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Frauen: Tragende Säulen

Thomas Wischnewski

Zu Geschlechterfragen wird wahrscheinlich schon so lange diskutiert, wie Menschen zu Debatten in der Lage sind. Fest steht, Männer haben über Jahrtausende hinweg in der Gesellschaft eine dominierende Position eingenommen. Dies gleichsam als aktive Unterdrückungsfunktion zu stilisieren, wird womöglich der Historie in ihrem Facettenreichtum nicht ganz gerecht werden. Doch wo stehen wir heute?

 

Rollenverständnisse haben sich verändert, Funktionen und Hierarchien sind vielfach neu gestaltet. Frauen übernehmen an vielen Stellen Verantwortung, wo vor 100 Jahren fast ausschließlich Männer agierten. 16 Jahre lang stand eine Frau als Bundeskanzlerin an der Spitze von Deutschland. In Magdeburg ist im vergangenen Jahr mit Simone Borris die erste Frau zum Stadtoberhaupt gewählt worden. Trotz dieses Wandels existiert weiterhin die Klage, dass Frauen in der Gesellschaft häufiger benachteiligt seien. Die Datenlage liefern dafür statistische Angaben über Frauen-Anteile in Führungspositionen oder der sogenannte „Gender Pay Gap“, der den Verdienstunterschied pro Stunde von Frauen gegenüber Männern beschreibt. Die jüngste Veröffentlichung des Bundesamtes für Statistik weist im Gender Pay Gap eine Differenz von 18 Prozent aus. „Frauen nehmen zum einen seltener am Erwerbsleben teil als Männer und arbeiten darüber hinaus häufiger in Teilzeit. Dies schmälert die finanziellen Möglichkeiten und verstärkt Verdienstungleichheit weiter.“ Dies gibt das Bundesamt beispielsweise als wesentliche Gründe für die ermittelte Verdienstdifferenz an. In Sachsen-Anhalt soll der Unterschied übrigens auf inzwischen 6 Prozent geschrumpft sein.

 

Natürlich sind solche Daten ein Indiz dafür, wie der gesellschaftliche Austausch in puncto Geschlechterfragen gesehen werden kann. Allerdings verfestigen diese und ähnliche Erhebungen den Eindruck, als würden Benachteiligungen von Frauen durch ein vorsätzliches Handeln von Männern erzeugt werden. Die selbstbewussten Entscheidungen von Frauen über berufliche, private und Bildungswege werden dabei schnell ausgeblendet. „Wenn wir uns anschauen, wo wir heute emanzipatorisch stehen, stellen wir fest: Wir sind weit gekommen. Seit der Einführung des Frauenwahlrechts vor mehr als 100 Jahren sind wir weit vorangekommen – aber wohin eigentlich? Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich den Eindruck habe, dass wir inzwischen zu dauergestressten, total optimierten „Super Women“ mutiert sind. Die Freiheit und Emanzipation, die wir uns im Sinne der Gleichberechtigung wünschen, ist in eine Perversion sondergleichen umgeschlagen.“, sagte beispielsweise die Philosophin Rebekka Reinhard über das scheinheilige Bild der modernen Frau in einem FAZ-Interview.

 

Beklagt wird oft die geringere Anzahl von Frauen in den naturwissenschaftlichen und technischen Wissenschaftsdisziplinen. Allerdings stellten Soziologen beim Zusammentragen weltweiter Daten fest, dass insbesondere in der sogenannten freien Welt Frauen seltener solche Berufswege einschlagen würden. Die Möglichkeit, freie Entscheidungen für das eigene Leben treffen zu können, sei dafür eine wesentliche Ursache. Die Fortsetzung von Benachteiligungserzählungen drängen Frauen eher in eine Opferrolle, anstatt ein Bild über selbstbewusste und frei entscheidende Individuen zu erzeugen.

 

Im Zuge der Recherche für diese Ausgabe wollten wir beispielsweise von der Magdeburger Industrie- und Handelskammer wissen, wie viele Frauen im Kammerbezirk ein Unternehmen leiten. Über entsprechende Daten würde die IHK nicht verfügen. Wer, wenn nicht die IHK, bei der Unternehmen zur Mitgliedschaft verpflichtet sind, soll dann über verlässliche Zahlen verfügen. Sind die oft zitierten Angaben aus Bundesstatistiken etwa nur Hochrechnungen aus Umfragen? Auch beim Landessportbund war nicht in Erfahrung zu bringen, wie viele Frauen im Land in Vereinen Sport treiben.

 

Bei all den Fakten, mit denen die Benachteiligung von Frauen untermauert werden soll, stellen sich irgendwie Unschärfen ein. Außerdem erzeugen einseitige Argumentationen Zerrbilder. Schließlich gibt es auch Ungerechtigkeit, starke Gleichstellungsdifferenzen zwischen Frauen und Frauen oder unter Männern. Übrigens noch ein Befund, der aufhorchen lässt: Eine Befragung durch die IU Internationale Hochschule ergab, dass Männer zu 65,5 Prozent Interesse für soziale Berufe wie Erzieher, Pädagoge oder Sozialarbeiter attraktiv finden. Diese Bereiche galten in der Vergangenheit als von Frauen dominiert. Jetzt darf man annehmen, dass Männer hinsichtlich ihrer Berufsorientierung flexibel sind. Zumindest im Gegensatz zu Frauen, die offenbar nicht dasselbe Interessenpotenzial für technische Karrieren aufbringen wie Männer für einstige Frauendomänen. Die Gesellschaft bleibt also in Bewegung. Wer besser heute als morgen die Gleichstellung von Frauen in allen Bereichen fordert, muss sagen, dass dies nur über Männer-Entlassungen zu realisieren wäre. Wäre so eine Forderung mit gerechtem Handeln vereinbar?

Seite 10, Kompakt Zeitung Nr. 228

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