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Die Nr. 1 wird 100!
Teil 5: Kunst nach der Bank

Ausstellungsprojekt „Last Eden“ von Alexander Jödecke 2015 in der Schalterhalle der Staatsbank. Foto: Engelbert Dudeck

Zwischen Juni 2003 und Sommer 2005 wird das Gebäude der ehemaligen Reichsbank von den Freien Kammerspielen als Ersatzspielstätte genutzt. Vom aufwendigen Umbau ließ sich Intendant Tobias Wellemeyer nicht abschrecken. Das Motto der ersten Spielzeit dort hieß passenderweise „Neuland“.

 
Grellgrün strahlten die Leuchtbuchstaben „freiekammerspiele“ an der sonst eher schlichten Fassade in die Nacht hinaus. In jenen Junitagen 2003 signalisierte der Schriftzug, dass in die Mauern des seit Jahren leerstehenden Bankhauses neues Leben eingezogen war. Und was für welches! Theater! Trotz der in jenen Jahren erheblichen Sparzwänge im Kulturbereich hatte die Stadt Magdeburg zuvor die dringend notwendige Sanierung des Stammhauses der Freien Kammerspiele an der Otto-von-Guericke-Straße auf den Weg gebracht. 9,4 Millionen Euro sollten verbaut werden. Zwei Jahre Bauzeit, in denen das Haus nicht bespielbar wäre, standen im Raum.


Die Diskussion um die passende Ersatzspielstätte lief in den Jahren zuvor. Ein fertiges Ersatzhaus hätte es am Jerichower Platz gegeben, wohin Mitte der 1990er Jahre bereits das Opernhaus ausgewichen war. Doch Kammerspiele-Intendant Tobias Wellemeyer monierte, ein Umzug an den Rand der Stadt würde den Tod seines Schauspielhauses bedeuten und forderte: „Die Kammerspiele gehören mitten in die Stadt“. Am Ende fand sein Vorschlag, in die leerstehende Staatsbank umzuziehen, Gehör. Tatsächlich bot sich das leerstehende Bankgebäude an, zum einen, weil es nur wenige Hundert Meter vom alten Standort entfernt war, zum anderen wegen seiner präsenten Lage an einem Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt.


Der notwendige Umbau des Bankgebäudes sollte, so eine Forderung der städtischen Verwaltung, keine zusätzlichen Kosten verursachen und voll aus dem laufenden Haushalt der Freien Kammerspiele bestritten werden. Der technische Direktor Dietmar Schubert kündigte an, dafür wolle man an der Ausstattung der künftigen Inszenierungen sparen. Eine Herausforderung beim Umbau war die von zwei Säulenreihen getragene Schalterhalle. Der Abstand zwischen den Säulenreihen war einfach nicht groß genug, um eine richtige Bühne dazwischen zu bekommen. Um den notwendigen Raum zu schaffen, entschloss man sich zu einem aufwendigen Umbau.  Vier Säulen wurden entfernt, die fehlenden Stützkräfte fing man durch massive Unterzüge aus Doppel-T-Trägern auf, die über Hilfspfeiler an den Wänden und an den stehengebliebenen Säulen getragen wurden. Zusätzlich mussten in der Etage da-rüber Gittertragwerke eingebaut werden. Gesamtkosten der Maßnahme: gut 700.000 Euro. Angesichts der entstandenen Bühne war Intendant Wellemeyer umso euphorischer: „Dieses Haus ist ein Glücksfall für uns.“ Am liebsten hätte er auch den Tresorraum als eine Art Podiumbühne bespielt, aber der Aufwand dafür wäre einfach zu groß gewesen. So nahm er wenigsten alle Mythen, die diesen Hort des Geldes umwehten, in die künstlerische Arbeit auf.


Mit dem zweitägigen „Theaterfest #4 – Kriegerinnen“ wurde der Umzug in die Ersatzspielstätte kurz vor der Spielzeitpause am 20. und 21. Juni 2003 vollzogen. Das Dachthema des Festes hieß „Mythos“. Gezeigt wurden die Stücke „Die Jüdin von Toledo“ von Franz Grillparzer und „Elektra“ von Hugo von Hoffmannsthal. Drei Monate später startete dann mit dem dreitägigen Tanzfest „keep pushing, keep moving“ die erste volle Spielzeit in der alten Staatsbank.


Ein halbes Jahr später fusionierten das Theater der Landeshauptstadt und die Freien Kammerspiele zum „theater magdeburg“. Anfang Juni 2005 zog die Schauspielsparte des Theaters aus dem Übergangsdomizil ins sanierte Schauspielhaus an der Otto-von-Guericke-Straße. Zurück blieben die herausgenommenen Säulen und das Tragwerk in der oberen Etage des leeren Bankgebäudes, die nicht zurückgebaut wurden.


Als das Gebäude im Herbst 2005 bereits eine Baustelle für den anstehenden Umbau war, inszenierte Alexander Jödecke in der leerstehenden Schalterhalle sein Fotoprojekt „Last Eden“ und zeigte das Meer als unentdecktes Paradies, als mystischen Ort voller Fabelwesen. Wasser als wichtiges Element auf der Erde – es bedeckt schließlich vier Fünftel der Erdoberfläche –, ohne das Leben nicht denkbar wäre. Alexander Jödecke entwarf eine mystisch verklärte Unterwasserwelt, einen Garten Eden voller rätselhaft schöner Fabelwesen. Seine Bilder entstanden als aufwendige Kompositionen. Jödecke verband darin am Roten Meer in Ägypten gewonnene Unterwasseraufnahmen mit szenischen Einzelmotiven. Der Aufwand für die Bilder war groß: Ein Jahr hat allein der Entwurf und die Vorbereitungen der Requisiten benötigt, die für das mehrtägige Shooting in der Schwimmhalle Olvenstedt notwendig waren.


Für die Präsentation des Projektes bot sich die im leeren Zustand monumental wirkende Schalterhalle der Staatsbank an. Zu jenem Zeitpunkt, im Herbst 2015, war das Gebäude bereits entkernt, die Baustellen-Vorbereitungen für die anstehende Sanierung liefen auf Hochtouren. Und dennoch entschloss sich die Unternehmensführung der WOBAU, dem ambitionierten Kunst- und Kulturprojekt für zehn Wochen Platz im Gebäude zu geben. Jödecke rechtfertigte das Vertrauen. Am 13. Oktober erlebte die Stadt eine grandiose Vernissage: Illuminiert von einer aufregenden Lichtshow konnte das Publikum die in Riesenformaten gedruckten Motive der Unterwasserfantasiewelt erleben. Im Showprogramm trafen die Cheerleader „Guardian Angels“ auf Tanzgruppen des Steps Dance Centers, Jazzmusik und Chanson.

(Auszüge aus dem Heft „Breiter Weg Nr. 1“, herausgegeben von der Wobau; Text- und Fotoabdruck mit freundlicher Genehmigung)

Seite 9, Kompakt Zeitung Nr. 233

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