Hinter den Türen der Tanzsäle

Hinter den Türen der Tanzsäle Elisa Wiegmann Das Nussknacker-Ballett: Ein Blick hinter die Kulissen Kompakt Zeitung Wenn die Tage kürzer werden, warmer Kerzenschein die Dunkelheit vertreibt und die ersten Töne von Tschaikowskys Nussknacker-Musik erklingen, dann lässt Weihnachten nicht mehr lange auf sich warten. Doch wer in den letzten Monaten mal an der Theaterballettschule Magdeburg vorbei spaziert ist, der konnte hören, wie die berühmten Melodien vom Marsch oder Schneeflockenwalzer dort bereits seit Ende des Sommers rauf und runter gespielt wurden. Doch was genau geschieht hinter den Türen der Tanzsäle? Wie entsteht aus den ersten Proben ein bühnenreifes Ballett? Und welche Gedanken wandern durch die Köpfe der Tänzerinnen und Tänzer, bevor sich der Vorhang zur Premiere hebt? Im Folgenden werde ich, selbst Tänzerin an der Theaterballettschule, auf genau diese Fragen antworten, um einen kleinen Einblick hinter die Kulissen solch einer Ballettproduktion zu ermöglichen. So, wie jede Kompanie ihre eigene Inszenierung eines Balletts erschafft, werden auch wir eine Version des Nussknackers aufführen, die an Anzahl, Können und Alter der Tänzerinnen und Tänzer angepasst ist. Generell ist es immer wichtig, flexibel und bereit für Änderungen zu bleiben, da stets ein Risiko für Krankheiten oder Verletzungen besteht. Dadurch, dass wir dieses Ballett bereits im letzten Jahr aufgeführt haben, waren bereits zu Beginn der Proben viele Kombinationen und Abläufe bekannt. Doch durch die vielen neuen und unterschiedlichen Besetzungen lag auch in diesem Jahr wieder viel Arbeit vor uns. Auch wer dieselben Rollen wie im vergangenen Jahr tanzt, muss sich erst wieder hineinfinden und die Tänze von Neuem ausreichend üben. Von September bis November finden die Proben fast ausschließlich in den einzelnen Gruppen statt. In dieser Zeit geht es darum, neue Schritte zu lernen und die Tänze anschließend immer und immer wieder zu tanzen, wobei jedes Mal neue Korrekturen von den Lehrerinnen und Lehrern gemacht werden, sodass die Tänze Stück für Stück mehr Farbe und Form annehmen. Besonders in den anfänglichen Proben kann noch so einiges schiefgehen, aber obwohl es anstrengend ist, derselbe Fehler immer wieder gemacht wird oder jemand stürzt, geht es darum, wieder aufzustehen und sein Bestes zu geben. Es geht darum, die Tänze so sehr zu verinnerlichen, dass, selbst wenn auf der Bühne etwas schiefgehen sollte, man sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lässt. Wenn alle ihre Tänze so weit beherrschen, kleine Extraproben stattgefunden haben und Kostüme anprobiert und umgeändert wurden, findet im November die erste Gesamtprobe statt. Hierbei werden innerhalb einiger Stunden mehrere Durchläufe des gesamten Balletts geprobt, um jede Besetzung einmal tanzen zu sehen, Fragen und Probleme zu klären und zu schauen, wie sich die einzelnen Teile zusammenfügen. Kurze Zeit später findet erneut solch eine Probe statt, aber dieses mal in Kostümen. Dies ist wichtig, weil sich jedes Kostüm anders anfühlt beim Tanzen und natürlich, um herauszufinden, ob an den Kostümen noch etwas verändert werden muss. Anschließend werden alle Requisiten, Kostüme, Accessoires etc. ins Schauspielhaus gebracht, wo in den zwei Tagen vor den Auftritten die Bühnenproben stattfinden. Bei diesen geht es darum, wie sich die Tänze vom Ballettsaal auf die Bühne übertragen lassen, damit jeder genau weiß, wann er wo stehen beziehungsweise tanzen muss, welche Bühnenaufgänge benutzt werden müssen und wie es sich auf dem neuen Boden tanzen lässt. Außerdem stehen nun zum ersten Mal alle Requisiten bereit und natürlich muss auch die Technik, wie Licht oder Ton, getestet werden. Den letzten Punkt der Vorbereitung bildet die Generalprobe, bei der alles möglichst so ablaufen sollte, wie das auch für einen Auftritt geplant ist. Nach zwei Tagen voller Proben ist alles nun endlich so weit für die Premiere am 16. Dezember. Es gibt allerdings nicht nur eine, sondern gleich fünf Vorstellungen an diesem Wochenende. Vor allem körperlich ist das sehr anstrengend und belastend für die Füße derjenigen, die in Spitzenschuhen tanzen. Aber auch die emotionalen Kapazitäten werden durch all die Aufregung und Nervosität vollends ausgeschöpft. Doch Vorfreude und Eifer überwiegen. Es sind die Freude am Tanzen und die Zeit mit den Freunden, die man hinter der Bühne beim gemeinsamen Schminken, Aufwärmen und Warten verbringt, die das Ganze zu einem wunderschönen Erlebnis machen. Ein Gefühl von Gemeinschaft wird spürbar, wenn so viele Menschen zusammen ein ganzes Stück auf die Bühne bringen und einander hinter der Bühne gegenseitig ermuntern, unterstützen und loben. Das allein wäre schon genug, aber der kräftige Applaus am Ende jeder Vorstellung ist trotzdem immer eine schöne Belohnung. Seite 26, Kompakt Zeitung Nr. 246, 10. Dezember 2023

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