser Aussage nur zustimmen können. Sie haben eben verstanden, worum es geht. Aber was sind denn die meistbeanspruchten Teile des Autos? In dem vorausgehenden Satz ist nur von der ‚Profiltiefe Ihres Reifens‘ die Rede. Ihr Auto hat natürlich vier Reifen. Aber ‚Reifen‘ im Plural wird nicht erwähnt. Und hier kommen wir, liebe Leserinnen und Leser,

Meter 65: Erzbischof Albrecht und die Auseinandersetzung mit Kaiser Otto IV.

Meter 65: Erzbischof Albrecht und die Auseinandersetzung mit Kaiser Otto IV. Michael Ronshausen Erzählungen aus der gotischen Kathedrale Kompakt Zeitung Im Chorumgang des Magdeburger Doms findet sich seit 800 Jahren ein Kapitell mit einem künstlerischen Detail, welches nicht biblischen Ursprungs ist. Es zeigt einen im geistlichen Ornat gekleideten Mann, der mit der linken Hand einen Wolf an der Kehle packt und mit der rechten Faust auf das Tier einschlagen will. Bei dem Geistlichen handelt es sich laut Überlieferung um den Magdeburger Erzbischof Albrecht von Käfernburg, der als bedeutender Repräsentant der Kirche unterwegs war und als Begründer des Domneubaus in die Geschichte der Stadt einging. Zudem war Albrecht im politisch-weltlichen Bereich aktiv. Wenige Monate nach seiner Weihe zum Magdeburger Erzbischof brannte in einem Großfeuer am 20. April 1207 der aus dem 10. Jahrhundert stammende Dom Ottos des Großen ab. Albrecht, der während seiner Ausbildung in Paris die frühen Bauten der französischen Gotik gesehen hatte, importierte den Stil und wurde mit dem Domneubau zu einem der Begründer jener neuen Formensprache. Von „seinem“ Dom hat Albrecht – er starb 1232 – jedoch nur die Entstehung der östlichen Bereiche erlebt sowie die Erbauung des Chorumgangs, ausgestaltet mit einem um 1220 erschaffenen Bildprogramm an den Kapitellen, in dem sich auch jene Gewaltszene zwischen ihm und dem Wolf abspielt. In der hohen Politik war Albrecht anfangs ein Parteigänger des „Wolfes“, sprich des Welfen – des einzigen Angehörigen dieses Hauses, der unter dem Namen Otto IV. die römisch-deutsche Kaiserkrone trug. Politisch geriet Otto durch seinen Versuch, den nördlichen Teil seines Reiches wieder mit dem sizilianischen Landesteil zu vereinen, in einen schweren Konflikt mit dem Papst, was schließlich zu seiner Exkommunikation führte. Albrecht beendete daraufhin sein Engagement für den Kaiser, was langjährige kriegerische Auseinandersetzungen zur Folge hatte, von denen auch das Magdeburger Erzbistum betroffen war. Erst mit Ottos Tod 1218 löste sich dieser Konflikt auf. Im Dom sorgte Albrecht mit seiner (Selbst)darstellung eines wehrhaften Geistlichen im Kampf gegen den Welfen für ein steinernes Mal, um an diese Ereignisse zu erinnern. Nicht verschwiegen werden sollte eine andere Interpretation jenes, von einem namentlich nicht bekannten Meister erschaffenen Kunstwerks. Keine geringere als die später heiliggesprochene Mechthild von Magdeburg (1207-1282) soll vor eben jenem Kapitell ihre Bekehrung erlebt haben. In ihrem Buch „Das fließende Licht der Gottheit“ beschreibt Mechthild die Seele, die sich durch das Dickicht des irdischen Daseins müht und vom Bösen – dem Teufel – wie von einem Wolf angefallen wird, der sie verschlingen will. Dieses Bild aus ihrem Buch hat literaturgeschichtlich schließlich Dante Alighieris „Göttliche Komödie“ beeinflusst, die mit der Schilderung der Hölle im Ersten Gesang beginnt. Überliefert worden ist diese Interpretation irgendwann in den frühen 60er-Jahren in der damaligen CDU-Zeitung „Der neue Weg“, veröffentlicht durch den Magdeburger Heimatforscher Werner Priegnitz. Seite 9, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Essen und Trinken – und wie man davon singt

Essen und Trinken – und wie man davon singt Reinhard Szibor und Günter Szibor Hat man früher gemeinsam Volkslieder gesungen, findet das heute kaum noch statt. Dabei finden Angebote wie Konzerte zum Mitsingen Anklang. Das Magdeburger Weihnachtssingen in der MDCC-Arena bringt sogar tausende Sangesfreudige zusammen. Dieser Artikel ist ein Plädoyer für die Pflege des Volksliedes und beleuchtet einen speziellen thematischen Aspekt. Kompakt Zeitung Die Biederitzer Kantorei hat ein Kochbuch herausgegeben, in dem es Kreationen von Speisen gibt, die an den geselligen Abenden des Chores mitgebracht werden, darüber hinaus auch weitere Rezepte und Tipps, die wir zum Nachkochen beziehungsweise zum Befolgen empfehlen und darüber hinaus kurzweilige Texte. Wie wär´s, wenn wir unser Kochbuch, ganz chorgemäß, mit ein paar Liedern zum Thema „Essen und Trinken“ auflockern? So jedenfalls war unsere Idee. Weinlieder kennen wir viele, aber Lieder zum Essen fielen uns nicht gleich ein. Ja richtig, es gibt diesen Operetten- und Schlagerschatz. Der Zigeunerbaron singt davon, dass er Borstenvieh und Schweinespeck als seinen idealen Lebenszweck erkannt hätte. Die Älteren unter uns erinnern sich auch an Gus Backus, der singend bekundete, dass er nicht nur gerne Polka tanzt, sondern auch ein Faible für Sauerkraut hätte – er und auch seine Braut, die Edeltraud. Peter Alexander besang „Salzburger Nockerln“ und „Powidltatschkerln aus der schönen Tschechoslowakei“. Und vor vier Jahren hörte man aus aktuellem Anlass im Rundfunk immer wieder Herbert Grönemeyer mit seinem Loblied auf die Currywurst, denn die wurde angeblich am 4. September 1949 erfunden, drei Tage vor der ersten Sitzung des Deutschen Bundestages. Letzterer beschäftigt sich gegenwärtig damit, wie man den Konsum von Fleisch, also auch den von Currywürsten zurückdrängen kann. Herbert Grönemeyer wird heute sicher seine damalige Lobpreisung des Fleischkonsums bedauern, ist er doch, wenn man seiner Selbstdarstellung glauben darf, zu einem Anhänger der woken Lebensweise mutiert. Nun ist er ein bekennender Greta-Fan, was nach seinem Lied „Kinder an die Macht“ nicht verwundert. Greta Thunberg, die jugendliche Klimaaktivistin aus Schweden, die seit dem Jahr 2018 die Schlagzeilen beherrscht, ist gegen Fleisch und Currywurst – des Klimas wegen, Grönemeyer jetzt bestimmt auch. Sei‘s drum, die Schlager- und Operettenwelt steht nicht so sehr im Fokus der Biederitzer Kantorei. Also haben wir weder den Arien aus dem Zigeunerbaron noch Grönemeyers Wurstlied in unserem Kochbuch Platz eingeräumt. Auch nicht der Lobhudelei des Vegetarischen von Peter Alexander und Gus Backus. Auf der Suche nach dem Lob des Essens im deutschen Liederschatz griffen wir zum „Zupfgeigenhansl“, dem wohl bedeutendsten Volksliederbuch aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Trinklieder gab es da viele, aber zum Thema Essen fanden wir nichts. Sogar der „Liederschatz der deutschen Schank- und Gastwirte“ von 1908 bot dasselbe Bild. Also mussten wir im Kommersbuch nachschauen. Es ist das bekannteste Liederbuch für den Gebrauch in der studentischen Kneipe in Deutschland. Es erschien erstmals 1858 und erreichte im Jahre 2021 seine 167. Auflage.  In seiner neuesten Ausgabe enthält es über 700 Lieder, darunter hauptsächlich Studenten- und Volkslieder. Ob wohl heutige Studenten überhaupt noch solche Lieder singen? Naja, vielleicht die Minderheit der Burschenschaften, aber die sind in der veröffentlichten Meinung „rechts“, und somit negativ beleumundet. Und dies, obwohl die Burschenschaften historisch gesehen die Demokratisierung Deutschlands entscheidend vorangetrieben haben.   „ca, ca geschmauset“   Unser Vorhaben, Lieder herauszusuchen, die sich mit dem Essen beschäftigen, hat sich als schwierige Aufgabe herausgestellt. Wir haben den deutschen Liederschatz in den genannten Volksliederbüchern nachgeschaut. Das Ergebnis war unerwartet: Kaum Esslieder! „ca, ca geschmauset“ ist da eine Ausnahme, wo es heißt „edite, bibite …”, also das Essen an erster Stelle, vor dem Trinken. Oder der 7. Vers aus dem Lied „Wo soll ich mich hinkehren“: „Steck an die Schweinenbraten, darzu die Hühner jung! (sic)“, heißt es da. Doch dann haben wir rein gar nichts mehr gefunden, dafür hunderte Lieder vom Trinken. Auch in den beiden obigen Liedern geht es eigentlich ums Trinken. Und dabei dreht sich alles um Wein. Bier ist eine Ausnahme. Wenn überhaupt, dann ist vom Gerstensaft die Rede, vom Gerstenwein oder schäumenden Gerstengetränken oder vom steinernen Krug. Dem Bier haftet etwas Profanes an. Im deutschen Volkslied trinkt man Wein und, wenn das nicht möglich ist, Wasser aus einem „Brünnlein kalt“. Saufen tun sie in den Volks- und besonders in den Studentenliedern wie die Tümpelkröten. Da trinkt der „Zwerg Perkeo“ im Keller des Heidelberger Schlosses ein Riesenfass ganz allein aus! Essen ist nicht! Wovon ist sonst die Rede im deutschen Volkslied? Von Liebesfreud und Liebesleid, Treue und Untreue, von der Heimat und von der Ferne, vom Vaterland, vom Kampf, vom Sterben und Tod, vom fröhlichen Jagen und von der Natur. Und hier ist es fast ausschließlich der Frühling, der Lenz, der Mai. „Der Winter ist vergangen, ich seh’ des Maien Schein“. März, April und andere Monate sind nicht gefragt. Na gut, „Im Märzen der Bauer“, „Bunt sind schon die Wälder“ und „Der Winter ist ein rechter Mann“ gehören zu den Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Aber sonst fast immer der Mai! Und die Nachtigall! Vom Wandern ist die Rede und vom Auszug aus der Heimat. „Nun leb wohl, du kleine Gasse. Nun ade du stilles Dach! Vater, Mutter sahn mir traurig und die Liebste sah mir nach“. Ob sie ihm wenigstens ein ordentliches Stullenpaket mitgegeben haben?   „Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen”   Aber das Hauptthema ist die Liebe, die Liebe und das Trinken. „Ich liebe den Wein, mein Mädchen vor allen, sie tut mir allein am besten gefallen. Ich bin nicht alleine bei meinem Glas Weine, mein Mädchen dabei: die Gedanken sind frei.“ Wenn der wandernde Handwerksbursche das Essen erwähnt, dann als Unmutsäußerung: „Sie, sie, sie und sie, Frau Meistrin (sic) leb sie wohl. Ich sag´s ihr grad frei in´s Gesicht, ihr Speck und Kraut, das schmeckt mir nicht …“ Auch bei den großen Komponisten ist es nicht anders. Von Johann Sebastian Bach gibt es zum Thema Essen nur einen Negativbericht in Form eines Kanons: „Kraut und Rüben haben mich vertrieben, hätt meine Mutter Fleisch gekocht, wär ich länger blieben!“ Hätte er nicht auch mal Gänsebraten mit Rotkohl und Thüringer Klößen „bekomponieren“ können, wo er doch in

Stets frisch gerösteter Kaffee und Gebäck aus eigenem Herd

Stets frisch gerösteter Kaffee und Gebäck aus eigenem Herd Birgit Ahlert Seposita-Inhaber Holger BrandtFoto: Peter Gercke Kompakt Zeitung Eine gemütliche Auszeit nehmen, bei frisch gerös­tetem Kaffee und selbstgebackenem Kuchen in angenehmer Atmosphäre – dafür ist die Kaffeerösterei „Seposita“ in Magdeburg-Stadtfeld bekannt und beliebt. Hier röstet der Chef höchstpersönlich die Bohnen und stellt daraus feinsten Kaffee her. Der kann sowohl direkt vor Ort genossen als auch mit nach Hause genommen werden. Geschäftsführer Holger Brandt legt Wert auf schonendes Röstverfahren bei einer Höchsttemperatur von 175 Grad. Zum Vergleich: industrielle Herstellung erfolgt bei bis zu 600 Grad. Dabei entstehen weniger Röst- als Brandaromen, erklärt der Kaffeesommelier. Die Schnellröstung (90-150 Sekunden) bei hoher Temperatur erzeugt zudem Bitterstoffe, Chlorogensäure und Acrylamid. Das schonende Verfahren von Holger Brandt dauert bis zu 20 Minuten und macht das „braune Gold“ bekömmlicher. Milch und Zucker braucht es für den Genuss nicht, erklärt der Kaffeeliebhaber. „Gut gerösteter Kaffee ist weder bitter noch sauer und Sie können ihn sogar lauwarm oder kalt genießen.“ Zum Angebot gehören 10 selbstgeröstete Arabika-Hochlandkaffees sowie zwei eigene Magdeburg-Mischungen: „Otto“ und „Editha“. Seine Kaffeeröstungen sind ausgezeichnet. So erhielt er u.a. den Kulinarischen Stern für seinen Uganda Bugisu „Mount Elgon“, einem Projektkaffee. Das heißt: Der Kaffee hat nicht nur einen erlesenen Geschmack, zudem kommen Teile des Erlöses Projekten in der Herstellungsregion zugute. Denn bei der Auswahl der Zulieferungen legt Holger Brandt Wert auf Nachhaltigkeit und fairen Handel. So wie er bei allen Angeboten seines Kaffeehauses auf Herkunft und Qualität achtet. Wer lieber Tee als Kaffee trinkt, für den hält Holger Brandt 60 verschiedene Sorten bereit. Dazu kann Schmackhaftes aus der hauseigenen Backstube genossen werden. Das Angebot variiert je nach Jahreszeit. So gibt es im Sommer Erdbeerkuchen, im Winter eher Frankfurter Kranz (übrigens sogar mit selbst hergestelltem Krokant). Zeitlos beliebt sind Apfel-Kuchen, Quark- und Stachelbeer-Baiser sowie – vor allem bei Männern, wie Holger Brandt verrät – die Torte mit viel Mohn und Rosinen. Bei der Herstellung wird ausschließlich regionales Obst verarbeitet, gebacken wird nach alten Familienrezepten. Seit der Eröffnung 2014 hat Holger Brand das Sortiment in seiner Gastlichkeit stetig erweitert. Dabei legt er großen Wert auf Regionalität und Regionsverbundenheit. So sind in seinem Sortiment besondere Magdeburg-Souvenirs zu finden. Neben den bereits erwähnten Kaffeemischungen beispielsweise Magdeburger Motivschokolade oder (neu) handgefertigte Grußkarten mit Stadtansichten. Weitere regionale Köstlichkeiten bezieht er aus dem direkten Umland, aus der Altmark oder dem Harz. Das Angebot reicht von Säften über Marmelade bis zu (Straußen-)Eierlikör. Ins Sortiment kommt nur, was der Chef zuvor selbst getes­tet und für gut befunden hat. Direkter Kontakt mit den Herstellern ist ihm wichtig. Nur das garantiert die gewünschte Qualität, erklärt er. Geöffnet hat das Kaffeehaus an der Olvenstedter Straße montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr. Geröstet wird nach Bedarf, zumeist vormittags bzw. bis 14 Uhr oder nach Bestellung. Wer einmal dabei sein und sich über Herstellung und Besonderheiten informieren möchte, kann mit Holger Brandt einen Termin vereinbaren. Informationen unter www.kaffeeroesterei-seposita.de Seite 20, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Heimat ist immer ein Abenteuer

Heimat ist immer ein Abenteuer Thomas Wischnewski Der gebürtige Magdeburger Frank Stern, der in München und Singapur zu Hause ist, reiste im vergangenen Jahr zu Orten, die mit seinem ostdeutschen Werdegang verwoben sind. Das Buch „Einmal Osten und zurück“ ist ein persönlicher Erlebnisbericht, der mit deutscher Geschichte gewürzt ist und neugierig auf Stippvisiten zwischen Kap Arkona und Chemnitz macht. Kompakt Zeitung „Wo gehen wir denn hin? Immer nach Hause.“ Dieses Zitat hat der freie Reisejournalist Frank Stern seinem jüngsten Buch „Einmal Osten und zurück“ vorangestellt, weil er in 22 Kapiteln eine Reise in die Vergangenheit unternimmt. Das ist so nicht ganz richtig. Denn in der Zeit zurückzureisen, das geht natürlich nicht. Und doch verwebt der Autor – mit einem Abstecher in Bansin, dann weiteren entlang der Ostseeküste, er macht Station in allen ostdeutschen Bundesländern – auf 124 Seiten „Erlebtes, Erlittenes und Erhofftes“ aus Jugendtagen mit den heute sichtbaren ostdeutschen Städten und manchen ihrer Wahrzeichen.    Man muss über Frank Stern wissen, dass er 1958 in Magdeburg geboren wurde, in der DDR das Abitur erwarb, den Pflichtwehrdienst absolvierte und anfing an der PH Magdeburg Sport und Deutsch zu studieren. Für seine gewonnenen kritischen Einsichten über den sozialistischen Staat wurde er schließlich denunziert, verhaftet und 1983 – wie das oft gang und gäbe war – in die Bundesrepublik freigekauft. Nach Politikstudium und Zeitungsvolontariat arbeitete er bei einer Nachrichtenagentur. Nebenher begann Frank Stern, Reisereportagen zu schreiben, die ihn rund um die Welt führten und die unter anderem in der FAZ, der Welt am Sonntag, auf Zeit Online, auf geo.de, in der Straits Times (Singapur) und im Globetrotter Magazin (Schweiz) erschienen sind. Frank Stern lebt heute in München und Singapur. Aber in die Heimat – vor allem nach Magdeburg – zieht es ihn immer wieder. Familie und Wurzeln sind einfach unkappbare Bande. Der Magdeburger Dom und die mit der Kathedrale verknüpfte Geschichte darf eingangs seiner Zeitreise nicht fehlen. Die persönliche Geschichte des Autors blitzt an der einen oder anderen Stelle des Buches immer wieder mal auf. Da ist beispielsweise vom Stasi-Mann die Rede, der ihm die Handfesseln so locker anlegte, dass er seine Hände herauswinden konnte. Aber die Erlebnisse dieser Vergangenheit sind letztlich nur Randnotizen. „Einmal Osten und zurück“ ist eher ein kleiner Reiseführer. Abgesehen davon, dass es der Autor versteht, seinen Texten Ironie einzuhauchen, ist das Aufgeschriebene pure Kurzweil. Wer zügig zu lesen vermag, schafft den Umfang an einem längeren Abend.Der Gewinn für Leser ergibt sich jedoch aus den zahlreichen Details zu geschichtlichen Zahlen, Fakten und Geschehnissen, mit denen Frank Stern die Reisebilder würzt. Es gelingt ihm mit den oft kleinen historischen Einwürfen, mit manchem regionalgeschichtlichen Namen, Gebäuden sowie Dokumenten seine Leser zu fesseln und neugierig auf die Reisestationen zu machen. In Rheinsberg darf der Hinweis auf Kurt Tucholsky nicht fehlen. Theodor Fontane hatte 1881 nichts Erwähnenswertes in Bad Saarow am Scharmützelsee entdeckt. Ganz anders müssten es indes Maxim Gorki oder die Boxlegende Max Schmeling erlebt haben. Letzterer heiratete 1933 in der Saarower Kirche die Schauspielerin Anny Ondra. Frank Stern begegnet Martin Luther an mehreren Orten. In Naumburg ist es nicht nur Friedrich Nietzsche, auf dessen Spuren er sich begibt, sondern es sind die „Feuerwächter“ und die mehrfachen Brände bzw. die sich darum rankenden Ereignisse, mit denen der Autor ein tieferes Interesse für die Stadt im Süden von Sachsen-Anhalt entfachen kann. Gerade weil Frank Stern keinen lexikalischen Reiseführer und keinen umfassenden Reiseroman aus seinen Stippvisiten im Osten gemacht hat, ist das Buch für all jene eine Empfehlung, die Inspirationen für Ausflüge und Kurzreisen suchen. Für ostdeutsche Leser kann es eine Entdeckungsreise in der weiteren Heimat sein, für jüngere ein geschichtlicher Kompass und für Menschen mit westdeutschen Wurzeln ein gesamtdeutsches Geschichtsabenteuer. Einmal Osten und zurück (Frank Stern) Herausgeber: telescope; New Edition, Erschienen: 27.10.2023, Broschiert: 124 Seiten, ISBN: 978-3959151412 Seite 24, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Traditionsprodukte wiederbelebt

Traditionsprodukte wiederbelebt Kompakt Zeitung Kurz vor Ostern 2021 war er wieder da – der „Machdeburjer Mostrich“. Zuvor war 30 Jahre lang eines der traditionsreichsten Produkte der Landeshauptstadt wie vom Erdboden verschwunden. Denn „Mostrich“ wurde in Sudenburg seit 1882 hergestellt – und zwar von der Mostrich-, Weinessig- und Essigspritfabrik Voigt & Co.“ Die Fabrik war im Langen Weg 45 zu Hause und typisch für den Mostrich aus dem Hause Voigt waren geschrotete Senfkörner, die ihm diese einzigartige Konsistenz verliehen, die er nun wieder hat. Der ebenfalls vor Ort hergestellte Branntweinessig gab in einem penibel vorgeschriebenen Mengenverhältnis dem Mostrich die einzigartige pikant-würzige Note, die jetzt ebenfalls wieder zu schmecken ist.  Denn in Anlehnung an die alte Expertise der Sudenburger „Mostrich-, Weinessig- und Essigsprit-Fabrik Voigt & Co GmbH“ (1882-1972) ist der „Machdeburjer Mostrich“ seit 2021 in Märkten von Edeka, Rewe und Kaufland  wieder zu finden. Die Nachfrage war so groß, dass es inzwischen zwei weitere Sorten gibt: „Scharf wie hulle“ und „Machdeburjer Biermostrich“, in dem das Sudenburger Rubin-Bier beigemischt ist. Da sich angesichts des guten traditionellen Geschmacks die Nachfrage längst nicht mehr nur auf Stadt und Region beschränkt, gibt es den www.machdeburjer.shop, wo neben den drei Mostrichsorten auch Geschenkboxen und einige weitere typische Machdeburjer Feinkostartikel geordert werden können. Seit der „Machdeburjer Mostrich“ im Vorjahr einen Stand auf der Grünen Woche betrieb, werden mehrere tausend Gläser pro Jahr deutschlandweit verschickt. Zum Erfolg gehört auch, dass die Produktpalette regelmäßig eine Erweiterung erfährt. Da gibt es u. a. „Machdeburjer Senföl“ in Anlehnung an die Geschichte der Ölfabrik „Hubbe & Farenholtz“ und „VEB Öl- und Fettwerke „Hans Schellheimer“. Oder seit Neuestem „Machdeburjer Bollchen“, die nach der Expertise der Schokoladenfabrik „Schondorff & Curio“ (1887-1989) hergestellt werden. Der Clou des dunklen Sahnebonbons: Je kleiner das Bonbon im Mund wird, desto größer die Überraschung durch Crunch im Gaumen. Zu besonderen Anlässen werden im machdeburjer.shop Besonderheiten angeboten: Das „Machdeburjer Marschjepäck – Jut für janze Kerle“ zum Herrentag und der „Machdeburjer Jenusskoffer – Feines für die Futterluke“ zu Weihnachten – waren stets binnen weniger Tage verkauft. Im machdeburjer.shop tummeln sich inzwischen zahlreiche Anbieter lokaler Spezialitäten: Da gibt es u. a. Pottsuse, Sülze, Rotwurst, Wurstwaren nach lokaler Rezeptur aus dem Hause „Sudenburger“, Kaffee von Kröm, Honig von Jörg Segler, FCM-Bücher von mdSport oder Kalender „Machdeburch anno Knips“ von KompaktMedia oder der mehrfach preisgekrönte „Machdeburjer Glümmel“-Glühwein. Seite 18, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Kaffeeklatsch: Glücklich mit Kaffee, Kuchen und Kunst

Kaffeeklatsch: Glücklich mit Kaffee, Kuchen und Kunst Kompakt Zeitung Für viele Menschen beginnt jeder neue Tag mit einer Tasse Kaffee. Das neue Jahr beginnt am besten mit dem Besuch eines Cafés, möchte ich diesen Gedanken fortführen. Vorzugsweise mit dem Besuch in unserem Café natürlich.  Für glückliche Momente im neuen Jahr. Bei uns ist alles darauf eingestellt. Und wir bieten Ihnen auch 2024 „Geschmack der Heimat“, um den es in dieser Kompakt-Zeitung geht. Dazu gehören Speisen nach traditionellen Rezepten. Bei den Kuchen ist es der Magdeburger Bienenstich beispielsweise, bei den herzhaften Angeboten gehört die Kartoffelsuppe Bördeland dazu und vieles mehr. Die Traditionen verbinden wir stets mit neuen Kreationen. So können Sie davon ausgehen, dass im Laufe des Jahres immer wieder Neues ins Repertoire aufgenommen wird. Apropos Repertoire. Es wird auch wieder künstlerisch bei uns im Café. Wir führen die Zusammenarbeit mit dem Weinstudio Grün-Rot fort und laden gemeinsam zu zwei besonderen Veranstaltungen ein. Los gehts am 26. Januar mit Tino Eisbrenner. Er legt bei uns einen Zwischenstopp auf seiner Kaleidoskop-Tour ein. Ab 20 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) wird gesungen, gespielt und gelesen. Mit „Flunder“ folgt am 24. Februar ein Singer-Songwriter aus unserer Heimat, der beste handgemachte Musik bietet. Der Magdeburger Multi-Instrumentalist spielt nicht nur Akustikgitarre, sondern begleitet sich auch mit der Mundharmonika oder am Piano. Neben eigenen Liedern gehören Songs von Bob Dylan, J.J. Cale oder Neil Young zu seinem Repertoire. Karten können ab sofort bei uns im Café bestellt werden. Kaffee, Kuchen und Kunst – eine Kombination, die glücksverheißend klingt. Zum Glücklichsein gehört auch ein tolles Team. Das haben wir hier im Café mit netten Kolleginnen und Kollegen. Haben Sie Lust, dazu zu gehören? Wir könnten noch Verstärkung gebrauchen.  Die Arbeitszeiten sind familienfreundlicher als sonst in der Gastronomie und nach 18 Uhr können die Abende noch mit der Familie genossen werden. Letztlich möchte ich nicht vergessen, darauf hinzuweisen: Wenn Sie in diesem Jahr eine Feier planen – ob privat oder im Kollegenkreis – wir bieten Ihnen Feiermöglichkeiten vom kleinen Kreis bis zum separaten Raum für Gruppen.  Kommen Sie doch einfach vorbei, auf einen Kaffee, ein Stück Kuchen oder einen Imbiss zur Mittagszeit, schauen Sie sich um und sprechen uns an. Wir freuen uns auf Sie. Ihre Anja Hundertmark, Bedienung von Gemäldestube und Café Alt Magdeburg Das Café „Alt Magdeburg” mit Gemäldestube ist leicht zu finden in der Grünen Zitadelle, Breiter Weg 8a; zu erreichen über den Innenhof. Geöffnet täglich 9 bis 18 Uhr. Reservierungen unter Tel. 0391/5 82 31 54. Seite 19, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Mehr als Veranstaltungen: Festung Mark als Ort der Kommunikation

Mehr als Veranstaltungen: Festung Mark als Ort der Kommunikation Die Festung Mark ist fester Bestandteil der Kulturszene der Landeshauptstadt. Es finden Veranstaltungen unterschiedlichster Couleur statt. Birgit Ahlert unterhielt sich darüber mit Geschäftsführer Christian Szibor. Christian Szibor, Geschäftsführer der Festung Mark Foto: Peter Gercke Kompakt Zeitung Zunächst: Wie schauen Sie auf das vergangene Jahr zurück? Es war ein extrem anstrengendes Jahr, in vielerlei Hinsicht. Es ist noch nicht wieder so wie vor Corona, mehr ein auf und ab. Manche Veranstaltungen sind sehr gut gelaufen, andere zeigten sich in der Resonanz überraschend schwierig. Darunter einige, die in den Vorjahren Selbstläufer waren.   Was sehen Sie als Ursachen dafür? Schwer zu sagen. Wir sind gerade dabei, das Jahr auszuwerten und zu analysieren. Das ist ja auch wichtig für die neuen Planungen. Die Auswirkungen der Coronakrise beeinflussen das Leben länger als gedacht. Es ist danach nicht einfach wieder so wie vorher. Das wirkt sich auf alle Bereiche der Gesellschaft aus. Hinzu kommt das weltweite Geschehen mit Kriegen und Katastrophen. Wenn schlimme Dinge passieren, geht das nicht spurlos vorbei und lässt sich nicht einfach abschütteln. Andererseits finden wir es gerade jetzt wichtig, unseren Besuchern die schönen Seiten des Lebens zu zeigen. Wie das funktionieren kann, zeigten Veranstaltungen wie die Candlelight-Konzerte, die alle ausverkauft waren, oder die Kaffee-Musik-Nachmittage für Senioren, womit wir unsere Angebote generationsübergreifend erweitert haben. Das kam sehr gut an.   Womit möchten Sie die Besucher 2024 erfreuen? Womit wir in den letzten Jahren begonnen haben, wollen wir stabilisieren beziehungsweise mit neuer Energie angehen. So wird es nach Corona-bedingter Pause im Februar wieder die „Festung kunterbunt“ geben, bei der Kinder die Festung erobern. Dann starten wir in die Frühlingssaison mit dem traditionellen Dreiklang: Irish Folk Festival, Frühlingsmarkt und Osterfeuer. „Magdeburg tanzt“ folgt am 30. April, unser „Tanz in den Mai“ in modernisierter Art. Das haben wir im vorigen Jahr erstmals angeboten und es fand großen Anklang. Das Kultur Picknick im Sommer wollen wir weiterentwickeln und mit „Luises Garten“ verknüpfen. Also Freiluft-Kultur in verschiedenen Räumen, nicht nur auf der Wiese, sondern direkt auch auf dem Fes-tungsgelände bieten. Dann wird es eine Reihe großer Konzerte geben. Wir freuen uns, dass Bands wie InExtremo, Saltatio Mortes und Mono Inc. wieder bei uns im Innenhof zu erleben sein werden. Wir wollen nicht nur (Mittelalter)Rock bieten, sondern die Vielfalt der Kultur abbilden, bis zur Klassik. Einiges davon ist natürlich beim Kultur Picknick zu finden. Was darüber hinaus möglich ist, befindet sich gerade in der Planung.   Was  verbirgt sich hinter dem Titel „Metamorphosis – Luises Garten meets Stübchen“? Das ist das Projekt unserer jungen Leute, Azubis und FSJlerin, im neuen „Garten“, im grünen Hof. Es gibt Veranstaltungen mit freiem Eintritt, Musik von DJs und kleinem Vintage-Markt. Im Winter findet das nicht draußen, sondern im Stübchen statt. Jetzt treffen sich dort alle Altersgruppen.    Gibt es die Freie Bühne mit Session weiterhin? Donnerstag ist Stübchentag, mit freiem Eintritt und verschiedenen Angeboten. Einmal im Monat die Freie Bühne mit Session. Aber wir erarbeiten mit unseren jungen Mitarbeitern ein erweitertes Konzept, sodass der Raum auch als Treffpunkt, ähnlich einer Kneipe, genutzt werden kann. Wir haben dort Kickertische und Dartscheiben. Wir möchten Gäste auch unabhängig von Veranstaltungen einladen, den Raum als kommunikativen Ort zu nutzen.  Seite 11, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Film verrückt: Tipps von Lars Johansen

Film verrückt Tipps von Lars Johansen Kompakt Zeitung In dieser Rubrik möchte ich Filme oder Serien empfehlen, die Sie im Kino oder auf dem Bildschirm zu Hause einmal anschauen sollten. Dabei möchte ich Ihren Blick auf eher Ungewöhnliches lenken. „Moloch“ ist ein kleiner holländischer Gruselfilm aus dem Jahr 2022. Und ich sage Grusel, weil es eben kein Horror ist, sondern wundervoll altmodischer Grusel. Die Geschichte ist vielleicht nicht neu, aber sie wird angenehm düster erzählt, und das einsam gelegene Haus mitten in dem Sumpfgebiet, in welchem gerade einige Moorleichen ausgegraben werden, bietet einen atmosphärischen Schauplatz. Wallende Nebel und ein paar blutige Erinnerungen der weiblichen Hauptfigur sind geschickt eingesetzt. Und die Geschichte, ob es einen Familienfluch gibt und die weiblichen Mitglieder der Familie gar einer alten babylonischen Gottheit geopfert werden, vermag gut zu unterhalten. Ein weiterer gelungener Beitrag zum gerade populären „Folk-Horror“, der den Schre-cken auf dem Land verortet. „Mordrezepte der Barbouzes“ aus dem Jahre 1964 dagegen ist ein Spionagefilm, der sein Genre gelungen komödiantisch aufarbeitet. Mit Lino Ventura und Mireille Darc in den Hauptrollen kann da auch nicht allzu viel schiefgehen. Die neue Veröffentlichung im limitierten Mediabook enthält einen nicht allzu kurzen Text von mir, der ein wenig über beides, Film und Genre, informiert. Kurz, es lohnt sich, da zuzuschlagen, denn Bild und Ton sind tadellos und der Erstveröffentlichung haushoch überlegen. Im Kino kann man jetzt „Der Junge und der Reiher“ schauen. Das ist der neue Film von Hayao Miyazaki, also ein japanischer Zeichentrickfilm, ein Anime. Und wie es sich für einen seiner Filme gehört, ist er zum einen unbedingt sehenswert und richtet sich zum anderen eben nicht nur an Kinder, sondern auch an Erwachsene. Ein echter Familienfilm also, der so klug wie poetisch vom Erwachsenwerden erzählt, von den Unsicherheiten eines Heranwachsenden und vor allem und immer wieder von der Liebe. Diese universelle Botschaft beeindruckt auch durch die zeichnerische Perfektion dieses Meisterwerks. Seite 12, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

Magdeburger Gesichter: Ehepaar Voigtel junior

Magdeburger Gesichter: Ehepaar Voigtel junior Gabriele Köster Kompakt Zeitung Johann Carl Voigtel (1761–1849) war ein preußischer Regierungsbeamter. Er war der älteste Sohn des Ehepaares Traugott Liebegott und Charlotte Regine Voigtel sowie der ältere Bruder Friedrich Wilhelm Traugott Voigtels. Aus der Wahl seiner Taufpaten lassen sich die Verankerung der Eltern in der preußischen Beamtenschaft und wohl auch die Ambitionen für den Sohn bereits erschließen. Die fünf Paten waren der Geheime Rat Ursinus aus Berlin, der Kriegsrat Tournier aus Berlin sowie der Assessor Tournier, die Frau Hofrätin Schlutius und die Frau Cassier Klingen aus Eisleben. Nach dem Besuch der Domschule in Magdeburg studierte Voigtel ab 1780 Jurisprudenz in Halle (Saale). 1785 trat er sein Referendariat in der Kriegs- und Domänenkammer Magdeburg an, das er 1789 mit gutem Ergebnis abschloss. Noch in demselben Jahr erhielt er zunächst eine halbe Präbende am Stift St. Sebastian, die wenige Monate später zu einer vollen Präbende erweitert wurde.   1794 wurde er zum Kriegs- und Domänenrat ernannt und behielt dieses Amt auch in napoleonischer Zeit. Als Domäneninspektor des Elbdepartments hatte er 1808 ein Jahreseinkommen von 3.000 Talern. Spätestens seit August 1808 war er außerdem Direktor der Vermögensverwaltung der Dompropstei. 1809 wurde er Domänendirektor, 1811 Regierungsdirektor. Johann Carl Traugott Voigtel kaufte 1801 von seiner Mutter für 5.000 Taler sein Elternhaus in der Großen Klosterstraße 17. Als Mitglied des Magdeburger Kunstvereins hielt er zwei Aktien. Verheiratet war er mit Wilhelmine Voigtel (1778–1827), geb. Schmidt. Sie war eine Tochter des Kammerrates Schmidt, der das Rittergut Neubrandsleben bei Oschersleben besaß. Dem Aufkleber auf der Rückseite des Porträts zufolge heiratete Wilhelmine Sidonie Schmidt Johann Carl Traugott Voigtel dort am 24. Mai 1796. Ihr Vater zog später nach Magdeburg. Beim Tod des Vaters erbte ihr Bruder 50.000 Taler. Auf Betreiben Johann Georg Voigtels konnte er ein Referendariat bei der Kriegs- und Domänenkammer Magdeburg absolvieren. Das Pastellporträt zeigt Wilhelmine Voigtel im Brustbild. Die leuchtend blaue Schleife, die ihre Spitzenhaube unter dem Kinn zusammenhält, unterstreicht die Farbe ihrer Augen in dem ansonsten in tonigen Farben gehaltenen Porträt. Johann Carl  Voigtel ist im Brustbild en face mit  ernstem Gesicht in weißer Weste und schwarzem Rock dargestellt. An der schwarzen Halsbinde trägt er den Königlich-Preußischen Johanniter-Orden, der als Verdienst-Orden 1813 von Friedrich Wilhelm III. gestiftet und bis zur Wiederherstellung des Ordens als Orden 1852 verliehen wurde.Das Kulturhistorische Museum Magdeburg erinnerte 2021 an Magdeburger Gesichter des 19. Jahrhunderts. Die Porträts der Sonderausstellung sind weiterhin in der Kompakt Zeitung zu finden. Seite 9, Kompakt Zeitung Nr. 247, 10. Januar 2024

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