Meter 68: Von Pfarrämtern und Totengräberhäusern

Michael Ronshausen

Erzählungen aus der gotischen Kathedrale

Das nach 1888 neu errichtete Konsistorium in einer Lithografie aus der Zeit um 1900 (Archiv: Giselher Quast)

Seit mehr als 500 Jahren steht der Dom zu Magdeburg St. Mauritius und Katharina nahezu unverändert in der Stadt. Als bedeutendstes und stadtbildprägendes Bauwerk hat er – von ein wenig Oberflächenkosmetik im 19. Jahrhundert abgesehen – nur wenig äußerliche Veränderung erfahren. Als wechselhaft stellte sich jedoch über den Lauf der Zeit hinweg das unmittelbare bauliche Umfeld des Doms dar.


Von der mittelalterlichen Bebauung, beispielsweise in Form des historischen Erzbischöflichen Palastes, ist heute nichts mehr vorhanden. Auch die einstmals repräsentativen Wohnbauten einiger Domherren rund um den Domplatz sind heute verschwunden. Andere, wenn man so will, „moderne“ und zum heutigen Domumfeld gehörende Gebäude – mehrheitlich aus der Zeit des späten 19. Jahrhunderts – sind inzwischen selbst zum Bestandteil der wahrnehmbaren Domarchitektur geworden.


Bekanntestes Beispiel für die „Neubauwut“ im ausgehenden 19. Jahrhundert ist das Gebäude des heutigen Landeskirchenamtes, welches vormals länger als ein Jahrhundert als Konsistorium bezeichnet wurde. Wie das mittelalterliche Gebäude lehnte sich auch der Neubau des späten 19. Jahrhunderts an die historische Südwand des nördlichen Kreuzgangflügels an. Schon in den Jahrhunderten zuvor war der Bau – ursprünglich einstöckig – mehrfach überarbeitet und erhöht worden.


Er diente dem Domkapitel über lange Zeit als Kornspeicher, später aber auch als Sitz der Domschule. Kurz nach der Übergabe der Liegenschaft an die Konsistorialbehörde (1884) erfolgte 1888 der Abriss des Gebäudes, und bald darauf der wesentlich repräsentativere Neubau. Nach schweren Beschädigungen im 2. Weltkrieg wurde das Konsistorium unter Verlust einigen baulichen Zierrats nach dem Krieg wiederhergestellt.


Dem Bombenhagel des 2. Weltkriegs entgangen sind jedoch zwei Gebäude, die heute zum unmittelbaren Dombereich gehören. Im Mai 1897 wurde das heutige Dompfarrhaus seiner Bestimmung übergeben. Auch hier befand sich zuvor ein Pfarrgebäude, welches aber nicht mehr dem Geschmack der Zeit entsprach und auch optisch einen angemesseneren Abschluss der neuen Augustastraße, der heutigen Hegelstraße, darstellen sollte.
Das neue Pfarrhaus wurde auf den Kellern des historischen Vorgängerbaus errichtet und sorgte nebenher auch für die südliche Vergrößerung der benachbarten Sakristei um ein Joch. Zeitgleich wurde im Remtergang, unmittelbar an Marienkapelle und Remter anschließend, noch ein neues Totengräberhaus errichtet. In welcher Form und wie lange es genau als solches genutzt wurde, war den zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Bekannt ist der recht zierliche Bau heute als Dienst- und Wohnsitz des leitenden Domküsters.              

Seite 15, Kompakt Zeitung Nr. 250, 21. Februar 2024

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