Standpunkt Breiter Weg: Der Kurs wird schön grün geredet

Thomas Wischnewski

Wenn aus mancher Regierungskehle Beschwichtigungen ausgerufen werden, befindet sich Deutschland zunehmend in einer Notlage. Unternehmen, die viel Energie brauchen, tragen sich entweder mit Abwanderungsgedanken oder reden von Schließung. Der industrielle deutsche Mittelstand mag widerstandsfähig sein, aber er kann sterben. Über Insolvenzen kleiner Betriebe vor Ort bekommen die meisten nichts mit, schon gar nicht die Politikszene in Berlin, die gerade Urlaub macht und wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach dazu noch dümmliche Wetterkommentare abgibt. Obwohl große Medien gern mit markigen Überschriften oder TV-Beiträgen aufwarten, wird die Wirtschaftsentwicklung in diesem Land eher beschwichtigt.

 

Wichtige Kennziffern beweisen inzwischen den wirtschaftlichen Abschwung Deutschlands, vor dem bereits schon lange gewarnt wurde. In der Autoindustrie nimmt man kein Blatt mehr vor den Mund. Volkswagen in Wolfsburg stehen schwierige Zeiten bevor. Zulieferbetriebe und mit der Branche verbundene Bereiche werden beeinträchtigt sein. Der Wohnungsbau stagniert wegen hoher Baukosten, steigender Zinsen, fehlenden Personals. Der Zuwanderungsmenge an Migranten und Flüchtlingen kann schon lange kein Wohnraum mehr zur Verfügung gestellt werden. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird Mieten klettern lassen. Es kommt fortschreitend zu Ghettoisierungseffekten und sozialen Schieflagen für Menschen am unteren Ende der Einkommensskala. Der relativ breite Wohlstand in Deutschland war lange Zeit Garant für gesellschaftliche Stabilität und Planungs- und Lebenssicherheit für viele. Die Fundamente dieses Landes bröckeln schneller. Mit schwindender Wirtschaftskraft gehen Steuereinnahmen zurück und geraten Solidarsysteme in Schieflage.


Im Magdeburger Rathaus raufen sich Verantwortliche um Oberbürgermeisterin Simone Borris bereits die Haare. Für den Herbst muss ein Haushaltsplan für 2024 aufgestellt sein. Der Blick in die künftigen Kassenbestände geht jedoch ins Leere. Die Konsolidierungszeiten, die Vorgänger Lutz Trümper stemmen musste, waren wahrscheinlich eher Peanuts gegenüber der aktuellen Finanzlage.


2007 und 2008 gab es eine Weltfinanzkrise.   Es wurde Geld gedruckt. Später hatten Griechenland, Italien und Spanien Finanzprobleme. Es wurde Geld gedruckt. Um die Zuwanderung ab 2015 zu meistern, wurde Geld gedruckt. Die Corona-Pandemie war eine gigantische Gelderzeugungsmaschine. Jetzt sind es Ukrainekrieg und Energieprobleme, denen mit Geldflüssen begegnet wird. Nur sind alle diese Geldzaubereien am Ende Schulden, für die Bürger mit ihrem Einkommen, Vermögen und dem Zerfall existenzieller Perspektiven werden zahlen müssen. Wir machen indes weiter wie bis her: kürzere Arbeitszeiten, mehr Urlaub, weniger Leistung, weniger Lernen, mangelnder gesellschaftlicher Zusammenhalt. Auf der Brücke redet sich die Führungscrew dennoch den Kurs schön grün.

Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 238

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