Sport-Politik: Aus vier mach eins

Über alles Mögliche wurde in den zurückliegenden Tagen und Wochen – sobald es um den Koalitionsvertrag ging – geredet, geschrieben, gestritten und sich sogar gefetzt. Nur bei einem Thema blieb es erstaunlich ruhig: beim Sport. Bedeutet das nun: Alles paletti? Geht es mit einer neuen Regierung hierzulande bald steil bergauf mit den Leibesübungen? Oder sind Palaver und Kritik nur deshalb kaum zu vernehmen, weil andere (monetäre) Dinge in den nächsten Jahren einfach wichtiger sind? Stichworte: Verteidigung, Bürgergeld, Migration und so weiter.

 

Ein Beispiel nur für obige These. Nennen wir es: Aus vier mach eins. Hinter dieser einfachen Formel verbirgt sich nicht etwa ein alter Zauberspruch aus dem Harry-Potter-Lager, sondern es ist der neue „Umrechnungs-Kurs“ der vom Bund vorgesehenen Ausgaben für den Sport in den nächsten vier Jahren. Im Vorfeld war noch die Rede von einer „Sport-Milliarde“ pro Jahr gewesen. Sie hätte dabei helfen können, Sportstätten zu sanieren. Angesichts des geplanten Sondervermögens für Infrastruktur von 500 Milliarden Euro in den kommenden Jahren erschien diese Zusage realistisch.

 

Doch dann fehlte im Vertrag plötzlich der wichtige Zusatz pro Jahr. So könnte die schwammige Sport-Milliarde, die die CDU/CSU im Wahlprogramm stehen hatte, ohne Wortbruch auf vier Jahre verteilt werden, was lediglich 250 Millionen Euro pro Jahr bedeuten würde. Es wäre etwa jene Summe, die der Sport derzeit vom Bund jährlich erhält. Wenn es ums Geld geht, hat die Begeisterung für die Körperkultur in Berlin dann doch Grenzen. Und was die Finanzen betrifft, liegt schlechthin ein Sanierungsfall vor. Auf insgesamt 40 Milliarden Euro bezifferte der Sport-Dachverband DOSB den Sanierungsbedarf der Infrastruktur schon vor Jahren, Preissteigerung und Inflation noch nicht eingerechnet.

 

Auch das geplante Sportfördergesetz mit einer eigenen Agentur für Spitzensport taucht nicht namentlich auf, dafür das allgemeine Vorhaben, die Spitzensportförderung effizienter zu gestalten und sich an den eingeleiteten Prozessen zu orientieren. Interessant ist dabei der ausdrückliche Hinweis, der Hoheit des Haushaltsgesetzgebers Rechnung zu tragen. Bedeutet: Der Bund soll und will darüber entscheiden, wie die staatlichen Fördermittel dem Spitzensport zugutekommen. Bisher hat der DOSB bei dieser Frage maßgeblich mitgemischt und will das weiterhin tun. Das Kompetenz-Gezerre zwischen Leibesübungen und Politik dürfte weitergehen – mit der Erschwernis, dass durch einen neu zu schaffenden Sportminister ein weiterer Beteiligter mitmischt. Die Bürokratie wird also wachsen statt schrumpfen.

 

Die Kritik im Bundestag folgte auf dem Fuße: „Wer den Sport retten will, muss ihn befreien – von Bürokratie, Ideologie und Gängelei. Wer den Spitzensport retten will, muss ihn auskömmlich finanzieren. Was die Schulden-Koalition hier vorlegt, ist ein Sammelsurium aus Phrasen, ohne Substanz und ohne Respekt gegenüber den Millionen Ehrenamtlern in Deutschland“, hieß es von der größten Oppositionspartei. Die Koalition bekenne sich zwar, so die AfD, verbal zum Breiten- und Spitzensport sowie zur Stärkung des Ehrenamts, doch echte Verbesserungen bleiben aus. „Die Ampel hat schon versagt – und diese Schulden-Koalition macht genauso weiter.“

 

Andererseits lässt sich nicht bestreiten, dass für den Sport einiges herumgekommen ist, was er sich dringend gewünscht hat. Angefangen beim klaren Bekenntnis zu einer Olympia-Bewerbung, über Veränderungen in der Leistungssportförderung bis hin zu eben jenem für den Sport zuständigen Staatsminister, der künftig mit am Kabinettstisch sitzen wird. Aber davon, dass die Forderungen an die Politik „fast vollumfänglich aufgenommen worden“ seien, wie es seitens des DOSB hieß, kann beim Blick auf diese Sparversion der „Sport-Milliarde“ kaum die Rede sein. „Schaut man nicht auf das, was ist“ merkte die „FAZ“ an, „sondern auf das, was hätte sein können (sofern das bei der Finanzlage überhaupt jemals realistisch war), zeigt sich ein getrübtes Bild: Den möglichen Game-Changer schon vor Augen gehabt zu haben, ihn dann aber doch in die Tiefe sinken zu sehen, wie den Tauchring in der Schwimmprüfung.“

 

Ausdrücklich unterstützt wird eine deutsche Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele. Sie solle eingebettet werden in eine „Nationale Strategie Sportgroßveranstaltungen“. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will spätestens im Herbst 2026 darüber entscheiden, mit welcher Stadt oder Region er sich für die Ausrichtung von Olympischen Sommerspielen bewirbt. Finanziell unterstützt werden sollen Bewerbungen um Leichtathletik-WM, Nordische Ski-WM sowie die Frauenfußball-EM 2029. Der Koalitionsvertrag nennt als Ziel die finanzielle Unterstützung des Bundes für die WorldGames 2029 in Karlsruhe. Bei den WorldGames werden Wettbewerbe in nicht-olympischen Sportarten wie Bowling, Tauziehen, Rugby, Cheerleading und Squash ausgetragen.

 

Bei der Spitzensportförderung streben CDU, CSU und SPD angesichts der seit Jahren zurückgehenden Zahl an Medaillen bei Großereignissen einen, wie es heißt, „Paradigmenwechsel“ an. Die Förderung solle effizienter, flexibler und weniger bürokratisch werden. Vom geplanten Sportfördergesetz der vorherigen Ampel-Regierung ist nicht mehr die Rede. Allerdings gibt es Andeutungen, wonach das bestehende Konzept zumindest als Grundlage dient. So heißt es im Koalitionsvertrag: „Dabei orientieren wir uns an den bereits eingeleiteten Prozessen, tragen der Hoheit des Haushaltsgesetzgebers Rechnung und richten eine effektive und erfolgsorientierte Steuerung des Spitzensports ein.“ Geplant sei zudem eine verbesserte soziale Absicherung von Athletinnen und Athleten sowie die Unterstützung der dualen Karriere. Die Prämien für gewonnene Medaillen sollen steuerrechtlich freigestellt werden. Zumindest da wird die Freude der Aktiven grenzenlos sein. Wenn sie denn etwas gewinnen.           

 

Rudi Bartlitz

Nr. 278 vom 30. April 2025, Seite 22

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