„Das unsichtbare Visier“

„Das unsichtbare Visier“ Michael Ronshausen Vor 50 Jahren begann die Ausstrahlung der erfolgreichen DDR-Serie. Kompakt Zeitung Vor 50 Jahren – am 23. Dezember 1973 – begann das Fernsehen der DDR mit Ausstrahlung der TV-Serie „Das unsichtbare Visier“. Kein Geringerer als der später auch im „Westen“ und in Hollywood erfolgreiche Schauspieler Armin Mueller-Stahl mimte Achim Detjen (eigentlich Werner Bredebusch), einen in die BRD eingeschleusten Agenten des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS), der alte faschistische Strukturen aufdeckt und den neuen Kriegstreibern in der Zeit des beginnenden Kalten Krieges nicht nur das Fürchten, sondern auch das Handwerk lehrt. Die unter erheblicher Beteiligung des MfS produzierte Serie war auch damals – in der DDR – bereits ein Publikumserfolg. Die Herstellung der Aufnahmen erfolgte republikweit, zum Teil auch im sozialistischen Ausland – und sogar in Westberl…, pardon, in Berlin-West. Bei einigen Schlüsselszenen diente Magdeburg als Ersatz für das westdeutsche Frankfurt am Main der frühen 50er-Jahre. Das Vorhaben, einen durchaus lebenslustigen und gleichzeitig erfolgreichen Geheimagenten ins heimische DDR-Fernsehen zu schicken, war nicht nur eine Frage der Unterhaltung, es ging – wie so oft – auch um die Politik. Die Serie, die in der DDR schnell zu einem Straßenfeger wurde, versprach genau das zu zeigen, was man auch im Westkino/-fernsehen – beispielsweise bei James Bond – zu sehen bekam. Eine einigermaßen einleuchtende Geschichte, Spannung und Abenteuer – und vor allem einen Hauptdarsteller, der sich hinter Sean Connery nicht verstecken musste. Diesen hatte man in Armin Mueller-Stahl gefunden, der genau alles das mitbrachte, was einen verdeckt, aber an vorderster Front kämpfenden Geheimdienstler sympathisch machte. Mueller-Stahl spielte seine Rolle nicht nur mit Witz und Charme, sondern auch mit hoher Weltgewandtheit und einer beinah überrumpelnden Eloquenz. Die Geschichte ist einfach, aber auch einleuchtend erzählt. Werner Bredebusch, Flieger der Deutschen Luftwaffe, läuft (bzw. fliegt) während des Krieges gegen die Sowjetunion über und nimmt wenige Jahre nach Kriegsende die Identität des tatsächlich gefallenen Luftwaffenoffiziers Achim Detjen an. Im Auftrag des MfS lässt er sich in das Umfeld der bundesrepublikanischen Revisionisten einschleusen. Zuerst in Südamerika, doch dann in der noch jungen Bundesrepublik, krabbelt er zügig eine neue militärische Karriereleiter empor und bekommt so immer wieder die Gelegenheit, seinen sozialistischen Genossen aus Ost-Berlin die Pläne des imperialistischen Gegners zu übermitteln – und diese zu hintertreiben. Beendet wird sein kämpferisches Engagement schließlich auch durch einen mehr oder weniger dummen Zufall, als sich nach fast 20 Jahren die frühere Jugendliebe des echten, aber längst toten Achim Detjen bei ihm meldet. Er kann die Dame zwar am Ende noch täuschen, flieht aber im Anschluss an ein weiteres etwas unglücklich gelaufenes Spiel und unter Vortäuschung seines eigenen Todes zurück in die DDR. Für Armin Mueller-Stahl endet in diesem Moment und nach acht Folgen auch seine Zeit als geheimdienstlicher Agent für den Frieden. 1976 war er wegen seines Protestes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns schauspielerisch und persönlich in Ungnade gefallen, seinen künstlerischen Weg setzte er ab 1980 erfolgreich im Westen fort. Fortgeführt wurde die insgesamt 16-teilige Serie schließlich mit anderen Schauspielern, die Rolle Mueller-Stahls übernahm Horst Schulze. Beeindruckend war jedoch bereits von Anfang an die Auswahl der Mimen, unter ihnen befanden sich zahlreiche bekannte Namen wie etwa Alfred Struwe, Jessy Rameik, Wilfried Ortmann, Wolfgang Greese und Walter Niklaus. Und ins Kulissenspiel kam schließlich auch die Stadt Magdeburg. Hier diente unter anderem das „Interhotel International“ als Drehort, inklusive der Lobby mit der Rezeption, des Haupteingangs und der benachbarten Juanitabar. Das Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen fungierte als römische Anlaufstelle für geflohene Nazis, und in den Magdeburger Gewächshäusern trafen sich Mueller-Stahl und eine mitspionierende Kollegin (Rameik) zum Agententreff. Auch nach 50 Jahren sind alle 16 Folgen heute wieder erhältlich, unter der berechtigten Rubrik „Straßenfeger“ wurden sie auf zwei DVDs veröffentlicht. Seite 22, Kompakt Zeitung Nr. 246, 10. Dezember 2023

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