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Scharfe Sprüche
TITEL

In gewisser Weise fühle ich mich ja geschmeichelt, wenn die hiesige Tageszeitung einen Beitrag über mich auf die Titelseite stellt. Ich muss ein ganz schön wichtiger Zeitgenosse sein, wenn man mir einen derart bedeutsamen Platz einräumt. Zur Aufklärung aller, die nicht mitbekommen haben sollten, worum es ging – hier die Stakkato-Fassung: Kellereinbruch in der Otto-von-Guericke-Straße 54; die Überwachungskamera hat den Täter aufgezeichnet; der war nach Veröffentlichung der Bilder in fünf Minuten identifiziert; der Polizei wurden alle Fakten übergeben. Im Polizei- bzw. staatsanwaltlichen Jargon heißt das jetzt: Die Ermittlungen dauern an. Ein kleines Zusatzdetail: Der Einbrecher ist polizeibekannt, war in zig Kellern, Läden und Wohnungen. Bisherige Strafbemessungen haben keine Verhaltensveränderung bzw. Einsicht erzeugt.


Nun kommen wir zum Kern der Sache: Mir wird nun vorgeworfen, mit der eigenmächtigen Suche mittels der Überwachungsbilder bei Facebook und Instagram die Persönlichkeitsrechte des Täters verletzt zu haben. Ihr habt recht, jemanden an einen öffentlichen Pranger zu stellen, das gehört sich nicht. Aber gut, wer schützte jemals die Persönlichkeitsrechte der Opfer der zahlreich absolvierten Einbrüche durch den Täter? Selbstjustiz verurteile ich. Deshalb hat die Polizei alle erforderlichen Angaben zum Dieb erhalten, um die Beweise für ein Strafverfahren zusammenzutragen. Nun stehe ich als kleiner Würstchenverkäufer am Pranger! Und zwar mit Klarnamen sowie unverpixeltem Foto auf der Titelseite der Tageszeitung und muss mir den Verdacht strafrechtlicher Schritte wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung vorwerfen lassen. Just in diesem Moment müsste mir eigentlich derselbe Schutz wie dem Einbrecher gewährt werden. Ich bin ja nun irgendwie auch Tatverdächtiger.
Mich als Opfer des Einbruchs – und das war weiß Gott nicht der erste in unserem Haus – darf man an den Presse-Pranger stellen. Der Täter muss indes geschützt werden. Ich verstehe, dass die Polizei Fotos von Verdächtigen veröffentlichen darf, und wenn das jeder machte, wären Willkür für üble Nachrede und Beleidigung – die wir ohnehin tagtäglich im Internet finden – Tür und Tor geöffnet. Es bleibt am Ende leider nur der fade Beigeschmack, dass hierzulande der Täter- über dem Opferschutz steht. Und wenn das so ist, fordere ich gleiches Recht ein. Schließlich werde ich nun öffentlich für meine Veröffentlichungstat gescholten.


Ich rate allen, macht Euch bitte selbst ein Bild über die Sachlage. Und Ihr dürft gern verbal auf mich eindreschen, mein Gemüt hält das aus. Falls die Kollegen von der Tageszeitung wieder einmal eine Geschichten für die Seite Eins benötigen, können sie gern auf eine Currywurst bei mir reinschneien. Ich habe da eine Menge Themen auf Lager, die unbedingt ganz vorn veröffentlicht werden sollten. Ich freue mich auf geschmackvolle Gespräche.

 

Bis gleich, Euer Olaf vom Hassel.

Seite 30, Kompakt Zeitung Nr. 233

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