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Optimismus gegen Pessimismus

Von Prof. Dr. Reinhard Szibor

„Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieses Bonmot von Sir Winston Churchill hat sich bewahrheitet. Schon immer sagten uns die meisten Prognosen eine düstere Zukunft voraus. Aber ausgehend von den zahlreichen Irrtümern erhebt sich nun die Frage, wieviel Angst wir denn eigentlich haben müssen. Oder darf es vielleicht doch eher ein bisschen Zuversicht sein?

 

 

Immer stehen optimistische und pessimistische Prognosen im Wettstreit. Letztere finden eher Zustimmung und optimistische Prognosen werden häufiger geringgeschätzt oder gar ignoriert. Dr. Michael Stifel (1487-1567), Theologe, Mathematiker und Freund Dr. Martin Luthers berechnete einen Termin für den Weltuntergang und nannte dafür den 19. Oktober 1533 um 8 Uhr. Die Prognose Stifels gründete sich auf Zahlen und vermeintliche Botschaften aus der Bibel. Martin Luther argumentierte gegen die Apokalypseprophezeiungen seines Freundes. Trotzdem stellten viele Menschen angesichts des erwarteten Weltuntergangs die Arbeit ein und verprassten ihren Besitz.

 

Visionäre Godwin und Malthus

 

Zum Ende des 18. Jahrhunderts trat der Sozialphilosoph William Godwin (1756-1836) mit einer optimistischen Prognose auf. Er proklamierte eine auf technischen Fortschritt basierende Revolution, die zu einer großen Entlastung der Menschen führen würde.  Maschinen könnten die Arbeit übernehmen und somit würde die Arbeitszeit massiv gesenkt werden. Die Prognose war überzogen, aber im Trend zutreffend. Die These Godwins über die Vervollkommnungsfähigkeit der menschlichen Gesellschaft und deren Problemlösungswillen animierte Thomas R. Malthus (1766-1834) zu Widerspruch und zu seinem Werk „Essay on the Principle of Population“. Hierin prophezeit er ein exponentielles Wachstum der Menschheit, dem die Entwicklung der Unterhaltsmittel, wie Nahrung und andere materielle Güter, nicht standhält. Malthus stellt es als schicksalhafte Notwendigkeit dar, dass das menschliche Geschlecht blind dem Gesetz der unbegrenzten Vermehrung gehorche. Dies erschien ihm als erwiesen, so dass er diese Behauptung als ein Axiom formulierte. Es werde demnach die Situation eintreten, dass die Vorräte der Erde nicht mehr für die Erdbevölkerung ausreichen würden, wenn nicht (erwünschte!) Korrektive wie Krankheiten, Elend und Tod einträten, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Sein Fazit ist fatal: „Ein Mensch, der in einer schon okkupierten Welt geboren wird, wenn seine Familie nicht die Mittel hat, ihn zu ernähren oder wenn die Gesellschaft seine Arbeit nicht nötig hat, dieser Mensch hat nicht das mindeste Recht, irgendeinen Teil von Nahrung zu verlangen, und er ist wirklich zu viel auf der Erde…“ Richtig war diese Behauptung schon damals nicht, aber inzwischen gibt es die Erfahrung, dass es Wohlstand und Bildung sind, die einer ungebremsten Vermehrung der Bevölkerung entgegenwirken. Wenn es gelingt, diese Segnungen in die Krisengebiete der Erde, die überwiegend in Afrika liegen, zu tragen, wird sich dort die vorhandene Überbevölkerungskrise entschärfen. Die Gefahr einer malthusianischen Katastrophe ist abwendbar!


Mit ihrer Schrift „Menschheit am Scheideweg“ (1974) begründeten die beiden Club-of-Rome-Autoren Eduard Pestel und Mihailo Mearovic die Wiedergeburt der malthusianischen Theorie. Sie sagten großen Nahrungsmangel und den Hungertod von einer Milliarde Menschen in Südasien voraus. Das große Sterben sollte demnach in den 80er Jahren beginnen und 2010 ihren Höhepunkt erreichen. Allerdings haben sich die Prognosen der Katastrophenapostel nicht erfüllt, weil in diesem Zeitraum die Länder Südasiens einen gewaltigen ökonomischen Aufschwung erlebten. Unter anderem trug eine Entwicklung in der Landwirtschaft Früchte, die den Namen „Grüne Revolution“ trägt. Der spätere Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug (1914 – 2009) hatte eine Entwicklung in Gang, mit der durch die Züchtung besserer Pflanzen in Kombination mit Anbauoptimierung und chemischem Pflanzenschutz von gleicher Fläche bis zu zehnmal mehr Erträge erzielt werden konnten als zuvor. Diese Errungenschaft wird von wohlstandsübersättigten europäischen Pharisäern häufig schlechtgeredet. Festzuhalten ist, dass die große malthusianische Katastrophe ausblieb und sich somit die Kritiker der „Grünen Revolution“ in einem Lager der menschenfeindlichen Ideologen verortet haben.

 

Malthusianismus 2.0

 

Während Malthusianer herkömmlicher Prägung eine Diskrepanz zwischen Bevölkerungswachstum und vermeintlich begrenzten Möglichkeiten der Nahrungsmittelproduktion sehen und daraus ein Katastrophenszenario beschwören, sehen Malthusianer neueren Typus eine Beschleunigung des Klimawandels durch menschliches Leben. Je mehr Erdbewohner es gibt, desto schlimmer wäre es. Menschen würden durch ihre Existenz „Klimagase“ ausstoßen und somit unseren Planeten so aufheizen, dass ein Leben hier nicht mehr möglich oder zumindest nicht mehr lebenswert sei. Dieser Auffassung folgend hat sich eine Gebärstreik-Bewegung gegründet: „Kinder-Verzicht dem Klima zuliebe!“ Nach einer schwedischen Studie von 2017 würde der Verzicht auf ein Auto 1 bis 5,3 Tonnen CO2, bzw. CO2-äquivalente Gase pro Jahr sparen, aber der Verzicht auf ein Kind brächte eine Einsparung von 23,7 bis 117,7 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Junge Paare verfallen diesem Hype und beschließen kinderlos zu bleiben. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bietet diesen Aussteigern aus der normaldenkenden und -empfindenden Gesellschaft reichlich Raum, ihre kruden Thesen zu verbreiten und für Nachahmung zu werben. Im Gegensatz zu den Ansichten dieser Nihilisten könnte man jedoch die Probleme dieser Welt am ehesten dadurch lösen, dass unsere Gesellschaft reichlich Nachwuchs erhält und man den Kindern eine hohe Bildung und Werteorientierung angedeihen lässt.

 

Manche mögen denken, es sei zu begrüßen, wenn Menschen, denen man angesichts ihrer Borniertheit nicht zutrauen kann, Kinder zu lebenstüchtigen und kreativen Persönlichkeiten zu erziehen, auf die Zeugung eigenen Nachwuchses verzichten. Bei mir überwiegt das Mitleid mit solchen fehlgeleiteten Kreaturen, die die Möglichkeit eines erfüllten Lebens mit einer eigenen Familie versäumen. Mir scheint, dass Schulen im Ethikunterricht diesbezüglich große Aufgaben zu erfüllen hätten.  Allerdings ist zu befürchten, dass es manche Lehrer gibt, die der Ideologie der Gebärstreik-Bewegung folgen. Schließlich ist deren Galionsfigur, Verena Brunschweiger, von Beruf Lehrerin. Sie behauptet in ihrem menschenverachtenden Machwerk „Kinderfrei statt kinderlos“ Kinder seien das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann, bezeichnet Kinder als Klimakiller und stempelt deren Eltern als „egoistische Reproduzierer“ ab.


Gottlieb Daimler, einer der Erfinder des Automobils, sagte voraus, dass maximal 5.000 Fahrzeuge gebaut würden, da es ja nicht mehr Chauffeure gäbe, die diese steuern könnten. Die Computer der Zukunft werden vielleicht nur noch 1,5 Tonnen wiegen, stand 1949 in der Zeitschrift „Popular Mechanics“ zu lesen und der Chef der damals führenden Computerfirma IBM beteuerte „Ich glaube, es gibt einen weltweiten Bedarf von vielleicht fünf Computern“. Selbst Bill Gates, der zu Recht als das große Genie der Computerwelt angesehen wird, meinte noch 1981, dass 640 Kilobyte Arbeitsspeicher für jeden genug wären.


Die Entwicklung hat gebracht, dass gegenwärtige Smartphones maximal 200 Gramm wiegen und die Arbeitsspeicher dieser Geräte im Schnitt bei 6 bis 8 GB liegen. Solche Handys sind heute typische Geburtstagsgeschenke für 10- bis 12-jährige Kinder.  Die 68er verteufelten die Mikrochip-Produktion und vandalisierten entstehende Produktionsstätten in Deutschland, so dass diese nach Asien gingen. Führende Politiker, wie Anke Fuchs (SPD) taten alles, um die Computerproduktion in Deutschland zu unterbinden, weil Computer angeblich Arbeitsplätze vernichten würden. Bald stellte sich heraus, dass Firmen, die keine Mikrochips und Computer nutzten, im Wettbewerb nicht bestehen konnten.

 

Prognosen des „Club of Rome“

 

Dieser erlauchten Gesellschaft gehören überwiegend einflussreiche Wissenschaftler, Industrielle und Journalisten an. Es sind Leute, die sich um die Zukunft der Erde sorgen und ihre Tätigkeit zielt darauf ab, das Verhalten der Menschen so zu beeinflussen, dass unser Planet gerettet wird. Es ist ohne jeden Zweifel ein Verdienst des „Club of Rome“, schon frühzeitig ein Bewusstsein dafür geschaffen zu haben, dass die Güter dieser Erde begrenzt sind und dass man damit sparsam und sorgfältig umgehen muss. Schon zwei Jahre nach der Gründung des Clubs publizierte er das Buch „The Limits To Growth“. Es wurde in 37 Sprachen übersetzt und erschien 1972 auf Deutsch als „Die Grenzen des Wachstums“. Allerdings kann man nicht das Verdienst loben, auf die Endlichkeit unserer Ressourcen hingewiesen zu haben, ohne zugleich auf die gewaltigen Fehleinschätzungen hinzuweisen: 1992 werde der letzte Tropfen Erdöl aus den Quellen fließen, 1994 werde das Gas ausgehen, die Kupfervorkommen seien 1993 erschöpft, eine Aluminiumproduktion gäbe es immerhin noch bis 2003, danach aber nicht mehr. Die zweite Studie „Menschheit am Scheideweg“ erschien 1972 und erzeugte ebenfalls viel Besorgnis. Keine Vorhersage erwies sich als richtig.


Das Manko des Club of Rome besteht darin, dass er die Kreativität der Menschen und deren Fähigkeit zur Problemlösung ignoriert. Damit ist er eine nihilistische fortschrittsfeindliche Vereinigung, die mit falschen Prognosen das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit der Menschheit untergräbt.

 

Ein großartiges Anthropozän

 

Geowissenschaftler erklären, dass die Erde eine neue Epoche erreicht hat, nämlich das Anthropozän – das Zeitalter der Menschen. Vor neun Jahren hat sich eine Gruppe von Forschern, Wissenschaftlern u. a. zusammengefunden, um im Kontrast zum Club of Rome und anderen Pessimistenvereinigungen mit ihrem „Ökomodernen Manifest“ aufzuzeigen, dass wir die Schlüssel in der Hand haben, um das Anthropozän zu einer großartigen Epoche zu machen.  Die Autoren, die sich selbst als Ökopragmatiker und Ökomodernisten bezeichnen, unterbreiten dieses Manifest in der Überzeugung, dass menschlicher Wohlstand und ein ökologisch dynamischer Planet nicht nur gleichzeitig möglich, sondern untrennbar miteinander verbunden sind. Sie verkünden Optimismus und ihren Glauben an die menschlichen Fähigkeiten, die Zukunft positiv zu gestalten. Sie sind die Antipoden des Club of Rome und postulieren: „Innovative Technologien verringern die Abhängigkeit der Menschen von den vielen Ökosystemen, auf die sie früher zum Überleben angewiesen waren und die durch die Ausbeutung stark geschädigt wurden. Wo feste physikalische Grenzen in Bezug auf menschlichen Konsum existieren, sind diese so theoretisch, dass sie faktisch irrelevant sind … Die menschliche Zivilisation kann über Hunderte und Tausende von Jahren aus einem geschlossenen Kreislauf mit den Brennstoffen Uran, Thorium oder der Wasserstoff-Deuterium-Fusion Energie erzeugen. Bei gutem Management besteht für die Menschen keine Gefahr, dass es zu einem Mangel an Anbauflächen für Nahrungsmittel kommt. Solange es genug Energie und Fläche gibt, können sonstige Ressourcen, wenn sie einmal knapp werden, leicht durch andere ersetzt werden.“ Und sie stellen fest, dass technischer Fortschritt zu mehr Naturschutz führt: „Urbanisierung, landwirtschaftliche Intensivierung, Kernenergie, Aquakultur und Meerwasserentsalzung sind Prozesse mit einem nachgewiesenen Potenzial, die Beanspruchung der Natur durch den Menschen zu verringern und nichtmenschlichen Spezies mehr Raum zu geben“.


Zur Illustration sei nur das Beispiel der Nahrungsmittelproduktion angeführt. In Regionen, die wie Europa schon jetzt eine hochproduktive Landwirtschaft besitzen, können Entwicklung und der Anbau von gentechnisch verbesserten Pflanzen die Erträge auf längere Sicht noch einmal mindestens verdoppeln. In Gebieten Afrikas mit unterentwickelter Landwirtschaft lässt sich die Pflanzenproduktion gegenüber dem heutigen Stand sogar vielfach um den Faktor 10 und mehr erhöhen. Hinzu kommt, dass heutiges Brachland in Wüsten- und Steppengebieten mit salz- und trockentoleranten Pflanzen für die Landwirtschaft erschlossen werden können. Die Technologie der Meerwasserentsalzung ist so weit fortgeschritten, dass man für die Produktion von einem Kubikmeter Süßwasser nur noch 1,5 KWh benötigt. Bei der hohen Verfügbarkeit von Sonnenenergie im mediterranen Bereich könnte man damit auf der Sinai-Halbinsel und in anderen arabischen Gebieten, in denen Ödland vorherrscht, soviel Landschaften generieren, in denen „Milch und Honig fließen“, dass man sowohl die Bedürfnisse der Israelis als auch der Palästinenser bedienen und die Region befrieden könnte. Dabei wurde noch gar nicht erwähnt: Die Produktion von Meeresalgen im küstennahen Meer könnte wesentliche Beiträge zur Ernährung liefern. Gleiches gilt für die Entwicklung von Fischfarmen. 


Als Fazit gilt, dass wir von Grenzen des Wachstums weit entfernt sind, insbesondere in den Bereichen der Nahrungsmittelproduktion und der Energieversorgung. Vielmehr leiden wir an der begrenzten Bereitschaft, die Probleme der Menschheit durch konsequente Weiterentwicklung und Anwendung von innovativen Technologien zu lösen. Quellen von Armut und Umweltschäden sind nicht der technische Fortschritt, sondern Kriege, Terrorismus, Misswirtschaft und ideologisch begründete Fortschrittsverweigerung, wie wir sie leider in Programmen der Mehrheit deutscher Parteien finden.

 

Extrem gegensätzliche Prognosen

 

Schaut man sich die Prognosen des Club of Rome und die des Ökomodernen Manifests an, so können diese kaum gegensätzlicher sein. Gleiches findet man, wenn man die Einstellung unserer Jugend betrachtet. Da sind jene, die angesichts der Tatsache, dass die kleine Eiszeit, in der wir gegenwärtig leben, zu Ende geht, die Erde sich erwärmt und in ihren kosmisch bedingten klimatischen Normalzustand, in dem sie sich über viele Millionen Jahre befand, zurückfällt, völlig durchdrehen. Greta Thunberg, Luisa Neubauer und andere halten weinerliche Reden und ihre Follower verweigern ihre eigene Ausbildung, blockieren den Verkehr, besudeln Kunstwerke mit Suppen und historische Gebäude mit Farbe (Friday for Future, Letzte Generation, Extinction Rebellion und andere), um Politiker zu erpressen, bewährte und wohlstandschaffende Technologien zu verbieten. Und dann gibt es jene, die fleißig studieren, um in ihrem späteren Berufsleben Verfahren entwickeln und anwenden zu können, mit denen man negative Folgen des unvermeidbaren Klimawechsels für die Menschheit und die Natur mildern kann. Erfreulich ist aus Magdeburger Sicht, dass Schülerinnen und Schüler des Werner-von-Siemens-Gymnasiums und des Norbertusgymnasiums erst kürzlich wieder mit ihren ingenieur- bzw. naturwissenschaftlichen Arbeiten Spitzenplätze beim Wettbewerb „Jugend forscht“ belegt haben.  Die Tatsache, dass wir nicht nur die klimahysterischen Jugendlichen haben, sondern auch die zukunftszugewandten Schüler und Studenten mit Lust auf Lernen und Forschen, lässt Zuversicht aufkommen. Da ist es berechtigt, in Analogie zur polnischen Hymne auszurufen: Noch ist Deutschland nicht verloren!

 

Nr. 254 vom 23. April 2024, Seite 4

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