Suche

Tickethotline 0391 79294310

KM_LOGO_rb_100px

Scharfe Sprüche: Graue Küchentheoretiker

Gastronomiebetriebe werden nicht um sonst auch Wirtschaft genannt. Im Angesicht von Hochofentemperaturen in der Küche gleicht die Arbeit ein wenig der von Gießern oder Schmieden. Das Wort Wirtschaft wird aber nicht nur im kulinarischen Bereich verwendet, sondern auch gern von politischen Besserwissern genutzt. Mir raufen sich regelmäßig die Haare, wenn ich aus Versehen beim Zappen bei einem TV-Talk hängen bleibe. Da sitzen zumeist Bübchen und Mädels, die eine Wirtschaft in der Regel nur vom Gastraum her kennen.


Wenn solche Leute ihre Theorie-Süppchen zusammenrühren, kommt da ein komischer Geschmack heraus. Permanent wird der Fachkräftemangel durchgekaut, bis keine Zunge mehr etwas schmeckt. Aber den Widerspruch zwischen den historisch höchsten Zahlen an Erwerbstätigen in Deutschland, nämlich 45,6 Millionen Menschen und den fehlenden Leuten auf dem Arbeitsmarkt will mir niemand erklären. Während ein Koch eine Soße so lange reduziert, bis sie schmeckt, wird in der Politik-Küche jeder Inhalt herausgefiltert. Also noch einmal liebe Koch-Kollegen in Berlin: Es gab in der Geschichte des Landes noch nie so viele Erwerbstätige wie heute. Und warum trotzdem der Arbeitsmarkt fehlen soll, erschließt sich eigentlich nur durch die Annahme, dass aus dem einst für fleißig gehaltenen Völkchen der Deutschen ein fauler Haufen geworden ist bzw. weil ein großer Teil Labersoße studieren und sich die zarten Fingerchen nicht schmutzig machen möchte.

 

Offenbar traut sich niemand, das öffentlich zu servieren. Die zartbesaiteten Seelen streiten darüber, welches Pronomen zu ihnen passen könnte, kleben auf der Straße oder schreien andere nieder, die mit ihrer Hände Arbeit volkswirtschaftliche Verantwortung übernehmen. Die Lösung soll dann aus Kochrezepten mit Zuwanderungsgewürzen kommen. Andere Ethnien für Arbeiten anzulocken, die hierzulande immer weniger Menschen leisten wollen, ist die moderne Form von Kolonialismus. Historisch ist das Wort ja zurecht geächtet. Einst wurden Völker und deren Rohstoffe in Afrika und Asien ausgebeutet. Der Eroberungszug wird heute einfach umgedreht. Für mich schmecken alle diesbezüglichen Debatten nach Scheinmoral.


Und dann möchten manche veganen Kochkünstler noch, dass sich die Welt an Deutschlands Klima-Küchen-Konzepten eine Scheibe abschneidet. Dahinter steckt Anmaßung und politischer Kultur-Export. Wie einst Coca Cola und Fastfood-Ketten die Kulinarik anderer Kulturen verdrängte, leben solche Gedanken in Weltrettungsfantasie weiter. Noch einmal zu grauen Theorien: Wer in der Küche noch nie Gemüse geschnitten, Kartoffeln geschält, mit heißem Fett gebraten sowie die Dosierung von Gewürzen gelernt hat, kann kein Kochbuch schreiben. In der Politik werden jedoch permanent Rezepte für die Wirtschaft geschrieben, die am Ende niemand essen kann. Wer wissen will, wie Wirtschaft funktioniert, kann gern bei mir ein Praktikum machen.


Bis gleich, Euer Olaf vom Hassel.

Seite 25, Kompakt Zeitung Nr. 237

Schlagzeilen

Aktuelle Ausgabe

Edit Template

Über uns

KOMPAKT MEDIA als Printmedium mit über 30.000 Exemplaren sowie Magazinen, Büchern, Kalendern, Online-Seiten und Social Media. Monatlich erreichen wir mit unseren verbreiteten Inhalten in den zweimal pro Monat erscheinenden Zeitungen sowie mit der Reichweite unserer Internet-Kanäle mehr als 420.000 Nutzer.