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„Wir alle spielen Theater“ –
Die soziale Welt als eine Bühne

Das Buch „Wir alle spielen Theater“ des amerikanischen Soziologen Erving Goffman beschreibt, wie Menschen in ihrem alltäglichen Leben soziale Rollen annehmen und dabei bestimmte Verhaltensweisen präsentieren, um ihre Identität zu gestalten und in verschiedenen sozialen Situationen erfolgreich zu interagieren.

Der hier veröffentlichte Text ist ein Auszug aus den Konzepten von Frau Prof. Dr. Renate Girmes und ihrem Team von „Omnimundi“. Es geht darum, sich Aufgaben zu stellen – egal, ob persönliche oder berufliche – und diese zu bearbeiten. Allen auf der Welt stellen sich grundlegend 9 Aufgaben. Unter der Internetadresse omnimundi.de findet man weitere Inhalte zum Verständnis über nachhaltige Bildung.

Jeder Mensch versucht, ein Bild von sich zu vermitteln, denn jeder weiß, dass er beobachtet wird. Insofern spielen wir prinzipiell immer Theater, meint der amerikanische Soziologe Erving Goffman und erklärt,
„(…) daß ein Einzelner, wenn er vor anderen erscheint, zahlreiche Motive dafür hat, den Eindruck, den sie von dieser Situation empfangen, unter Kontrolle zu bringen.“ (Goffman 1956, S. 14)

Man kann das Theater als Modell für die soziale Welt nehmen und zwischen dem Rollenverhalten auf der Theaterbühne und dem Rollenverhalten auf der ‚Bühne des Lebens‘ Vergleiche ziehen. In seinem Buch „Wir alle spielen Theater“ aus den 1950er Jahren interpretiert der Soziologe Erving Goffman die soziale Welt als eine Bühne und jeden Menschen als schauspielenden Selbstdarsteller. Das heißt nichts anderes, als dass wir in unseren Handlungen und unserem Verhalten ein Bild von uns zu vermitteln versuchen. Weil wir wissen, dass wir von den anderen beobachtet werden, wollen wir den Eindruck, den sie von uns empfangen, bestimmen oder sogar kontrollieren. Ein standardisiertes theatrales Ausdrucksrepertoire samt Bühnenbild und Requisiten – so Goffman – soll helfen, den Eindruck, den andere von uns empfangen, zu steuern. Genauso machen es professionelle Schauspieler:innen, um die Wahrnehmung der Zuschauer in die gewünschte Richtung zu lenken.

Die Gedanken zu Goffmans Buch „Wir alle spielen Theater“ erläutern, warum Selbstdarstellung ein notwendiges Element des menschlichen Zusammenlebens ist:
„Die soziale Welt ist eine Bühne, eine komplizierte Bühne sogar, mit Publikum, Darstellern und Außenseitern, mit Zuschauerraum und Kulissen, und mit manchen Eigentümlichkeiten, die das Schauspiel dann doch nicht kennt.“ Das Bild ist alt; und es geht Goffman nicht darum, dieses Bild ein weiteres Mal zu entwerfen. […]

Goffman geht es, neben anderen und spezielleren Thesen, um den Nachweis, dass die Selbstdarstellung des einzelnen nach vorgegebenen Regeln und unter vorgegebenen Kontrollen ein notwendiges Element des menschlichen Lebens ist.“ (Goffman 1956, S. 3)

Aus dieser Überlegung folgt als These: Jede:r von uns möchte den Eindruck, den andere von einem haben, mit bestimmten Techniken steuern und kontrollieren:
„(…) ein Einzelner (hat), wenn er vor anderen erscheint, zahlreiche Motive dafür (…), den Eindruck, den sie von dieser Situation empfangen, unter Kontrolle zu bringen. Diese Untersuchung befaßt sich mit einigen der üblichen Techniken, die angewandt werden, um hervorgerufene Eindrücke aufrechtzuerhalten, und mit einigen häufigen Folgeerscheinungen, die mit der Anwendung derartiger Techniken verbunden sind. Der spezifische Inhalt irgendeiner von einem Einzelnen vorgeführten Tätigkeit oder die Rolle, die sie in den interdependenten Tätigkeiten eines übergreifenden Sozialsystems spielt, stehen dabei nicht zur Debatte; ich werde hier ausschließlich die dramaturgischen Probleme des Gruppenmitglieds bei seiner Darstellung vor anderen untersuchen. Die Fragen, mit denen sich Schauspielkunst und Bühnentechnik befassen, sind manchmal trivial, aber sie sind allgemeingültig; sie treten offenbar überall im sozialen Leben auf und bilden einen klar abgegrenzten Rahmen für die formale soziologische Analyse.“ (Goffman 1956, S. 14)

Der Glaube an die eigene Rolle und welche Bedeutung dieser Glaube im sozialen Leben hat, spielt eine wichtige Rolle – Goffman erklärt das so:
„Wenn der Einzelne eine Rolle spielt, fordert er damit seine Zuschauer auf, den Eindruck, den er bei ihnen hervorruft, ernst zu nehmen. Sie sind aufgerufen zu glauben, die Gestalt, die sie sehen, besitze wirklich die Eigenschaften, die sie zu besitzen scheint, die Handlungen, die sie vollführt, hätten wirklich die implizit geforderten Konsequenzen, und es verhalte sich überhaupt alles so, wie es scheint. Dem entspricht die allgemein verbreitete Meinung, daß der Einzelne seine Rolle für die anderen spiele und seine Vorstellung nur für sie inszeniere. Für unsere Analyse derartiger Darstellungen wird es sich als nützlich erweisen, von der entgegengesetzten Fragestellung auszugehen, und zu untersuchen, wieweit der Einzelne selbst an den Anschein der Wirklichkeit glaubt, den er bei seiner Umgebung hervorzurufen trachtet. Da finden wir auf der einen Seite den Darsteller, der vollständig von seinem eigenen Spiel gefangengenommen wird; er kann ehrlich davon überzeugt sein, daß der Eindruck von Realität, den er inszeniert, ,wirklicheʻ Realität sei. Teilt sein Publikum diesen Glauben an sein Spiel – und das scheint der Normalfall zu sein –, so wird wenigstens für den Augenblick nur noch der Soziologe oder der sozial Desillusionierte irgendwelche Zweifel an der ,Realitätʻ des Dargestellten hegen. Auf der anderen Seite steht der Darsteller, den seine eigene Rolle überhaupt nicht zu überzeugen vermag. Diese Möglichkeit wird daraus verständlich, daß sich kein anderer Beobachter in einer auch nur annähernd so günstigen Lage befindet, das Spiel zu durchschauen, wie derjenige, der es inszeniert. Weiterhin ist es möglich, daß der Darsteller nur mittelbar und zu anderen Zwecken daran interessiert ist, die Überzeugungen seines Publikums zu beeinflussen, so daß ihm letztlich die Auffassung, mit der es ihm und seiner Situation gegenübersteht, gleichgültig ist.“ (Goffman 1956, S. 16)

Eine gute Zusammenfassung von Goffmans Buch gibt es auf der Website literaturhandbuch.de.

Seite 27-28, Kompakt Zeitung Nr. 239

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