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Meter 69: Der Menschenretter Reinhard Bake

Michael Ronshausen

Erzählungen aus der gotischen Kathedrale

Reinhard Bake (geboren am 4. oder 5. Mai 1587, verstorben am 19. Februar 1657) in einer nichtzeitgenössischen Darstellung, vermutlich frühes 19. Jahrhundert.

Betrachtet man das hohe Amt der Magdeburger Dompredigerinnen und Domprediger ausschließlich vor dem Hintergrund der Bewahrung des menschlichen Lebens, steht diese Person zweifellos an der Spitze: Reinhard Bake. Nach seiner theologischen Ausbildung, die den Sohn zweier Sattlerfamilien – sein Vater war nebenher auch Ratsherr – bis nach Böhmen und nach Hannover führte, begann Bake seine geistliche Laufbahn 1610 als Diakon an der St.-Ulrichs-Kirche in Magdeburg und wechselte fünf Jahre später in gleicher Position an den Magdeburger Dom. Hier wurde der Theologe, der zwischenzeitlich auch einen philosophischen Abschluss erlangt hatte, 1617 zum Domprediger bestellt. Bis 1631 und von 1640 bis 1647 war Bake in dieser Position am Dom beschäftigt. Und ohne die Ereignisse das Jahres 1631 wäre vermutlich auch er heute eine vergessene Person aus der langen Domgeschichte.


Tatsächlich schrieb sich der Geistliche im Mai 1631 in genau jene Geschichte ein. Mit seinem Kniefall vor dem kaiserlich-katholischen General Tilly – er hatte unmittelbar zuvor mit seinen Truppen das evangelische Magdeburg erobert – und mit der Bitte um Verschonung rettet Bake vielen Hundert Menschen (möglicherweise bis zu 4.000) das Leben. Eben jene Magdeburgerinnen und Magdeburger, die sich während der Auslöschung der Stadt in den Dom begeben hatten. Tilly, der vermutlich selbst nicht so blutrünstig war wie seine Truppen, kam dieser Bitte nach.


Die meisten Überlebenden des Massakers kehrten der Stadt den Rücken, die zu diesem Zeitpunkt nur noch wenige Hundert Einwohner zählte. Auch Reinhard Bake verließ mit seiner Familie Magdeburg, kam zuerst in (Bad) Schmiedeberg unter und ließ sich schließlich in Grimma nieder, wo ihm die Stelle des Superintendenten übertragen wurde. Neun Jahre später fand er den Weg zurück nach Magdeburg und übernahm erneut das Amt des Ersten Dompredigers. Sein vormaliges Wohnhaus auf dem Breiten Weg – es befand sich etwa dort, wo heute frontseitig der linke Teil der ehemaligen Hauptpost/des Justizzentrums steht – war bei der Eroberung der Stadt zerstört worden. Bake wohnte fortan in einer ehemaligen Domherrenkurie auf der Nordseite des Gouvernementsbergs. Das Haus wurde 130 Jahre später durch den Bau des sogenannten Dompredigerhauses ersetzt, welches im 2. Weltkrieg schließlich selbst auf der Verlustliste stand. Das frühere Grundstück ist heute unbebaut.


Bake führte sein geistliches Amt noch bis 1647 aus, trat mit 60 Jahren offiziell in den Ruhestand und starb neun Jahre später in Magdeburg. Seine letzte Ruhestätte fand er im Dom, innerhalb dessen Mauern er eine große Gruppe von Flüchtenden vor dem sicheren Tod bewahrt hatte.

Seite 16, Kompakt Zeitung Nr. 251, 6. März 2024

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