Von Tuten und Blasen viel Ahnung
Von Tuten und Blasen viel Ahnung Tina Beddies-Heinz Alexander Schölkopf in seiner Meisterwerkstatt für Blechblasinstrumente in Magdeburg-Stadtfeld. Foto: Marco Sensche Kompakt Zeitung Wer in Sachen Blechblasinstrumente nur über ein laienhaftes Wissen verfügt, vermag mit dem Stück Metall, das Alexander Schölkopf in der Hand hält, nur wenig anzufangen. Von einer Tuba ist es auf den ersten Blick natürlich weit entfernt. Dafür ist es zu klein, zu zart. Aber dennoch ist es größer als eine Trompete. Und letztlich sind es die Zugrohre, die verraten, worum es sich handelt: eine Posaune. Genauer gesagt: die Kopie einer Renaissance-Posaune. Alexander Schölkopf lächelt und sagt: „Auffällig ist der schmale Schallbecher mit geringem Öffnungswinkel – im Gegensatz zu den heute üblichen Posaunen wirkt dieser recht klein. Und auch die Mensur ist bei den historischen Instrumenten, die von der Romantik bis in die Moderne gespielt wurden, deutlich enger.“ Die Augen des Metallblasinstrumentenmachers, der sich seit 2013 als Meister bezeichnen darf, leuchten, wenn er über seine Arbeit spricht. Im September des vergangenen Jahres ist ein Traum in Erfüllung gegangen und er hat seine eigene Meisterwerkstatt für Blechblasinstrumente – Schölkopf Brass – im Magdeburger Stadtteil Stadtfeld eröffnet. Amateurmusiker gehören ebenso zu seinen Kunden wie Profimusiker. Zahlreiche kommen aus Magdeburg, einige aus dem Umland und manche aus dem Harz, aus Braunschweig, Wolfsburg oder Helmstedt. „Wer etwas auf sein Instrument hält, der wendet sich im Fall von Reparatur- und Reinigungsarbeiten oder Sonderwünschen an die Person seines Vertrauens. Und dafür nimmt man auch ein, zwei Stunden Fahrt in Kauf“, meint Alexander Schölkopf. Momentan machen 80 Prozent seines beruflichen Alltags Reparaturen aus – Sturzschäden beheben, Ausbeularbeiten, Ventile reinigen, Posaunenzüge richten oder Bauteile anfertigen und ersetzen. „Die restlichen 20 Prozent entfallen auf Neubauten und Sonderanfertigungen.“ So, wie im Falle der Renaissance-Posaune – ein Auftrag der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig. „Seit circa 20 Jahren besinnt man sich zurück auf die historische Aufführungspraxis mit den entsprechenden Instrumenten“, erklärt der gebürtige Baden-Württemberger. „Da historische Instrumente – sofern noch vorhanden und nicht im Krieg für Patronenhülsen eingeschmolzen worden – nicht mehr spielbar sind, ist ein Nachbau eine Möglichkeit, wieder in den Genuss des Klangs alter Instrumente zu kommen.“ Um seinen Auftrag für die Hochschule in Leipzig umsetzen zu können, hat Alexander Schölkopf das Deutsche Museum München besucht. „Dort gibt es eine Posaune von Hans Doll aus dem Jahr 1638. Diese habe ich genau inspiziert und vermessen, um nach deren Vorbild das passende Instrument anzufertigen.“ In seiner Werkstatt baut er die Renaissance-Posaune nun Stück für Stück nach. „Ich muss nur zwischen den Termingeschäften Zeit dafür finden.“ Dass sich der Metallblasinstrumentenmacher historischen Nachbauten widmet, ist eher dem Zufall geschuldet. Ebenso die Tatsache, dass er überhaupt diesen Beruf ergriffen hat. „Musik war in unserer Familie schon immer von großer Bedeutung. Mein Vater spielte Trompete in einer Big Band, meine Schwester Flügelhorn. Für mich waren aber eher Schlagzeug und Gitarre interessant, weshalb ich mir zunächst in den Kopf gesetzt hatte, Schlagzeugbauer zu werden. Allerdings ist dies ein so kleiner Bereich, dass die Ausbildung mit der für Metallblasinstrumentenmacher zusammengelegt wurde. Und so bin ich zu meiner Berufung gekommen.“ 1999 begann Alexander Schölkopf seine Ausbildung bei der Firma Stenzel in Pforzheim. „Als ich dann nach sechs Jahren im Reparaturbetrieb die Chance hatte, in den Neubau zu wechseln, ergriff ich diese natürlich. Die renommierte Firma Egger in Basel suchte einen Posaunenmacher für historische Nachbauten und dort habe ich mich mit den entsprechenden Arbeitstechniken vertraut machen können.“ Der Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen, ließ ihn schließlich über einen Neuanfang nachdenken. „Meine Frau, ebenfalls Musikerin, habe ich in Basel kennengelernt. Sie absolvierte ein Ergänzungsstudium im Bereich historische Posaunen an der Schola Cantorum Basiliensis und benötigte ein Instrument. Unsere beiden Kinder sind in Basel geboren. Aber der Drang, etwas Eigenes zu machen, und die Möglichkeit für meine Frau als Dozentin am Konservatorium Georg Philipp Telemann Magdeburg zu arbeiten, haben uns nach Sachsen-Anhalt gebracht.“ Und auch wenn die Corona-Zeit den Neustart etwas zäher gestaltete, sind Alexander Schölkopf und Katrin Zolnhofer inzwischen in Stadtfeld angekommen. Seite 19, Kompakt Zeitung Nr. 240